HACCP (Hazard Analysis and Critical Control Points)
Aufsatz von Matthias Neumeier
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Einleitung

Das HACCP-Konzept betrachtet von Lebensmitteln ausgehende Gesundheitsgefahren für Konsumenten. Mit Hilfe des Konzepts sollen die Gesundheitsgefahren identifiziert und die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bewertet werden. Dies ist die Grundlage für die Entwicklung von präventiven Maßnahmen. (1)

Neben dem HACCP-Konzept gibt es eine Vielzahl weiterer Konzepte die meist nicht parallel sondern Hand in Hand laufen wie z.B. der International Food Stand (IFS), Food Defense und die Vorgaben des British Retail Consortium Storage (BRC) genannt.

Im grenzüberschreitenden Transport von Lebensmitteln findet in den ATP-Mitgliedstaaten das Beförderungsabkommen ATP (frz.: Accord relatif aux transports internationaux de denrées périssables et aux engins spéciaux à utilisier pour ces transports, dt.: Übereinkommen über internationale Beförderungen leichtverderblicher Lebensmittel) Anwendung.

Des Weiteren gelten in der Europäischen Union die einschlägigen Normen und Regeln sowie die nationalen Gesetzgebungen.

Nachfolgend soll aber nur das HACCP-Konzept im weiteren Sinn betrachtet werden.

Die Lebensmittelhygiene im Allgemeinen und das HACCP-Konzept ziehen sich über den gesamten Lebenszyklus der einzelnen Produkte, d.h. von der Ernte oder Aufzucht über den Verarbeitungs-/ Veredelungsprozess bis hin zur Auslieferung und Bereitstellung an den Endverbraucher. Hier muss deutlich erwähnt werden, dass unter Endverbraucher nicht nur der Konsument an der Supermarkttheke sondern auch der Gast einer Betriebskantine oder eines Restaurants zu verstehen ist.


Geschichte

Das HACCP-Konzept wurde im Jahr 1959 entwickelt, als der amerikanische Konzern The Pillsbury Company von der Raumfahrtbehörde NASA beauftragt wurde, eine weltraumgeeignete Astronautennahrung herzustellen, die hundertprozentig sicher sein sollte. Pillsbury wandte die 1949 vom US-Militär für tech-nische Anwendungen geschaffene FMEA-Methodik (Fehler-Möglichkeits-und Einfluss-Analyse) auf die Lebensmittelindustrie an und entwickelte dieses Präventivkonzept gemeinsam mit der NASA weiter. 1971 wurde es in den USA als HACCP-Konzept veröffentlicht. 1985 empfahl die US-amerikanische National Academy of Sciences, das Konzept anzuwenden. Daraufhin wurde es weltweit erprobt und weiterentwickelt. Der von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO (FAO) herausgegebene Codex Alimentarius empfiehlt seit 1993 ebenfalls die Anwendung des HACCP-Konzeptes.(2)

Hygienevorschriften

  1. Aufbau und Umsetzung einer „Guten Hygienepraxis“
  2. Aufbau und Umsetzung eines Eigenkontrollsystems auf HACCP-Basis
  3. Jährliche Temperaturschreiberprüfungen gem. EN 13486
  4. Dokumentierte Nachweise (3)

Zunächst wollen wir die Frage klären was unter einer „Guten Hygienepraxis“ zu verstehen ist.

Aufgrund der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln vom Supermarktregal bis zum Erzeuger, z.B. einem landwirtschaftlichen Betrieb, ist es ein weiter Weg, der dokumentiert und nachvollziehbar sein muss. Lebensmittel müssen richtig verarbeitet, gelagert, transportiert und präsentiert werden. Um etwaigen Gefahren, z.B. durch Verunreinigungen, Unterbrechung der Kühlkette, Kontamination und Schädigungen vorzubeugen ist es erforderlich, dass alle Hygienevorschriften eingehalten werden. Der Transport der Nahrungsmittel ist ein essentieller Bestandteil in der Wertschöpfungskette.

Die gute Hygienepraxis innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette umfasst wesentlich mehr als die bloße Fokussierung auf Reinigung und Desinfektion (4) von Arbeits- und Hilfsmitteln in der Produktion.

Hygiene beschäftigt sich als Teilgebiet der medizinischen Wissenschaft mit der Thematik, durch gezielte Vorbeugemaßnahmen Krankheiten zu verhindern und das Wohlbefinden der Menschen zu erhalten bzw. zu steigern. Unter Hygiene ist zu verstehen, dass alle Vorkehrungen getroffen werden, um sicherzustellen, dass unbedenkliche und sichere Lebensmittel produziert werden. Der Transportprozess ist als elementarer Bestandteil des Produktionsprozesses anzusehen.

Um die durchgehende Hygiene zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass alle Beteiligten der Lieferkette ein schlüssiges Hygienekonzept entwickelt und implementiert haben. Bildlich kann von einem „Haus der Hygiene“ gesprochen werden. (5)

Das Fundament dieses Hauses bilden die räumlichen und technischen Voraussetzungen für die Transport- bzw. Speditionsunternehmen. Die transportierten Güter werden oftmals von Logistikdienstleistern zwischengelagert bevor sie zum Kunden verbracht werden, was zur Folge hat, dass das Augenmerk auf die Ausstattung und den Zustand der Lagerräume, der Einrichtung und der Geräte sowie der Transportfahrzeuge gerichtet werden muss. Prozesse sind so zu steuern und zu kontrollieren, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden. Dies bringt uns – wieder bildlich gesprochen – in das Erdgeschoß des Hauses der Hygiene. Hier ist darauf zu achten,

  • dass die Klima- und Temperaturbedingungen den Produkten entsprechend eingehalten werden,
  • dass regelmäßige Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durchgeführt werden, wozu auch die Schädlingsbekämpfung gehört.

Weiterhin ist die Personalhygiene im Produktions-, Be- und Verarbeitungsprozess und auch beim Transport ein wichtiger Bestandteil. In diesem Zusammenhang muss zwingend beachtet werden, dass sich das Tätigkeitsfeld des Kraftfahrers dahingehend verändert hat, dass dieser nicht mehr nur die Ware von A nach B chauffiert, sondern in den Aufträgen auch sehr oft die Be- und Entladung und teilweise sogar die Einlagerung der Ware im Lager der Empfänger vereinbart ist und dies durch den Fahrer zu erfolgen hat. Leider ist diese Tatsache so manchem Fahrer nicht bewusst, oder sie wird verdrängt. Dass dies ein Resultat einer möglicherweise fehlerhaften oder auch so gewollten Disposition und dadurch bedingter wochenlanger Touren sein kann, die zu einem Leben im LKW führen, soll nicht bestritten, aber auch nicht weiter ausgeführt werden. In diesem Zusammenhang ist es oftmals verwunderlich, dass die Eigentümer der Transportunternehmen oft nicht lenkend eingreifen, obwohl in den Fachaufträgen ein HACCP-Konzept gefordert wird. In Großbritannien hingegen ist es nicht unüblich, dass das Fahrpersonal mit Firmenuniformen ausgestattet wird. Diese Maßnahme dient mit Sicherheit nicht nur der Corporate Identity, sondern trägt auch zum Hygienebewusstsein bei.

Neben dem äußeren Erscheinungsbild des Fahrpersonals ist es erforderlich, dass der Fahrer die ihn betreffend kritischen Punkte im HACCP-Konzept abarbeitet und, dass auch das Fahrzeug (Auflieger) dem notwendigen Standard entspricht. Beispielsweise können folgende Anforderungen an einem Kühlauflieger bestehen:

  • gültiges ATP-Zertifikat (falls erforderlich)
  • sauber und frei von Gerüchen
  • Fugen und Kanten müssen keim- und schimmelfrei sein
  • Kühlmaschine muss einwandfrei funktionieren

Sauberkeit bezieht sich auf den kompletten Auflieger. Beispielsweise darf beim Transport von hängendem Fleisch das Fleisch nicht mit den Wänden in Berührung kommen, dennoch wird ein Auflieger wohl nicht beladen werden wenn die Wände schmutzig sind. Ferner ist ein nach Reinigungsmittel riechender Auflieger zwar sauber aber nicht frei von Gerüchen. Daher ist er für den Transport von Lebensmitteln nicht zwingend geeignet. Denn es besteht die Möglichkeit, dass Duftstoffe auf das Ladegut übergehen.

Die Anforderungen „Sauberkeit“ und „frei von Gerüchen“ gelten auch für Planenfahrzeuge mit denen Lebensmittel transportiert werden. Selbstverständlich sollten Plane, Ladebordwand etc. keine Beschädigungen aufweisen.

Bei der Übernahme der Ware sollte der Fahrer auf folgendes achten:

  • Vorkühlung des Transportfahrzeugs
  • Gewährleistung der Luftzirkulation im Auflieger (besonders zu beachten, bei Fahrzeugen mit Doppelstockbalken, Doppelbeladung und hohem Transportgut)
  • Produkttemperaturen bei der Übernahme der Ware
  • Prüfung der geforderten Transporttemperaturen (schlüssig und zum Ladegut passend)

Mögliche Maßnahmen während des Transports:

  • Regelmäßige Kontrolle der Temperaturanzeigen am Auflieger
  • Wahl des richtigen Parkplatz (Mittagssonne im Hochsommer vermeiden)

Hinweise für die Entladung:

  • Möglichst lange die Türen des Aufliegers geschlossen halten
  • Messung der Temperaturen durch Fahrer und Empfänger
  • Ordnungsgemäße Ablieferung bestätigen lassen

Wie die obigen Ausführungen zeigen, sind temperaturgeführte Transporte ein komplexes Thema und weit mehr als die Verbringung von Waren von einem Ort zu anderen.

Schlussbemerkung/Zusammenfassung

Ein schlüssiges HACCP-Konzept erfordert:

  • die im Verantwortungsbereich eines Unternehmens vorhandenen Gefahren für die Sicherheit der Lebensmittel zu analysieren,
  • die für die Sicherheit der Lebensmittel kritischen Tatbestände ( „kritische Punkte“ ) zu ermitteln,
  • „Eingreifgrenzen“ für die kritischen Lenkungspunkte festzulegen,
  • Verfahren zur fortlaufenden Überwachung der kritischen Punkte einzuführen,
  • Korrekturmaßnahmen für den Fall von Abweichungen von Vorschriften festzulegen,
  • zu überprüfen, ob das System zur Sicherstellung der Lebensmittelsicherheit im Sinne der HACCP- Richtlinien geeignet ist, und
  • alle Maßnahmen zu dokumentieren. (6)

Im deutschen Recht wurde das HACCP-Konzept erstmals mit der Lebensmittelhygieneverordnung von 1998 verankert. Die EG-Verordnung 852/2004 sieht ebenfalls die Anwendung des HACCP-Konzeptes in allen Unternehmen, die mit der Produktion, der Verarbeitung und dem Vertrieb von Lebensmitteln beschäftigt sind, verpflichtend vor. Am 1 Januar 2006 trat das 2004 angenommene Hygienepaket der EU in Kraft. Hierin wird verordnet, dass nur noch Lebensmittel, die die HACCP-Richtlinien erfüllen, in der Union gehandelt und in die Union eingeführt werden dürfen.

Schon zuvor mussten alle Unternehmen, die Lebensmittel herstellen oder mit Lebensmitteln in irgendeiner Weise umgehen, ein HACCP-Konzept haben. Seit 2006 muss es in einer dokumentierten Version vorliegen. Bei großen Unternehmen mit vielen Gefahren und hohem Risikopotential sind ausführliche Aufzeichnungen vorgeschrieben, bei kleinen Unternehmen genügen Reinigungspläne, Verifizierungsnachweise oder Personalanweisungen. (7)



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