4  Fallbeispiele
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4.3  Rutschsicherung in Längsrichtung mit schlaffer Niederzurrung

Dieses Fallbeispiel soll zeigen, dass eine tolerierbare Ladungsbewegung die Sicherungswirkung einer quergeführten Niederzurrung in Längsrichtung wiederherstellen kann, auch wenn die Vorspannung durch Setzen der Ladung zunächst völlig verschwunden war.

Auf der Ladefläche werden jeweils drei beladene Paletten mit je 1,0 t Masse nebeneinander gestellt und mit zwei Gurten niedergezurrt. Die Abmessungen der Einheiten sind 1200 x 800 x 1200 mm. Das ganze Paket hat die Höhe h = 1,2 m und die Breite b = 2,4 m.

Bild 19: Niederzurrung von Gitterpaletten

Die Gurte verlaufen an den Außenseiten praktisch senkrecht. Die Vorspannung der Gurte beträgt bei Fahrtbeginn im Mittel etwa F0 = 2 kN. Der Reibungsbeiwert zur Ladefläche wird mit m = 0,38 und der zwischen Gurt und Ladung mit mL = 0,25 angenommen. Es wird in diesem Beispiel ausschließlich die Sicherung gegen Verrutschen nach vorn untersucht.

Die äußere Kraft wird nach den üblichen Vereinbarungen bestimmt.


Konventionelle Bewertung der Sicherung gegen Rutschen nach vorn:


Die Sicherung ist nach konventioneller Bewertung nicht erfüllt mit knapp 40% Defizit.

Berücksichtigung von Ladungsverschiebung:

Zur Vereinfachung der nachfolgenden Darstellung wird angenommen, dass die Vorspannung durch Zusammenrücken der drei Paletten auf den Wert Null abgesunken ist. Gestattet man beim Auftreten des extremen Lastfalls eine Ladungsverschiebung nach vorn, so werden die Gurte an der Oberseite der Ladung ohne zu rutschen soweit mitgenommen, bis ein Gleichgewicht zwischen Längskomponente der Gurtkraft FX und Reibung an der Ladungsoberseite FZ × mL erreicht ist. Die sich hieraus ergebende maximale Bewegungsdistanz wird berechnet:

Bild 20: Ladungsversatz und Verschub DX in Längsrichtung

Diese Distanz kann sich aus Rutschen der Paletten sowie aus einer Schubverformung zusammensetzen. Die Gurte haben sich in diesem Zustand um den Betrag DL verlängert.


Die Verlängerung führt zu einen Kraftaufnahme, die aber nicht gleichmäßig über die Gurtlänge verteilt ist. Der horizontale Mittelteil nimmt eine Kraft auf, die im Verhältnis des Euler’schen Reibungsverlustes an den Kanten gegenüber der Kraft in den äußeren Teilen des Gurtes verringert ist.

Jeder Gurt hat ein LC = 25 kN und eine Dehnung von 3,5% bei Erreichen von LC. Die Federkonstante der vertikalen Gurtteile beträgt Dv = DF / DL = 25 / (0,035 × 1,2) = 595 kN/m, der horizontalen Gurtteile nur Dh = DF / DL = 25 / (0,035 × 2,4) = 298 kN/m. Daraus lassen sich mit der zunächst unbekannten Kraft F in den äußeren Gurtteilen die einzelnen Längenänderungen bestimmen, deren Summe die Gesamtlängenänderung DL sein muss.



Die Gurte erreichen also in den Außenteilen auf beiden Seiten eine Kraft von gut 13 kN. Die horizontalen Mittelteile kommen auf knapp 9 kN. Für die Rutschbilanz werden die Längs- und die Vertikalkomponenten der Außenkräfte berechnet.

Mit diesen Werten wird eine Rutschbilanz aufgemacht.

Die Bilanz ist reichlich erfüllt mit knapp 85% Überschuss. Tatsächlich wird die Ladung also nicht über die ganzen 30 cm rutschen bzw. verziehen müssen, um das Kräftegleichgewicht zu erreichen. Dieses Beispiel demonstriert eindrucksvoll das in einer begrenzten Ladungsbewegung steckende Sicherungspotenzial. Die Frage, ob die mittlere Einheit durch die Reibung zu den beiden äußeren Einheiten und zur Ladefläche gesichert bleibt, wird hier offen gelassen.


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