6.4 Ladeflächenbegrenzungen und fahrzeuggebundene Sicherungseinrichtungen


6.4.6.2 Zurrwinden

Mit Winden als „komfortablen Spannelementen“ können Drahtseile und Gurtbänder aus Chemiefasern gut zur Ladungssicherung genutzt werden. Geeignete Bauweisen und durchdachte Anbringung der Winden sind allerdings Voraussetzung dazu.

Bei nachgiebigen Ladungen oder sich setzenden Ladungen, wie z.B. Stroh- und Altpapierballen, Stahlmatten, Rohholz usw. kann mit Winden wirtschaftlich gesichert werden, weil nahezu unbegrenzt nachgespannt werden kann. Gurtratschen kommen bereits nach mehr als drei vollen Windungen auf ihrer Schlitzwelle an ihre Grenze: Ist die erforderliche Vorspannung dann noch nicht erreicht, müssen abwechselnd weitere Spanngurte eingesetzt werden, um die Ladung soweit zusammenzudrücken, bis die erforderliche Vorspannung aufgebracht ist. Ähnlich ist es bei Verwendung von Spannschlössern, Spindelspannern und ähnlichen Spannelementen: Auch hier reichen die „Spannwege“ oft nicht aus, um die Ladung soweit zu komprimieren, dass ein fester Halt gegeben ist. Durch den Einsatz von Winden ausreichender Kapazität hingegen lassen sich Ladungen auch nach Setzvorgängen durch Nachspannen weiter verdichten und so die erforderliche Vorspannung aufbringen.

Die meisten zur Ladungssicherung eingesetzten Winden sind für den Gurtband- und/oder Drahtseilbetrieb vorgesehen und für Handbetrieb ausgelegt. Rückschlagfreie Schneckengetriebe mit zumeist abnehmbarer Handkurbel sind eine Variante, andere Winden sind mit Handrädern und Sperrklinken versehen und werden über aufsteckbare Hebel gespannt. Hin und wieder anzutreffen, aber nicht erlaubt, sind nicht rückschlagfreie Einfachausführungen mit Knarre.

Die Unfallverhütungsvorschrift „Winden, Hub- und Zuggeräte“ schreibt für handbetriebene Geräte eine Rückschlagsicherung vor, d.h. Kurbeln oder Handräder dürfen unter Last nicht mehr als 15 cm zurückschlagen können. Außerdem müssen abnehmbare Kurbeln und Hebel gegen Abgleiten und unbeabsichtigtes Abziehen gesichert werden können.

Für besondere Zwecke und an Spezialfahrzeugen kommen auch Winden mit Elektro-, Druckluft- oder Hydraulikantrieb zum Einsatz.

Neben dauerhaft und fest mit dem Fahrzeug verbundenen Zurrwinden werden lösbare verwendet, die bei Bedarf angeschraubt oder aufgesteckt werden können:


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Abbildung 6.4.6.2.1.1 – 2: Dauerhaft mit dem Fahrzeug verbundene Zurrwinden [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.6.2.1.3: Anschraubbare Zurrwinde [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.6.2.1.4 – 5: Aufsteckbare Zurrwinde für Gurte, links: lose; rechts: montiert [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.6.2.1.6: Pneumatisch angetriebene Zurrwinde [W. Strauch]

Bei Abschleppfahrzeugen oder Fahrzeuganhängern werden mitunter „Zugwinden“ genutzt. Das sind Seilwinden, mit deren Unterstützung Fahrzeuge auf die Ladeflächen der Trailer oder Lkw gezogen werden, die aber auch zur Sicherung geladener Fahrzeuge gegen rückwärtige Bewegungen genutzt werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.7: Seilwinde mit Elektroantrieb auf einem Abschleppfahrzeug [W. Strauch]

§ 20 Absatz 2 der Unfallverhütungsvorschrift „Winden, Hub- und Zuggeräte“ bestimmt:

Geräte, die zum Bewegen von Lasten auf schiefen Ebenen oder zum Heben bestimmt sind, müssen so eingebaut oder aufgestellt sein, dass ein gleichmäßiges Aufwickeln der Seile auf den Trommeln gewährleistet ist. Ist dies bei kraftbetriebenen Geräten nicht möglich, muss eine Seilwickeleinrichtung vorhanden sein.


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Abbildung 6.4.6.2.1.8, 9 – 10: Handbetriebene Seilwinde auf einem Fahrzeugtrailer [W. Strauch]

Mit der Handkurbel dieser „Zugwinde“ kann bei einer Getriebeuntersetzung von 8,75 : 1 eine maximale Zugkraft von 900 daN erzeugt werden. Welche Lasten damit bewegt werden können, hängt vom Rollwiderstand der Fahrzeuge und der Steigung der Rampenbleche bzw. der Neigung der kippbaren Ladefläche bei der Fahrzeugaufnahme ab. Bei einem Seildurchmesser von 7 mm hat die abgebildete Trommel eine Kapazität von 25 m; wird sie mit Gurtbändern bestückt, nur von 6 m.


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Abbildung 6.4.6.2.1.11 – 12: Verdoppelung der Zugkraft bei Nutzung des „Klappläufers“ [W. Strauch]

Unter „Klappläufer“ ist der zusätzlich angebrachte Umlenkblock mit Haken zu verstehen. Wird der Endhaken an einem belastbaren Fixpunkt im Bereich der Winde befestigt, halbiert sich der „Zugweg“, aber es verdoppelt sich die Zugkraft. Der Zugweg kann vergrößert werden, wenn der Endhaken näher an der zu ziehende Last befestigt werden kann.


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Abbildung 6.4.6.2.1.13: Vermerk an dem Seiltrommelgehäuse [W. Strauch]

Nicht vergessen werden darf, dass sich mit jeder Seillage oder jeder Lage aufgetrommelter Gurtbänder die Zugkraft durch ungünstigere Hebelarmverhältnisse verringert. Nach der Unfallverhütungsvorschrift muss die zulässige Belastung angegeben sein, und zwar bei Trommelwinden bis 1 500 N Seilzugkraft die Zugkraft für die unterste Seillage und bei Trommelwinden über 1 500 N Seilzugkraft die Zugkraft für die unterste und oberste Seillage. Diese wichtigen Hinweise fehlen oft.


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Abbildung 6.4.6.2.1.14 – 15: Gebrauch als „Zugwinden“ ausgelegter Seilwinden zur Direktsicherung [W. Strauch]

Werden „Zugwinden“ zur Sicherung verwendet, muss sichergestellt sein, dass die Trommeln blockiert sind. Die Befestigung an der Ladung hat so zu erfolgen, dass weder die Ladung, noch die Seile oder Gurte beschädigt werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.16: Muldenfahrzeug mit pneumatischer Seilwindenausstattung [W. Strauch]

Unter dem Fahrzeug befindet sich eine mit Fernbedienung zu steuernde pneumatische Seilwinde, mit der die seitliche Kettensicherung der Abfallmulden gelockert und gespannt werden kann.


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Abbildung 6.4.6.2.1.17 – 18: Gelockertes und gespanntes Seil an der Kettensicherung [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.6.2.1.19: Pneumatische Winde mit Gurtbandbestückung zur Sicherung von Abfallmulden [W. Strauch]

Die Mulde ist hier falsch platziert. Bei korrektem Gebrauch der Zurrmittel muss die Seilführung in der Vertikalen rechtwinklig zur Trommel erfolgen. Der Spreizwinkel zwischen den Kettenparten sollte symmetrisch sein.


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Abbildung 6.4.6.2.1.20 – 21: Abfallmuldensicherung mit eingebautem „Kettenzug“ [W. Strauch]

Der Spreizwinkel zwischen den Schenkeln der oberen Kette in Abb. 20 ist asymmetrisch und übersteigt die erlaubte Grenze von 120°. Abb. 21 zeigt eine deutlich bessere Variante. In beiden Abbildungen sind die Mulden nicht richtig platziert. Mit der seitlich fest angebrachten Ratsche wird eine Kettennuss bewegt, die dadurch eine windenähnliche Funktion erhält.


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Abbildung 6.4.6.2.1.22: Mit fest installierter Ratsche zu bewegende Kette [W. Strauch]

Nach Einstellen des kleinen gelben Hebels auf „Spannen“ oder „Lösen“ kann mit der Ratsche die Kette gestrafft oder gelockert werden.

Die meisten herkömmlichen Zurrwinden sind einseitig angebracht, wie das Beispiel aus dem technischen Merkblatt über die Ausstattung eines Fahrzeugs besagt:


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Abbildung 6.4.6.2.1.23: Ausriss aus einem Fahrzeug-Datenblatt [W. Strauch]

Die Einsatzmöglichkeit derartig angebrachter Zurrwinden beschränkt sich auf das Niederzurren von Ladungen, bei denen die Vorspannung aufgrund der Umlenkung dann ungleich verteilt ist.


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Abbildung 6.4.6.2.1.24: Prinzip der Niederzurrung bei einseitiger Anbringung der Zurrwinden [W. Strauch]

Die meisten Zurrwinden und gegenüberliegenden Haken sind so angeordnet, dass die Zurrmittel um die äußeren Fahrzeugkanten geführt werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.25: Beispiel für die einseitige Anbringung von Zurrwinden auf der linken Seite [W. Strauch]

Durch Durchbiegen infolge von Schwingungen können die Drahtseile abwechselnd gestrafft und gelockert werden. Der Effekt tritt insbesondere auf, wenn die Bleche nicht im Bereich der Drähte durch Unterleger gestützt werden. Bei fehlendem Kantenschutz und „schlampiger“ Wicklung können die Seile durchscheuern und/oder die Vorspannung kann nachlassen. Unterleger und Zwischenleger müssen im Bereich der Seile positioniert werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.26: Ungünstige Positionierung der Haken auf der gegenüberliegenden Seite [W. Strauch]

Die Haken müssen so positioniert sein, dass die Pressklemmen normaler Schlaufen oder vorhandene Kauschen nicht auf Biegung beansprucht werden. Weitere Informationen dazu sind in Kapitel 6.4.6.2.2 enthalten.


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Abbildung 6.4.6.2.1.27: An falschen Stellen unterstützte Ladung [W. Strauch]

Auch hier kann infolge von Schwingungen die Vorspannung der Zurrdrahtseile nicht ständig gehalten werden, weil die Ladung nicht im Bereich der Seilen unterstützt ist.


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Abbildung 6.4.6.2.1.28: Unbrauchbare Sicherung durch Ladelücken [W. Strauch]

Durch die vorhandenen Ladelücken kann die Vorspannung nicht dauerhaft gehalten werden. Die Zurrwinden und die Methode Niederzurren sind hier als Sicherung unbrauchbar.


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Abbildung 6.4.6.2.1.29: Bleche mit Überbreite, durch einseitig angebrachte Zurrwinden „gesichert“ [W. Strauch]

Bei überbreiten Ladungen besteht die Gefahr, dass die Ladungen seitlich verrutschen, insbesondere bei Niederzurrungen mit ungleicher Vorspannung.


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Abbildung 6.4.6.2.1.30: Beidseitig angebrachte Zurrwinden [W. Strauch]

Werden Zurrwinden beidseitig angebracht, ergeben sich gegenüber der einseitigen Anbringung deutliche Vorteile: Es kann beispielsweise mit Buchtlaschings direkt gesichert werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.31: Vorbereitungen zur Sicherung mittels Buchtlaschings [W. Strauch]

Die Drahtseile oder Gurte werden von den Trommeln zur gegenüberliegenden Seite des Fahrzeugs gezogen und griffbereit abgelegt. Dann erst wird beladen. Wird ohne diese Vorbereitung beladen, müssen die Zurrmittel nachträglich unter der Ladung durchgesteckt werden, was deutlich umständlicher ist.


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Abbildung 6.4.6.2.1.32: Seitliche Sicherung durch Buchtlaschings [W. Strauch]

Nach der Beladung werden die Zurrmittel über die Ladung zur jeweiligen Gegenseite geführt und dort an geeigneten Zurrpunkten befestigt (was in der Abbildung durch Pfeile angedeutet ist). Abschließend werden die Zurrmittel mit den Winden gespannt.


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Abbildung 6.4.6.2.1.33: „Echte Buchtlaschings“ [W. Strauch]

Die Parten echter Buchtlaschings haben jeweils nur eine gemeinsame Zugrichtung.


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Abbildung 6.4.6.2.1.34: „Unechte Buchtlaschings“ [W. Strauch]

Bei überbreiten Ladungen können Buchtlaschings der abgebildeten Art nicht mehr sinnvoll eingesetzt werden, da jeder Lasching zwei gegenläufige Wirkrichtungen besitzt.


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Abbildung 6.4.6.2.1.35: Sicherung mit Klauen bei Überbreite [W. Strauch]

Mit beidseitig angebrachten Zurrwinden lassen sich überbreite Ladungen gut sichern, wenn die Losenden der Zurrmittel an den Ladungsseiten formschlüssig befestigt werden können, wie z.B. mit Klauen bei den Blechen mit Überbreite.


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Abbildung 6.4.6.2.1.36 – 37: Niederzurrungen über Bordwände [W. Strauch]

Sind Zurrwinden so angebracht, das die Zurrmittel über Bordwände geführt werden müssen, können keine wirksamen Direkt- oder Niederzurrungen angebracht werden. Die Bordwände geben während des Betriebs soweit nach, dass die beabsichtigte Vorspannung nicht gehalten werden kann. Durch Verwindungen im Fahrbetrieb ändert sich die Vorspannung dabei ständig. Ausnahmen gibt es, wenn die Ladung ganz dicht an den Bordwänden steht oder kleine verbliebene Lücken so ausgesteift werden, dass Ladung und Bordwände eine kompakte Einheit bilden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.38: Seitlich versetzt angeordnete Durchlässe für Zurrdrahtseile im Fahrzeugboden [W. Strauch]

Sind seitliche Durchlässe für auf Winden geführte Zurrmittel vorhanden, kann die Ladung gesichert werden, ohne die Zurrmittel über Bordwände führen zu müssen. Vorteilhafter als versetzt angeordnete Durchlässe sind symmetrisch auf beiden Seiten angebrachte. Damit lassen sich deutlich mehr Sicherungsvarianten nutzen.


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Abbildung 6.4.6.2.1.39 – 40: Sicherung mit Nieder- und Direktzurrungen [W. Strauch]

Derartige Durchlässe erlauben es, Ladungen in Querrichtung sowohl mit Nieder- als auch Direktzurrungen zu sichern. In Abbildung 40 sind diese als Buchtlaschings ausgeführt. Die Durchlässe sind so zu konstruieren, und die Winden sind so unter den Ladeflächen anzubringen, dass die Zurrmittel gut geführt und dabei nicht beschädigt werden. Spezielle Durchlässe für drahtbestückte Zurrwinden sind in Kapitel 6.4.6.2.1 beschrieben.


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Abbildung 6.4.6.2.1.41 – 43: Beispiele zum Sichern mit Winden in Längsrichtung [W. Strauch]

Bei quaderförmigen Ladungstücken wie Marmorblöcken, Kisten o.ä. bieten sich Kopfbuchten gemäß Abbildung 41 an. Vom Prinzip her sind es in Längsrichtung wirkende Buchtlaschings, die horizontal/waagerecht um die Ladungsfronten gespannt werden. Bei tafelförmigen oder geschichteten Ladungen werden gemäß Abbildungen 42 und 43 die Buchtlaschings von den Zurrpunkten unterhalb der Ladung zur Front geführt, dann schräg nach oben und weiter über die Ladung zu den Windeneinlässen der anderen Seite geführt. Zur Befestigung sollten Zurrpunkte gewählt werden, die in ihrer Zugrichtung über die Durchlässe anderer Winden führen. So können in etwa gleichartige Zurrkomponenten erreicht werden.


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Abbildung 6.4.6.2.1.44: Seildurchlass mit eingeschränkter Nutzbarkeit [W. Strauch]

Schlitzförmige Seildurchlässe lassen keine Direktzurrungen in Längsrichtung zu, wenn die Windentrommeln keine Seilführung besitzen. Die Wicklungen würden sich auf einer Seite konzentrieren (siehe auch Kapitel 6.4.6.2.1).