3.4 Semi-dynamischer Rechenansatz
Die Berücksichtigung von Ladungsbewegung und Formänderung
der Ladungssicherungsmittel macht andere Rechenansätze als die konventionell
verwendeten erforderlich, da die Eingangsgrößen für einfache Gleichgewichtsbetrachtungen
zunächst unbekannt sind. Sie ergeben sich erst im Verlauf eines längeren
Rechenprozesses. Es kann zwischen einem semi-dynamischen und einem volldynamischen
Ansatz unterschieden werden.
Die Bezeichnung semi-dynamisch soll hier zum Ausdruck
bringen, dass zwar Ladungsbewegungen in Betracht gezogen werden, diese aber nur
zur Ermittlung der unterschiedlichen Lastaufnahmen der Sicherungsmittel bis zum
Gleichgewicht mit der äußeren Kraft verwendet werden. Die weiteren dynamischen
Effekte durch die in Bewegung geratene Ladung werden ignoriert und weiterhin
durch die Sicherheitsmarge zwischen LC und Bruchlast abgedeckt.
3.4.1
Iteratives Verfahren
Bei einem iterativen Rechenverfahren wird die Ladung unter
der Einwirkung einer äußeren Kraft schrittweise in einer vorbestimmten Art
bewegt (Versatz, Kippen, Verschub). Für jeden Schritt wird aus dieser Bewegung
die Formänderung der beteiligte Ladungssicherungsmittel und deren Lastaufnahme
ermittelt. Die Lastaufnahme wird zur anfänglichen Vorspannung addiert und als
Sicherungskraft in die kartesischen Komponenten zerlegt.
Diese Komponenten gehen in die Sicherungsbilanzen gegen
horizontalen Versatz/Verschub und gegen Kippen ein. Gegen Versatz/Verschub
wirken horizontale Komponenten direkt und vertikale Komponenten über den
Reibungsbeiwert, während gegen das Kippen die horizontalen und die vertikalen
Komponenten mit den zugehörigen Hebeln zur Kippachse in Rechnung gesetzt
werden. Besteht die Sicherungsanordnung aus Niederzurrungen, so ist unter Berücksichtigung
der Euler’schen Reibung an den Kanten sinngemäß zu verfahren.
Der Rechenvorgang wird abgebrochen, wenn das Gleichgewicht
mit der äußeren Kraft bzw. mit dem äußeren Moment erreicht ist. Dann kann
festgestellt werden, welche Belastungen die einzelnen Sicherungsmittel
aufgenommen haben und wie groß die Ladungsbewegung oder Ladungsverformung
geworden ist. Aus beiden Informationen kann die Eignung bzw. Zulässigkeit der
betrachteten Ladungssicherungsanordnung beurteilt werden. Außerdem können die
Ergebnisse auf mögliche Verbesserungen und Steigerungen der Effizienz einer
Sicherungsanordnung hinweisen.
Wenn gesicherte Erfahrungen über dynamische Zusatzlasten
vorliegen, kann der iterative Rechenvorgang auch ein wenig später als beim
Erreichen des statischen Gleichgewichts abgebrochen werden. Das Maß dieses
Zuschlags könnte etwa proportional zur bis zum Gleichgewicht aufgetretenen
Ladungsbewegung gewählt werden. Damit wäre ein pragmatischer Schritt in
Richtung auf einen dynamischen Rechenansatz möglich.
Es versteht sich von selbst, dass dieser Rechenprozess nur
mit einem programmierten Rechner durchgeführt werden kann und damit nicht für
die Bemessung oder Überprüfung einer Ladungssicherungsanordnung vor Ort in
Frage kommt, wohl aber für individuelle Planung von kritischen Transporten oder
für die Konzeption von typisierten Sicherungsanordnungen mit langfristiger
Anwendung.
3.4.2
Selektive Verfahren
Eine selektive Herangehensweise für Direktsicherung geht
von dem Ladungssicherungsmittel in der betrachteten Anordnung aus, welches
zweifelsfrei als erstes seine zulässige Belastung erreicht. Diese Belastung wird
über die Längenänderung des selektierten Ladungssicherungsmittels in eine
Ladungsbewegung/Ladungsverformung umgerechnet. Aus dieser werden die
Längenänderungen und Lastaufnahmen aller weiteren Ladungssicherungsmittel
bestimmt und einer Bilanz zugeführt.
Die Bilanz liefert die Information darüber, ob die
Sicherungsanordnung ausreichend ist oder nachgebessert werden muss. Sie lässt
auch erkennen, welche Sicherungsmittel möglicherweise nur unzureichend zur
Sicherung beitragen.
Für Reibungssicherung, also Niederzurrung, sollte der
selektive Ansatz dahingehend modifiziert werden, dass man die Rechnung mit der
maximal zu tolerierenden Ladungsbewegung beginnt und daraus die
Längenänderungen, Kräfte und geometrischen Komponenten der Zurrmittel bestimmt
und den Rutsch- und Kippbilanzen zuführt.
Diese selektiven Verfahren sind mit weniger Rechenaufwand
verbunden und können in den meisten Fällen auch von Hand gerechnet werden. Sie
eignen sich damit auch für die Schulung von Personal. Was man selbst gerechnet
hat, überzeugt mehr als das ohnmächtige Entgegennehmen eines Computerresultats.
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