6.4 Ladeflächenbegrenzungen und fahrzeuggebundene Sicherungseinrichtungen

6.4.1 Genormte Fahrzeugaufbauten




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Abbildung 6.4.1.45: Kennzeichnung der Norm und des Anforderungsprofils an einem Sattelanhänger [W. Strauch]

Diese Kennzeichnung ist gut zu sehen und zu lesen. Ebenso wichtig ist aber, dass Fahrer und Ladepersonal wissen, was die Kennzeichnung bedeutet. Aus regelmäßigen Kontakten mit Fahrzeugführern weiß der Autor, dass diese nur selten eine Vorstellung über die Bedeutung der Kennzeichnung haben. Viele wissen lediglich, dass das Fahrzeug „besser“ ist als andere, haben aber keine Kenntnisse über die Prüfkriterien der Norm oder unter welchen Bedingungen das Fahrzeug zu beladen und/oder die Ladung zu sichern ist.


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Abbildung 6.4.1.46: Aufkleber mit Angaben über die Aufbaufestigkeiten [W. Strauch]

Fahrzeuge, deren Aufbauten dem Code XL der Norm EN 12 642 entsprechen, werden zunehmend mit Aufklebern gekennzeichnet, in denen die Belastbarkeit der Aufbauten genannt ist, und zwar als Teil der Nutzlast (0,5P; 0,4P und 0,3P) von 27.000 kg und in konkreten Zahlen (13.500daN, 10.800daN und 8.100daN).


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Abbildung 6.4.1.47: Zu einem derartigen Fahrzeug gehörendes Zertifikat [W. Strauch]

Ein aufgrund der Norm ausgestelltes Zertifikat ist ein individuelles Papier und trägt deshalb auch die Fahrzeug-Ident.-Nummer (FIN). Es gehört zu den Fahrzeugpapieren, ist deshalb vom Fahrzeugführenden mitzuführen und muss den Kontrollbehörden auf Verlangen vorgelegt werden. Die Regelung über das Mitführen von Zertifikaten ist sinnvoll, da es schon vorgekommen ist, dass im Rahmen von Messen oder anderen Veranstaltungen als Muster verteilte Hinweisschilder an Fahrzeuge geklebt wurden, die nicht nach Norm gebaut oder geprüft sind.


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Abbildung 6.4.1.48: Muster einer denkbaren Kennzeichnung für Code-L-Fahrzeuge [W. Strauch]

Anstelle von Aufklebern können Schilder verwendet werden, die dauerhafter sind. Das abgebildete Beispiel ist für ein Fahrzeug mit Hamburger Verdeck gedacht und listet (nur) die Höchstwerte der jeweiligen Ladeflächenbegrenzung auf und verzichtet auf die anteilige Belastbarkeit von der Nutzlast.


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Abbildung 6.4.1.49: Hinweisschild über geprüfte Ladungssicherung [W. Strauch]

Derartige Aufkleber signalisieren, dass eine Prüfungsgesellschaft das Fahrzeug „zertifiziert“ hat. In derartigen Zertifikaten sind die baulichen Besonderheiten und Belastbarkeiten des Aufbaus beschrieben. Außerdem ist dokumentiert, unter welchen Voraussetzungen das Fahrzeug für Transporte bestimmter Ladungen zu nutzen ist.

Viele Fahrzeugführende sind der Meinung, dass sie weiter nichts unternehmen müssten, da ja bereits alles geprüft ist. Dabei wird aus Unkenntnis übersehen, dass zwar die Einrichtungen zur Ladungssicherung dieses Fahrzeugs geprüft wurden, dass aber auch in einem dazu mitgelieferten Zertifikat Voraussetzungen oder Bedingungen dokumentiert sind, die vorhanden, geschaffen oder eingehalten werden müssen.

Jeder Beladefall kann individuell anders sein und muss im Einzelnen auf Übereinstimmung mit den in der Prüfung genannten Kriterien kontrolliert werden.


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Abbildung 6.4.1.50: Ausriss aus einem Zertifikat für einen Curtainsider [W. Strauch]

In den Anmerkungen zur Ausstattung ist die Beschaffenheit des Wagenbodens hinsichtlich Dicke und Oberflächenstruktur genau beschrieben. Stirnwand-, Heckportal- und Rungentyp sind genannt, beim Fahrzeugdach ist u.a. die integrierte Diagonalverspannung und die Qualität der Plane erwähnt. Bei den Seitenplanen sind Einzelheiten zur Gewebequalität, der Anzahl horizontaler und vertikaler Schweißgurte, der Gurtfestigkeit sowie die Art der zu verwendenden Spanner angegeben.

Die Prüfkräfte und das Verhältnis Prüfkraft zu Nutzlast sind einzeln aufgeführt:

  • Für die Stirnwand 15.000 daN und 0,55
  • Für das Heckportal 8.100 daN und 0,30
  • Für die Seitenwand 13.500 daN und 0,5, jedoch nur 8.100 daN und 0,3 bei einer Ladehöhe bis 800 mm

Ein Vermerk im Zertifikat bescheinigt: „Die Laderaumbegrenzungen wurden mit der Prüfkraft über die gesamte Fläche verteilt belastet.“


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Abbildung 6.4.1.51: Ausriss aus einem Zertifikat für einen Curtainsider [W. Strauch]

Der GDV hat schon seit Jahren auf ein Problem hingewiesen, dass in der VDI-Richtlinie 2700, Blatt 15 vom Mai 2009 Berücksichtigung gefunden hat:

… Es hat sich gezeigt, dass die vertikale Anpresskraft und somit auch die wirksame Reibung ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen kurzzeitig gegen null gehen kann. Auch aus diesem Grund ist eine Ladungssicherung ausschließlich über Reibung nicht ausreichend. Es müssen daher immer zusätzliche Maßnahmen (z.B. zusätzlicher Kraftschluss oder Formschluss) zur Ladungssicherung getroffen werden, um den Kontakt der Reibungspartner (Ladung/Ladefläche) in jeder Fahrsituation aufrecht zu halten. …

Die Verwendung von rutschhemmenden Materialien mit bescheinigten Reibbeiwerten um 0,6 führt dazu, dass sich rein rechnerisch für die Sicherung gegen Rutschen quer zum Fahrzeug und nach hinten keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen ergeben. Trotzdem ist in einem solchen Fall noch ein angemessenes Minimum von Niederzurrungen vorzusehen, um das „Wandern“ der Ladung infolge von Vibrationen der Ladefläche zu verhindern. Wird das Wandern bei lückenloser Verladung durch Bordwände oder gleichwertige Ladeflächenbegrenzungen verhindert, können die Niederzurrungen entfallen.

In einem nächsten Abschnitt des Zertifikats wird die ausreichende Ladungssicherung gemäß §§ 22 und 23 StVO und § 30 StVZO in Verbindung mit der Richtlinie VDI 2700 bescheinigt:


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Abbildung 6.4.1.52: Ausriss aus dem Zertifikat [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.1.53: Fahrzeug mit Schiebegardinen [W. Strauch]

Das abgebildete Fahrzeug erfüllt nicht alle im Zertifikat genannte Forderungen, zum Beispiel bezüglich der Staulücken. Das heißt, dass unabhängig von einer Zertifizierung besondere Ladungssicherungsmaßnahmen getroffen werden müssen.


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Abbildung 6.4.1.54: Ausriss aus dem Zertifikat [W. Strauch]

Dieser Passus ist wohl standardmäßig aufgenommen worden, denn bei der Ausstattung des Fahrzeuges wurde angegeben, dass das zertifizierte Fahrzeug über ein Heckportal mit Türen und doppelten Drehstangenverschlüssen eines bestimmten Typs verfügt.


Abbildung - LSHB  Abbildung - LSHB

Abbildung 6.4.1.55 – 56 : Fahrzeug mit heckseitiger Gurtverstärkung [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.1.57: Ausriss aus dem Zertifikat [W. Strauch]


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Abbildung 6.4.1.58 – 59 : Fahrzeug mit heckseitiger Gurtverstärkung [W. Strauch]

Sind im Zertifikat zum Beispiel Dachverstrebungen oder eine bestimmte Ausstattung mit Holz- oder Aluminiumlatten vorgeschrieben, ist das Zertifikat nicht (mehr) gültig, wenn diese Ausstattungsmerkmale in der täglichen Praxis verändert werden. Bei diesen Fahrzeugen wurden jeweils links die Einstecklatten entfernt.