3.4 Direktsicherung


3.4.1 Praxis der Direktzurrung

Als Zurrmittel werden im Straßenverkehr konfektionierte Kunstfasergurte nach DIN EN 12195-2:2001, kurzgliedrige Ketten DIN EN 12195-3:2001 und seltener konfektionierte Drahtseile DIN EN 12195-4:2004 verwendet.

Bevor mit dem Sichern begonnen wird, muss man sich über die angestrebte Sicherungswirkung im Klaren sein. Anders als bei der Niederzurrung, die in der Regel einheitlich quer zum Fahrzeug verläuft und die Ladung „in alle Richtungen“ sichert, hat man es bei der Direktsicherung in der Hand, eine Richtung quer zum Fahrzeug oder die Längsrichtung nach vorn oder hinten gezielt zu bevorzugen. Dabei sind die unterschiedlichen Beschleunigungen zu berücksichtigen, aber auch die mögliche Kombination mit anderen Sicherungstechniken, wie z.B. mit formschlüssigem Stauen gegen die Stirnwand oder Verwendung von rutschhemmenden Unterlagen. Einen weiteren Einfluss auf die Sicherungsgeometrie, nicht immer zum Vorteil der Sicherung, nehmen die verfügbaren Zurrpunkte an der Ladung und die Positionen der Zurrpunkte am Fahrzeug.

Sollen schwere oder transporttechnisch sensible Ladungseinheiten gesichert werden, so ist es ratsam, eine sorgfältige Planung der Sicherung am Schreibtisch vorzunehmen. In jedem Fall aber ist das Ergebnis derartiger Vorüberlegungen rechnerisch zu überprüfen. Hinweise und Beispiele hierzu werden in Kapitel 4 dieses Handbuchs gegeben.

Die Sicherung beginnt damit, dass das obere Ende des Zurrmittels an einem geeigneten Befestigungspunkt an der Ladungseinheit befestigt, d.h. in den meisten Fällen mit dem dafür vorgesehenen Haken des Zurrmittels „eingehängt“ wird. Sind solche Befestigungspunkte nicht vorhanden oder von zweifelhafter Eignung, so gibt es noch andere Möglichkeiten der Befestigung, die weiter unten beschrieben werden. Sodann wird das untere Ende des Zurrmittels in einen der Zurrpunkte am Fahrzeug eingehängt und sogleich so weit gespannt, dass man sehen kann, ob das Zurrmittel frei und ohne schädliches „über-Eck-laufen“ Kraft aufnehmen kann. Sind alle vorgesehenen Zurrmittel gesetzt, werden sie möglichst gleichmäßig auf die erforderliche Vorspannung gebracht.

Die Rechenmodelle der anzuwendenden Richtlinien und Normen setzen für die Direktsicherung bzw. Direktzurrung stets die mit LC bezeichnete zulässige Belastung der Sicherungsmittel bzw. Zurrmittel in die Bilanzrechnungen ein. Hier gilt das alte Sprichwort: „Jede Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied“. Für ein Zurrmittel, also einen Lasching, bedeutet das, es müssen die zulässigen Belastungen für den Zurrpunkt am Fahrzeug, für den Lasching selbst und auch für den Zurrpunkt an der Ladung bekannt sein. Der kleinste dieser Werte ist der LC-Wert des jeweiligen Laschings. Nur mit diesem Wert ist die rechnerische Überprüfung der gesamten Sicherungsanordnung gemäß Richtlinien und Normen zulässig und aussagekräftig.

Die zulässige Belastung LC (lashing capacity) der Sicherungsmittel darf nicht mit der Bruchlast oder Bruchkraft verwechselt werden. Für Zurrgurtmaterial nach DIN EN 12195-2 beträgt die Mindestbruchkraft 3 LC. Der gesamte Gurt, einschließlich Spannmittel, muss im Anschluss an eine einminütige Belastungsprüfung mit 1,25 LC eine kurzfristige Belastung von 2 LC ohne Bruch überstehen. Für konfektionierte Zurrketten nach DIN EN 12195-3 und für konfektionierte Zurrdrahtseile nach DIN EN 12195-4 beträgt die Mindestbruchkraft 2 LC.

Die mindest zulässige Belastbarkeit LC von Zurrpunkten auf Nutzfahrzeugen wird in der Norm DIN EN 12640 festgelegt. Sie richtet sich nach der zulässigen Gesamtmasse des Fahrzeugs und liegt zwischen 800 und 2.000 daN. Eine Mindestbruchlast wird nicht festgelegt, dafür aber ein Typtest, der bei einer dreiminütigen Belastung von 1,25 LC keine Verformungen am Zurrpunkt oder Fahrzeug zeigen soll. Daraus kann geschlossen werden, dass die Streckgrenze des Zurrpunkts etwas oberhalb von 1,25 LC und die Bruchlast wie schon bei den Zurrmitteln bei ca. 2 LC liegt.

Damit besteht unter dem Strich eine Festigkeitsreserve von ca. 100%, die aber keinesfalls für irgendwelche Zugeständnisse in Anspruch genommen werden darf. Darauf ist in Kapitel 2.3.4 bereits eindringlich hingewiesen worden.