Temperaturführung im Lufttransport
Vortrag von Herrn Jörg Krings, Envirotainer






Der Lufttransport stellt eine besonders hohe Belastung für das Transportgut dar mit besonders großen Risiken.

Die Firma Envirotainer ist ein schwedisches Unternehmen und hat bereits 1995 den ersten Luftfracht-Kühlcontainer mit aktiver Temperaturführung entwickelt. Diese "Envirotainer" werden heute weltweit für den Lufttransport genutzt. Sie werden ausschließlich vermietet und nicht verkauft.



Der Envirotainer und der Transport von pharmazeutischen Produkten sind die Schwerpunkte dieses Vortrages.

Hauptnutzer der Envirotainer sind die Pharmaunternehmen, da diese ihre Produkte in einem sehr engen Temperaturbereich transportieren müssen.

Es gibt unterschiedliche Arten von gekühlten Luftfracht-Transporten. Produkte können "lose" transportiert werden. An den Flughäfen stehen Kühllager bereit. Auch im Flugzeug kann die Temperatur kontrolliert werden.

Das Problem ist, dass die Kühlkette immer wieder unterbrochen wird – u. a. beim Be- und Entladen des Lkw am Flughafen oder durch die Vorfeldzeiten.

Passivlösungen sind z. B. isolierte Boxen mit Trockeneis oder Kühlakkus. Es können aber auch sog. "aktive" Lösungen wie der Envirotainer verwendet werden.

Für den Pharmaproduzenten ist der Transport und auch der Lufttransport ein Risiko, da die Produkte dabei unterschiedlichen Temperaturen ausgesetzt sind. Verspätungen, Beschädigungen und Diebstahl sind weitere Risiken. Zudem hat er beim Transport keinen Zugriff und keine Kontrolle mehr auf seine Produkte. Pharmaprodukte wie Medikamente können durch Eintreten eines oder mehrerer der genannten Risiken in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt werden.

Um diese Risiken zu minimieren, wurde in den letzten Jahren Richtlinien verabschiedet, wie Pharmaprodukte beim Transport richtig handzuhaben sind.

Die Firma Envirotainer stellt die Kühlcontainer selbst her, das Hauptgeschäft ist aber die Vermietung der Envirotainer. An 50 Stationen an den weltgrößten Flughäfen können Envirotainer abgeholt und zurückgegeben werden. Oft werden sie nur für eine Transportstrecke angemietet.

Der Unterschied zwischen einem aktiven und einem passiven System wird in dieser Abbildung veranschaulicht:



Aktive Systeme haben eine aktive Temperaturkontrolle – die Temperatur kann jederzeit über ein Display abgelesen und über ein Kühlsystem auch über lange Zeiträume konstant gehalten werden.

Passive Systeme können des Produkt zwar temporär kühl halten, aber speziell bei längeren Transporten kann es zu Temperaturabweichungen kommen.

Envirotainer bietet drei Containergrößen an. Der CLD Container ist für kleinvolumige Güter geeignet. Der RKN Container bietet ein Volumen von bis zu einer Europalette. Die nächstgrößere Container ist der RAP und bietet Platz für maximal 5 Paletten.

Es werden zwei unterschiedliche Technologien eingesetzt: die Trockeneiskühlung (Kennung t) und eine elektrische Heiz- und Kühltechnik (Kennung e).

Envirotainer arbeitet endkundenorientiert. Für den Pharmaproduzenten ist der Container eine Verpackung, die getestet und qualifiziert werden muss. Der enge Kontakt zum Spediteur und zur jeweiligen Fluggesellschaft sind ebenfalls wichtig, denn diese sind wichtige Bestandteile einer möglichst ungebrochenen Kühlkette. Der direkte Kunde von Envirotainer ist letztendlich die Fluggesellschaft. In der Regel sind dies die großen Airlines. Diese vermarkten das Produkt "gekühlter Luftfracht-Transport" unter verschiedenen Namen, nutzen aber den gleichen Envirotainer.

Weltweit ist Envirotainer bzgl. des transportierten Volumens im Temperaturbereich von 2 bis 8 °C führend, der Marktanteil liegt bei 10%.

Auch viele große Spediteure haben sich auf den Transport von Pharmaprodukten spezialisiert und eigene Abteilungen für diesen Bereich gegründet.


Herausforderungen für den Hersteller beim Transport

Der Produzent hat die volle Verantwortung für sein Produkt, auch während des Transportes. Die einzelnen Produktionsschritte sind oft weltweit verteilt, zwischen diesen muss transportiert werden – vom Rohstoff über Zwischenprodukte bis zum Endprodukt. Dabei liegen jedes Mal unterschiedliche Anforderungen an den Transport vor.

Die Anforderungen seitens der Behörden werden zunehmend strenger, zudem können diese in den verschiedenen Ländern weltweit variieren.

Für jedes Produkt muss eine Verpackung gefunden werden, die diese Anforderungen und die erforderliche Produkttemperatur garantieren kann. Ein Qualitätsverlust stellt bei Pharmaprodukten oft einen Totalschaden dar, was hohe Kosten für eine Neuproduktion bedeutet.

Die inzwischen gültige Richtlinie, die von der Parenteral Drug Association (PDA) erstellt wurde, einem Verband aus den USA. Dieser ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Pharmaunternehmen. Diese Richtlinie soll für alle Pharmaunternehmen hinsichtlich der Transportqualifizierung gültig sein.



In einem Teil des Reportes Nr. 39 werden auch die Anforderungen an einen Transportdienstleister und dessen Subunternehmen definiert.

Die IATA hat diese Richtlinie 2009 übernommen. Im Chapter 17 werden alle Bestandteile eines Qualitätsmanagement-Systems beschrieben (s. Abbildung):



Dabei ist die Verwendung von Dataloggern zur Kontrolle der Temperatur des Transportgutes sehr wichtig.

Die Container können für verschiedene Temperaturbereiche verwendet werden. Die vier gängigsten Temperaturbereiche und die jeweils geeigneten Envirotainer-Modelle sind in der folgenden Abbildung aufgeführt:



Die Bestandteile eines Envirotainers zeigt diese Abbildung:



Der Container besteht aus zwei Teilen, dem Laderaum und dem Kühl- (und ggf. Heiz-) Aggregat.

Öffnet man den Container, fallen Abstandshalter an den Wänden auf. Diese Verhindern den direkten Kontakt der Ladung mit den Wänden, was die Luftzirkulation beeinträchtigen würde.

An der wärmsten Stelle ist im Container ein Temperatursensor angebracht. Steigt die Temperatur, wird die Innenluft über einen Ventilator eingesogen, umspült den Trockeneisbunker, die Luft kühlt sich ab und wird wieder in den Container eingeblasen.




An einer Kontrolleinheit können die eingestellte und die tatsächliche Temperatur abgelesen sowie verschiedenen Einstellungen vorgenommen werden. Kontrolllämpchen geben Hinweise bei Abweichungen oder Wartungsbedarf.

Auf der Reise muss der Container autark sein, im Flugzeug muss er z. B. ohne Stromanschluss auskommen. Das wird durch Akkus gewährleistet, die rechtzeitig aufgeladen werden müssen. Kabel und verschiedene Adapter ermöglichen ein Aufladen an beliebigen Stromquellen überall auf der Erde.

Die Form der Container ist dem unten gerundeten Laderaum im Flugzeug unterhalb der Passagierkabine angepasst, um den Platz möglichst optimal auszunutzen.


Trockeneiscontainer unterscheiden sich rein äußerlich nicht von den elektrisch betriebenen Containern. Sie verfügen ebenfalls über eine Kontrolleinheit, einen Temperatursensor und einen Ventilator. Die angesaugte Luft umströmt den Trockeneisbunker, kühlt sich dabei ab und wird wieder in den Container geführt. Für den Betrieb der elektrischen Komponenten werden überall erhältliche handelsübliche Batterien verwendet.

Die Envirotainer sorgen somit für eine ungebrochene Kühlkette. Sie bestehen innen und außen aus Aluminium, als Isoliermaterial wird Polyethanschaum als Isolierung verwendet. Die Materialien müssen leicht sein, denn Luftfrachtgewicht ist teuer. Zudem muss das Material und alle Komponenten durch die Luftfahrtbehörden zertifiziert sein. Das gilt auch für den Hersteller dieser Container als Betrieb.




Batterien eines Trockeneiscontainers


Befüllung des Trockeneisbunkers

Beim Lufttransport können während der Reise sehr unterschiedliche Außentemperaturen durchlaufen werden. Entweder wird vom Sommer in den Winter geflogen. Oder von Winter in Winter mit Transit im Sommer. Auch beim Wechsel vom Land- zum Lufttransport treten beachtliche Temperaturunterschiede auf. Im Envirotainer wird die Temperatur aber konstant bei 5 °C gehalten.



Folgendes Beispiel zeigt den Vorteil der Envirotainer für den Kunden:

Der Produzent versendet regelmäßig 2 – 8 °C Produkte und 2 – 25 °C Produkte vom Flughafen Münster-Osnabrück in 35 Destinationen in aller Welt. Früher hat er die Produkte lose verschickt, dabei erlitten die Produkte hohe Temperaturabweichungen. Seit der Nutzung von Envirotainern hat sich die Schadenquote von ca. 20 % auf fast 0 % reduziert.

Die Container werden per Lkw zum Flughafen Münster-Osnabrück positioniert. Dort werden sie in ein Lager gestellt. Am Tag der Beladung werden die Container vorbereitet und entsprechend vorgekühlt, mindestens 2 Stunden vor dem Einbringen der Produkte. Je nach Transportdauer und Temperaturbedingungen wird die notwendige Menge Trockeneis kalkuliert.




Lkw-Andockstellen in einem Lager




Envirotainer in einem Lager


In der Zwischenzeit kommt die Ware im temperaturgeführten Lkw am Flughafen an. Der Kunde hat sich für eine Beladung vor Ort am Flughafen entschieden. Hier wird zunächst die Produkttemperatur geprüft und dokumentiert. Dann wird die palettierte Ware direkt von Lkw in den vorbereiteten Container geladen und mit Zurrgurten gesichert. Die Palettierung ist einer losen Beladung vorzuziehen, da die Luft im Container auch unter den Kartons zirkulieren kann. Der Beladevorgang dauert i. d. R. nur 5 – 10 Minuten. Dann werden die Container geschlossen und verplombt, die Temperatur und der Batteriezustand werden kontrolliert und dokumentiert

.

Prüfung der Temperatur im Container



Beladung und Sicherung der palettierten Ware im Container

Die Ladungssicherung mittels Spanngurten dient vor allem dem Schutz des Flugzeugs selbst, damit es z. B. bei Turbulenzen nicht durch herumwirbelnde Ladung beschädigt werden kann.



Schnittstelle Lager – Lkw

Da vom Flughafen Münster-Osnabrück nur wenige internationale Ziele angesteuert werden, müssen die Container per temperaturgeführtem Lkw zunächst zu den Hubs der einzelnen Fluggesellschaften gefahren werden. Wenn sie dort ankommen, müssen sie oft wieder einen Tag zwischengelagert werden, bis der Flug abgeht. An dieser Schnittstelle muss wieder die Temperatur und die Containertechnik geprüft und dokumentiert werden.

Vor dem Abflug werden die Container meist als letzte in das Flugzeug geladen, wo sie bestimmte Positionen in den Frachtraum-Abteilen haben. Innerhalb des Frachtraumes herrschen unterschiedliche Temperaturen. Der Kapitän bekommt eine Nachricht über den Kühltransport, damit dieser die Umgebungstemperatur entsprechend einstellen kann. Die Temperatur im Frachtraum-Abteil darf nicht zu niedrig sein, damit der Container auch kühlen kann.



Verladen der Container in das Frachtflugzeug




Envirotainer im Frachtraum-Abteil


Cockpit, aus dem der Flugkapitän die
Temperatur im Frachtraum regeln kann

Die Flugreise dauert 8 – 11 Stunden und kommt dann z. B. in Brasilia an. Auch hier erfolgt wieder ein Eingangscheck. Dann werden die Container entladen oder direkt zum Empfänger gefahren. Der entleerte Container wird der Airline wieder übergeben, um diesen zurück an eine Envirotainer Station zu positionieren. Nach Rückgabe ist der Lease beendet und die Zeit, in der der Container genutzt wurde, abgerechnet.



Ankunft am Zielflughafen



Entladung der Envirotainer am Zielflughafen


Neben den Containern bietet die Firma Envirotainer verschiedene Programme an. Das sind z. B. eigene Klimaklammern, in denen verschiedene Qualifikationen und Validierungen durchgeführt werden können.

Zudem wird ein spezielles Trainings und Qualitätsprogramm angeboten, das "QEP / CEP Training & Quality Program". (QEP = Qualified Envirotainer Provider)



Hierfür wurde für die Kunden ein eigenes Qualitätssystem aufgebaut.

Dies umfasst u. a. die Personalschulung bzgl. der richtigen Handhabung des Envirotainers und die richtige Dokumentation. Es geht um Auditierungen u. v. m.

Des weiteren bietet die Firma Envirotainer verschiedene Analysen für den Kunden an, bei denen die verschiedenen Transporte ausgewertet und Schwachpunkte aufgedeckt werden.


Temperaturaufzeichnung

Der Produzent ist generell verpflichtet, die Produkttemperatur während des gesamten Transportes zu kontrollieren. Die geschieht mittels eigener Lesegeräte im oder am Produkt. Bei den Containern befinden sich diese Aufzeichnungsgeräte oft außerhalb.

Der Heiz- und Kühlcontainer (RKNe1/RAPe2) kann diese Daten auch selber aufzeichnen. Der Verlader kann diesen Service aktivieren, der ab einem bestimmten Zeitpunkt die Temperatur aufzeichnet, und zwar sowohl die Lufttemperatur im Container als auch die Außentemperatur und andere Parameter wir den Batteriestatus, Türbewegungen u. a. Der Empfänger kann mit einem mobilen Lesegerät über eine Infrarot-Schnittstelle diese Daten auslesen. Die Daten sind mit einem Code gesichert, mit dem Auslesen wird die Aufzeichnung deaktiviert.

Die Herausforderungen an einen Produzenten sind hier noch einmal zusammengefasst:






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