Foto des Monats – Mai 2020 |
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Der Domino-Effekt
Abbildung 1 [Michael Eiling]
Wir geben zu, dass der Titel ein bisschen hinkt, aber dieses Bild erinnert doch sehr an den allseits bekannten Dominoeffekt. Was ist passiert? Auf der Abb.01 ist schon zu sehen, dass eine Betonladung, den Schleifspuren nach zu urteilen, schon ein kräftiges Stück nach vorne gerutscht ist. Um genau zu sein zwei Meter. Die Betonklötze, die so ein bisschen an Lego-Steine erinnern, haben eine Masse von je 2t und sie sind zu zwölft. Also eine Gesamtladung von 24t. Aus Gründen der Lastverteilung stand die Ladung etwas verteilt auf der Ladefläche.
Abbildung 2 [Michael Eiling]
Ladelücken bestanden zwischen den Betonklötzen zu allen Seiten. Seitlich, wie nach vorne und hinten, war offensichtlich viel Luft.
Abbildung 3 [Michael Eiling]
Die Ladelücken nach vorne wurden sehr eindrucksvoll geschlossen. Alle Mann haben sich in Bewegung gesetzt. Der erste ist an der Stirnwand angekommen und die Kollegen sind hinterhergerutscht. So ein bisschen wie bei Dominosteinen…
Das muss ziemlich gekracht haben, denn die Betonklötze weisen erhebliche Abplatzungen auf. Auch lässt dieses Bild vermuten, dass die Stirnwand nicht mehr so ganz in Takt ist.
Abbildung 4 [Michael Eiling]
Und richtig, es hat ordentlich gekracht und das wahrscheinlich sechs mal. Einmal für jedes Klötzchenpaar. Die Ladung ist in die Stirnwand eingedrungen und hat sie nachhaltig verformt. Das Bild erinnert, mit etwas Phantasie, an die Eroberung einer mittelalterlichen belagerten Stadt, in die sich feindliche Truppen mittels eines Rammbocks Zutritt verschaffen wollten. Sodann mit Erfolg. Die Code XL-Stirnwand konnte der heranrutschenden Ladung nicht genug entgegensetzen. Sie riss ab, verformte sich erheblich, sodass das Fahrzeug nicht mehr zu lenken war. Die Abplatzungen an der Ladung lassen vermuten wie heftig es dort zugegangen sein muss.
Abbildung 5 [Michael Eiling]
Auf der in Fahrtrichtung rechten Seite sieht es aus wie in einem Steinbruch. Ironischer Weise liegen unter manch einem Ladungsbruchstück noch aufgerollte Gurte (klar zum Einsatz). Aber hier ist man mit dem gefestigten physikalischen Wissen zu Werke gegangen, dass die Ladung so schwer ist, dass sie nicht verrutschen kann. Wie man sieht, wurde eindrucksvoll das Gegenteil bewiesen. (Je schwerer desto kracht es).
Abbildung 6 [Michael Eiling]
Die Abb. 6 zeigt wie intensiv die Verformungen der Stirnwand waren. Der Grund für die Beschleunigung ist nicht überliefert, aber es war definitiv kein Unfall, sondern nur eine, wie auch immer geartete Bremsung.
Abbildung 7 [Michael Eiling]
Die Ladungssicherung könnte für dieses Jahr die goldene Zitrone gewinnen!! 24t Betonklötze paarweise mit Ladelücken geladen mit sechs Niederzurrungen „gesichert“. Da bleibt einem doch die Spucke weg!!
Was denkt der Fahrer sich dabei und noch viel schlimmer: Was geht bitte in den Verladern vor, die ein Sattelkraftfahrzeug so beladen, sooo (un)sichern und dann vom Hof fahren lassen. Verantwortungslos ist da noch mehr als geschmeichelt.
Wir fassen nochmal zusammen:
- 12 Betonklötze à 2t
- Paarweise geladen, also 4t nebeneinander
- Zwischen der Ladung Ladelücken (zu allen Seiten)
- RH-Material?…Fehlanzeige
- Sicherungsmaßnahmen: Sechs Niederzurrungen auf der gesamten Ladung versteht sich.
- Schutz der Gurte vor dem abrasiven Beton? Leider auch nicht vorhanden!!
Niederzurrungen bei so großen Massen, sind ohne RH-Material verschwendete Arbeitskraft und Materialeinsatz (geht gar nicht).
Niederzurrungen mit Ladelücken in der Mittelgasse (zwischen den Ladungsteilen in Längsrichtung) sind wirkungslos, da die Ladung im Belastungsfall zusammenrutscht und die Vorspannung damit hinfällig ist.
Da diese Ladung über Ausstülpungen auf der Oberseite verfügt (wie Lego-Steine) hat die Ladung die Gurte ein Stück weit mitgenommen. Dadurch wurde die Vorspannung sicher erhöht, aber durch die scharfen Kanten wurden die Gurte entweder stark beschädigt (siehe Abb. 7) oder sie sind gleich ganz durchgerissen.
Gut nur, dass die Ladung auch ordentlich gelitten hat, so bekommt der Verlader wenigstens auch Wind von seiner verantwortungslosen, an Ignoranz grenzende, Fehlleistung.
Ladungssicherung:
Wenn denn die Niederzurrung eingesetzt werden soll, dann bitte mit RH-Material. Betonklötze mittig formschlüssig nebeneinander laden und mit drei Niederzurrungen sichern.
(µ =0,6; Rest 0,2 mal 4.000 daN ergibt eine Restsicherungskraft von 800 daN pro Ladungspaar; 300 daN Vorspannung, Winkel außer Acht gelassen und die Reibungsverluste an den eingesetzten Gleitkanten auch, macht eine Sicherungskraft pro Gurt von 360 daN, ergo brauchen wir pro Ladungspaar min. drei Niederzurrungen). Das macht 18 intelligent angebrachte und eingesetzt Ladungssicherungsmittel mit Akkuratesse und Verantwortungsbewusstsein.
Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen einen wonnigen Mai und natürlich allzeit ladungssichere Fahrt.
Mein Vorschlag, über den wir noch sprechen sollten…..
Ladungssicherung:
Diese Ladung ist einfach mit Niederzurrungen zu sichern.
Bevor das Fahrzeug beladen wird, muss die Ladefläche besenrein gesäubert werden. Rutschhemmendes Material muss untergelegt werden. Dann sollten immer zwei Betonklötze mittig direkt aneinander stehen. Wenn dies ladungstechnisch nicht möglich ist, dann die Lücken ausfüllen, z.B mit Kanthölzern, Paletten oder auch mit speziellen Abstandshaltern.
Auch die Lastverteilung darf nicht aus den Augen verloren werden, damit das Fahrzeug nicht einseitig (rechts, links, vorne, hinten) überlastet wird.
Wir berechnen nun immer die Sicherung für zwei nebeneinanderstehende Klötze:
Masse: 4.000 kg
Reibbeiwert: μ = 0,6
STF der Zurrmittel: 300 daN (angenommen, da nicht bekannt)
Grobe Rechnung:
80 % muss ich an Sicherungskraft aufbringen (= 3.200 daN)
60% habe ich durch Reibungserhöhung mit RH-Material erbracht (=2.400 daN)
20% müssen noch an Sicherungskraft aufgebracht werden (= 800 daN)
Winkel werden hierbei nicht berücksichtigt.
Es werden drei Zurrmittel verwendet. Eingebrachte Vorspannkraft ergibt 900 daN, die auf beiden Seiten (Kantengleiter /-schützer verwenden) wirken, also insgesamt 1.800 daN. Unter Berücksichtigung der Reibung (1.800 x 0,6) verbleiben als Sicherungskraft 1.080 daN. Damit ist eine ausreichende Sicherung der Ladung in alle Richtungen gegeben.
Rechnung nach DIN EN 12195-1:2010
C: 0,8 (erforderliche Sicherung in Fahrtrichtung)
FG: 3.924 daN (Masse x Erdbeschleunigung)
µ: 0,6 (Reibbeiwert)
FT: 300 (Vorspannkraft STF der Zurrmittel)
sin &alptha;: 0,90 (bei einem Zurrwinkel von 65&grad;)
fS: 1,25 (Sicherungsbeiwert in Fahrtrichtung)
Berechnung der Anzahl der erforderlichen Zurrgurte:
Formel:
Auch nach dieser Rechnung kommen wir auf gerade noch drei Zurrmittel.
Um auf der sicheren Seite zu sein sollten dort, wo eine Niederzurrung von schwereren Gütern durchgeführt wird Gurte mit Langhebelratschen verwendet werden. Diese erreichen eine wesentlich höhere Vorspannkraft, als 300 daN.
Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen einen wonnigen Mai, soweit das möglich ist und natürlich allzeit ladungssichere Fahrt.
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