2 Regressvoraussetzung Haftung (dem Grunde nach) |
Zum Schadenersatz verpflichtet ist derjenige, der für den Schaden haftet. Erfolgreiche Regressführung setzt also voraus, dass überhaupt jemand für den eingetretenen Schaden haftet. In Betracht kommen sowohl deliktische als auch vertragliche Haftung.
2.1 Anwendbares Recht
Transporte haben oft Auslandsberührung, d. h., der Sitz der beteiligten Handelvertragsparteien und der beteiligten Transportvertragsparteien wie auch die Übernahme- und Ablieferorte liegen oft in unterschiedlichen Ländern. Zur Beurteilung der etwaigen Haftung – sei es deliktisch, sei es vertraglich – ist bei allen Fällen mit Auslandsberührung zunächst einmal das anwendbare Recht zu ermitteln.
2.1.1 Deliktische Ansprüche
Die anwendbare Rechtsordnung wie auch die zur Durchsetzung deliktischer Ansprüche international zuständigen Gerichte ergeben sich aus dem Gesetz; sie können nicht vereinbart werden.
2.1.2 Vertragliche Ansprüche
Im Bereich des Vertragsrechts besteht – soweit bestimmte Transportrechtsordnungen nicht zwingend Anwendung finden – grundsätzlich Vertragsfreiheit bei der Wahl des anwendbaren Rechts und der zuständigen Gerichte. Daraus ergibt sich folgende Prüfungsfolge:
zwingend anwendbares Recht (internationales Einheitsrecht, z.B. WA, MÜ, CMR, HR, HVR; nationales Recht, z.B. § 449 III HGB)n | |
Rechtswahlvereinbarung | |
Gesetzliche Regelung |
2.1.3
Inwieweit können Sie bzw. Ihr VN in diesem Bereich vorbeugend tätig werden?
Im Bereich des Deliktsrecht können Sie nichts tun.
Im Bereich des Vertragsrechts können Sie bzw. Ihr VN dafür sorgen, dass – soweit Vertragsfreiheit besteht – die für Sie bzw. Ihren VN günstige Rechtsordnung vereinbart wird. Die für Sie bzw. Ihren VN günstigste Rechtsordnung wird in aller Regel das deutsche Recht sein.
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2.2 Deliktische Haftung (nach deutschem Recht)
Derjenige, der die Ware schuldhaft beschädigt oder entwendet hat (Täter) haftet dem Eigentümer der Ware gemäß § 823 BGB auf Schadenersatz. Ein erfolgreicher Regress aus deliktischer Haftung setzt also voraus,
dass der Täter bekannt ist | |
dass der Täter schuldhaft gehandelt hat (wobei sein Verschulden gesetzlich vermutet wird) | |
dass die Bonität des Täters zur Erfüllung seiner SE-Pflicht ausreicht. |
Diese Voraussetzungen sind in den seltensten Fällen erfüllt, weshalb Regresse unmittelbar gegen Täter in der Praxis eine weitgehend unbedeutende Rolle spielen.
Seitenanfang2.3 Transportvertragliche Haftung (nach deutschem Recht oder internationalem Einheitsrecht)
Mit dem Transportvertrag übernimmt der Transportunternehmer die Verpflichtung, das Gut beim Absender zu übernehmen und vollständig, rechtzeitig und unversehrt beim Empfänger abzuliefern. Erfüllt er diese Verpflichtung nicht oder nicht ordnungsgemäß, so haftet er für den Schaden, wobei es für seine Haftung grundsätzlich keinen Unterschied macht, ob eine etwaige Pflichtverletzung durch den Transportunternehmer selbst begangen wurde oder durch seine Erfüllungsgehilfen oder Subunternehmer.
Diese Haftung ist in den einzelnen Transportrechtsordnungen unterschiedlich ausgestaltet. Wir begegnen folgenden verschiedenen Haftungsbegriffen:
Gefährdungshaftung, Obhutshaftung, Haftung für vermutetes Verschulden.
2.3.1 Höhere Gewalt/Unabwendbarkeit
Nach nahezu allen Transportsrechtsordnungen wird nicht gehaftet für höhere Gewalt und/oder Schäden, die auch für einen idealtypischen Transportunternehmer unabwendbar sind. Regresse sind deshalb nicht erfolgreich zu führen, soweit der Schaden auf höherer Gewalt beruht und/oder für den Transportunternehmer unabwendbar war.
2.3.2 Haftung für Pflichtverletzung
Wer seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten verletzt haftet für den daraus entstandenen Schaden. Ob der Transportunternehmer eine Pflicht verletzt hat, kann deshalb nur beantwortet werden, wenn zuvor geprüft wird, welche Pflichten er im Einzelfall überhaupt übernommen hat. Diese Pflichten ergeben sich zum Teil aus dem Gesetz; zum Teil – über das Gesetz hinausgehend – aus dem konkreten Vertrag (z.B. Pflicht zur Entladung des LKW, zur Verpackung der Ware usw.)
Ist eine Pflichtverletzung festzustellen, so ergibt sich daraus die transportvertragliche Haftung des Transportunternehmers.
2.3.3
Inwieweit können Sie bzw. Ihr VN in diesem Bereich vorbeugend tätig werden? Beim Verhandeln des Transportvertrags können Sie bzw. Ihr VN sich darum bemühen, dass der Vertragspartner des VN möglichst viele Pflichten übernimmt, für deren Verletzung er mithin haftet.
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2.4 Wertpapierrechtliche Haftung aus Konnossement
Im deutschen Seefrachtrecht (sei es nach HR, sei es nach HVR in der Fassung des HGB) haben wir die rechtliche Besonderheit, dass den Transportunternehmer (Verfrachter) bei Ausstellung eines Konnossements (nicht: Sea-Waybill oder Express-B/L) nicht nur die transportvertraglichen Pflichten aus dem Seefrachtvertrag treffen, sondern auch die wertpapierrechtlichen Pflichten aus dem von ihm ausgestellten und begebenen Konnossement. Diese bestehen Pflichten nebeneinander – ebenso die Haftung des Verfrachters aus Seefrachtvertrag und aus Konnossement.
Diese strikte Unterscheidung zwischen Seefrachtvertrag und Konnossement kennt nur das deutsche Recht. Im angelsächsischen Rechtskreis wird das Konnossement dagegen nur als den Seefrachtvertrag dokumentierendes und die aus ihm resultierenden Rechte verbriefende Urkunde angesehen.
2.4.1
Inwieweit können Sie bzw. Ihr VN in diesem Bereich vorbeugend tätig werden? Im Bereich des Konnossementsrechts wird der von Ihrem VN beauftragte vertragliche Verfrachter zwar in aller Regel nicht bereit sein, über seine B/L-Bedingungen zu verhandeln. Sie bzw. Ihr VN können aber die Grundlagen und den Umfang einer etwaigen Haftung des vertraglichen Verfrachters maßgeblich bestimmen durch die Entscheidung, ob Sie ein echtes Konnossement verlangen oder nur ein Sea-Waybill oder sog. Express-B/L.
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