Schadenbeispiele aus der Praxis – Beispiel Australien |
Ende November 2000 erhielt der Spediteur den Auftrag, einen (relativ kleinen) Transformator mit einem Gewicht von 86 t von Österreich nach Australien zu transportieren.
Der Nachlauf sollte vom Löschhafen Darling Harbour (Sydney) nach Kemps Creek, ca. 40 km westlich von Sydney, gehen.
Für diesen Schwertransport schloss die australische Niederlassung einen Subkontrakt mit einem anerkannten australischen Schwergutunternehmer ab. Dieser schickte dem Spediteur mit seiner Auftragsbestätigung seine Allgemeinen Terms & Conditions. Der Spediteur legte diese AGB zu seinen Akten.
Die Löschung und das Umladung in Darling Harbour wurden vom Spediteur überwacht. Es war für den Nachlauf alles vorbereitet.
Kurz nach Verlassen des Hafens verunfallte der LKW auf einer Brücke, der Anzac Bridge. Der Trailer mit dem Transformator stürzte um, das Schwergut erlitt einen Totalschaden. Grund war ein Hydraulikschaden am Trailer. Die Schadenhöhe belief sich auf ca. 872.000 EUR.
Der Trucker haftet; alles klar?
Der Empfänger hat die Trucking Company haftbar gehalten. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen stellte sich heraus:
Der Trucker war ohne Genehmigung gefahren. Er hätte für den verwendeten Trailer auch keine Genehmigung erhalten, da dieser unterdimensioniert war. Das Gesamtgewicht betrug 128 t, was einer Überladung von 20 t entsprach!
Der Trailer hatte zudem einen Hydraulikschaden, der letztlich für das Umstürzen ursächlich war. Der Transportversicherer begehrte daher vom Trucker Schadenersatz in voller Höhe, da ein vorsätzlicher Verstoß vorlag.
Der Schwergutunternehmer verwies auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen und verlangte vom Spediteur eine umfängliche Haftungsfreistellung, denn in seinen AGB war eine solche vermerkt, die sich zudem auch auf grobe Fahrlässigkeit bezog! (siehe Grafik:)
Nur bei Vorsatz wäre demnach eine Haftbarmachung möglich.
Die Phase der Ernüchterung
Alle Parteien schalten nun Anwälte ein. Der Spediteur, vertreten durch seine australische Niederlassung, wurde aufgrund der AGBs des Truckers in einen Rechtsstreit hineingezogen und war damit mit einem Male "mitten drin im Geschehen".
Jeder verklagte jeden, dadurch waren alle Fristen zunächst gewahrt. Der Spediteur verwies auf einen Vorsatz, u. a. aufgrund der fehlenden Genehmigung für den Trailer.
Die Verhandlungen und Verfahren zogen sich über mehrere Jahre hin, bis hinein in das Jahr 2007. Das Schwergutunternehmen schlug derweil eine Mediation vor, die vom regressführenden Transportversicherer und vom Spediteur akzeptiert wurde.
Das "dicke" Ende
Die Mediation wurde am Ende erfolgreich mit einem Vergleich abgeschlossen:
Transportversicherer verzichtete seinerseits auf einen Teil der Forderung in Höhe von umgerechnet 1.405.600 AU$ (australische Dollar) und erhielt 1.065.000 AU$. Diese wurden anteilig von folgenden Parteien gezahlt:
Der Schwergutunternehmer zahlte 915.000 AU$ (ca. 568.000 EUR).
Der Spediteur beteiligt sich mit 150.000 AU$ (ca. 93.000 EUR).
Für den Spediteur und seine Versicherer belief sich der Schaden am Ende auf insgesamt ca. 243.500 EUR (!) Davon waren allein ca. 150.000 EUR Anwalts- und Gerichtskosten.
(Speziell in angelsächsischen Ländern sind die Anwaltskosten sehr hoch.)
Der Haftpflicht-Versicherungsschutz umfasst eben auch die Abwehr unberechtigter Ansprüche!
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