Schadenbeispiele aus der Praxis – Beispiel Kanada




Ein Spediteur erhielt den Auftrag für den Transport von 3 Pressen nach Kanada. Das schwerste Einzelkollo hatte eine Masse von 206,5 t. Der Löschhafen in Kanada war Port Stanley, Ontario (am Eriesee gelegen).

Von dort aus war der Weitertransport mittels LKW zu dem nur ca. 10 – 11 km entfernten Endbestimmungsort, eine Fabrik für Kfz-Formteile, vorgesehen. Für den Nachlauf schloss der Spediteur einen Beförderungsvertrag mit einem renommierten und international erfahrenen Schwergutunternehmen ab.

Alle Genehmigungen für die relativ kurze Strecke seitens des Transportministeriums in Ontario lagen vor.

Der Transport war 45 m lang und 6 m breit.


Auf der Strecke kommt es zu einem unvorhergesehenen Problem:

Zur Zeit des Transports im März war der Boden noch tief gefroren. Der Bürgermeister einer kleinen Gemeinde an der Strecke bangte um "seine" Straße und verweigerte kategorisch die Durchfahrt. Er befürchtete, dass wegen des gefrorenen Bodens etwaige Straßenschäden erst nach der Tauperiode aufgetreten wären und dann niemand mehr verantwortlich gewesen sein wollte.

Eine Ausweichroute stand nicht zur Verfügung. Die Zeit drängte und der Empfänger signalisierte bei Nichteinhaltung des vereinbarten Liefertermins erhebliche Schadenersatzforderungen.

Der Frachtführer drohte, sein Equipment abzuziehen. Er sah sich für das vermeintlich willkürliche Ereignis (da ja formell alle Genehmigungen vorlagen) nicht in der Verantwortung.


Was tun?

Die Gemeindevertreter blieben beharrlich, die Gemeinde schien ein "gebranntes Kind" zu sein.

Der Spediteur, sein Makler, Versicherer und umgehend eingeschaltete Anwälte kommunizierten in Dauertelefonkonferenzen miteinander. Auch die Gemeinde ließ sich inzwischen durch eine Anwaltskanzlei vertreten. Ebenso hatte der Frachtführer Anwälte eingeschaltet.

Die Gemeinde bot schließlich an, gegen eine namhafte Bankbürgschaft von 300.000 CAD (Kanadische Dollar, ca. 208.000 EUR) und div. andere Auflagen, eine Durchfahrtsgenehmigung zu erteilen.

Der Schwergutunternehmer bot zwar einen umfangreichen Haftpflichtversicherungsschutz, erklärte sich aber nicht bereit, die geforderte Bürgschaft zu stellen.

Der Auftraggeber verwies auf die Erfüllungspflicht seitens des Spediteurs. Er sah dies als Planungsfehler des Spediteurs und nicht als einen Fall "höherer Gewalt".


Die Lösung des Problems:

Der Gemeinde wurden Schadenersatzforderungen angedroht. Ihr wurde nachgewiesen, dass die Straße auch mit Bundesmitteln und nicht ausschließlich mit Gemeindemitteln gebaut worden ist und somit keine Rechtsagrundlage für eine Duchfahrtsverweigerung bestand. Daraufhin erhöhte sich die Verhandlungsbereitschaft der Gemeinde.

Zwischen den Anwälten der Parteien wurde nach intensiven Verhandlungen folgende Vereinbarung ausgehandelt:

Der Schwergutunternehmer wies einen Haftpflichtversicherungsschutz über 10 Mio. USD nach. Er garantierte den Gemeinden Kostenerstattung für einen zusätzlichen Road Survey und eine Transportüberwachung in Höhe von 25.000 CAD. Der Spediteur stellte eine auf 50.000 CAD heruntergehandelte Bankgarantie.

Die Gemeinde gewährte schließlich die Durchfahrt. Alle drei Schwerguttransporte passierten den Ort, ohne Schäden an der Straße zu verursachen, und kamen schließlich unversehrt und pünktlich am Bestimmungsort an.

"Außer Spesen nichts gewesen."

Die Mehrkosten auf Seiten des Spediteurs und seines Versicherers betrugen ca. 10.000 EUR für die Anwälte sowie die Kosten für die Bürgschaft.

Dieser Fall ist ein Beispiel für Schäden, die nicht durch Beschädigung, Unfall oder Verlust des Transportguts auftreten, sondern durch unvorhergesehenen Zeit- und Organisationsaufwand mit den damit verbundenen Mehrkosten des Projekts.



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