5.3
Konventionelle Bilanz-Rechenverfahren
Die Analyse der konventionellen Rechenverfahren erstreckt
sich auf Vergleich und Kommentierung folgender Quellen: VDI 2700, Blatt 2 vom
November 2002, Entwurf DIN EN 12195-1 vom April 2004 und Entwurf DIN EN 12195-1
vom Januar 2009.
Es wurden einige Unzulänglichkeiten und auch Fehler
gefunden. Im wesentlichen sind die untersuchten Verfahren darauf beschränkt,
bei Direktsicherung die Höchstbelastbarkeit der Sicherungsmittel in die Bilanz
einzusetzen, während bei der Reibungssicherung (Niederzurrung) die
Vertikalkomponenten der nominellen Vorspannung der Zurrmittel verwendet werden.
Unzulänglichkeiten bei der Direktsicherung bestehen darin, dass die zur
Lastaufnahme der Sicherungsmittel notwendigen Ladungsbewegungen nicht in
irgendeiner Form, nicht einmal als Warnung, in den Regelwerken erscheinen und
auch die aus unterschiedlichem Lastaufnahmeverhalten parallel eingesetzter
Sicherungsmittel sich ergebenden Sicherungsdefizite nicht erwähnt werden.
Auf Reibschluss basierende Horizontalkomponenten von
Niederzurrungen werden mit wenigen Ausnahmen ignoriert. Im Entwurf DIN EN
12195-1 vom April 2004 werden sie bei der Kippsicherungsprüfung statisch
eingebracht, um dem zwischenzeitlich als wichtig erachteten k-Faktor zu
genügen. Dieser k-Faktor berücksichtigt den bekannten Umstand der Reibung eines
Zurrmittels bei Umlenkung und damit der Einbuße an Vorspannung, wenn wie üblich
nur auf einer Seite vorgespannt wird. Der k-Faktor ist jedoch aus nicht
öffentlich bekannten Gründen im späteren Entwurf DIN EN 12195-1 vom Januar 2009
wieder aufgegeben und scheinbar durch einen halbherzigen Sicherheitsfaktor
ersetzt worden.
Der k-Faktor ist als Ausdruck
einer generellen Schwächung des Niederzurrungsprinzips bei einseitiger
Spannvorrichtung unbedingt berechtigt und wichtig. Eine sinnvolle Deutung und
Nutzung der zugrunde liegenden Ursachen fehlt in den genannten Quellen, weil
man einfache Formeln haben wollte und daher nicht bereit war, die Gesetzmäßigkeiten
von Kraft und Formänderung in Betracht zu ziehen.
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