Foto des Monats – Dezember 2017 |
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Torpedos klar zum Fächerschuss
23,4 t Stahlrohre zum Teil „genestet“. Genestete Rohre nennt man die Rohre, die aus Gründen der Platzersparnis zusammengesteckt verladen wurden. Diese Verladeart ist nur in sehr engen Grenzen sinnvoll. Diese sind:
- Die Rohre sind alle gleich lang oder
- die innenliegenden Rohre schauen jeweils ein Stück aus dem äußeren Rohr nach hinten heraus und
- die Rohre können in die Bewegungsrichtung nach vorne alle zu 100 % formschlüssig gesichert werden.
- die inneren Rohre werden durch Sandsäcke oder der Gleichen am Hin- und Her-Rollen gehindert um die Dynamik aus dieser Verladung zu nehmen.
Nur in diesen sehr engen Grenzen ist ein ineinandergesteckter Transport überhaupt möglich. Ansonsten ist keine Ladungssicherung der inneren Rohre möglich und damit darf auch so ein Transport nicht durchgeführt werden.
Abbildung 1 [Florian Huber]
Bei diesem Transport wurde in der Tat kaum ein Fehler, den man bei einer derartigen Verladung begehen kann, ausgelassen. Dem ein oder anderen mag dieses Bild als durchaus vernünftig vorkommen – immerhin sind Zwischenstücke mit Rohrkeilen gelegt und Niederzurrungen sind ebenfalls erkennbar. Kaum schaut man sich das Bild näher an, ist schon beim vorderen oberen rechten Rohr zu erkennen, dass 3 Rohre ineinandergesteckt wurden und wenn man sich das Bild sehr genau anschaut, bemerkt man, dass der obere rechte „Rohrdrilling“ schon ein wenig schief auf seinem Kollegen liegt. Der hintere Teil des Rohres ist eher nach innen geneigt, wobei der vordere Teil schon etwas nach rechts außen tendiert.
Abbildung 2 [Florian Huber]
Auf der Abb. 2 ist das Ausmaß der Nestelung voll und ganz zu sehen. Hier bekommen wir auch die Auflösung des Rätsels, warum das obere rechte Rohr bzw. der obere rechte Rohrdrilling schon ein wenig schief daherkommt näher. Die hintere „Rohrspange“ ist gebrochen und das Rohr ist schon zwischen die unteren Rohrzwillinge hineingerutscht. Durch diese Bewegung ist der vordere Teil ein wenig auf die rechte Fahrzeugseite gedreht worden. Wir sehen in den genesteten Rohren Holzkeile, die das Hin- und Herrollen der Ladung in der Ladung verhindern sollen. Eine Dynamik, die für einen sicheren Transport vollkommen inakzeptabel ist. Des Weiteren sehen wir Wasser auf der Ladefläche ablaufen, welches von schmelzendem Schnee rührt. Auf einigen anderen Fotos ist auch in den ineinandergesteckten Rohren Schnee in erheblichem Maße zu entdecken. D. h. also im Klartext, dass hier Rohre ineinandergesteckt wurden mit deutlichen Schneeanhaftungen. Wie sich Schnee ggf. auf den Reibbeiwert auswirken kann, erahnt jeder, der sich schon mal mit einem Schlitten mit Stahlkufen winterlichen Vergnügungen hingegeben hat. Zu diesem Thema mehr, wenn wir die Sicherungsart besprechen.
Abbildung 3 [Florian Huber]
Die Katastrophe scheint aber noch nicht perfekt zu sein. Nein, diese Verladung toppt fast alles von dem was wir jemals vorher gesehen haben. Die Rohrgruppen, die in der zweiten Lage geladen waren, liegen mit einem Abstand von über 60 cm zur Stirnwand. Hierdurch ist sichergestellt, dass, wenn die Ladung verrutscht, sie auch genügend Bewegungsenergie aufnehmen kann, um die Stirnwand und ggf. das Führerhaus zu durchstoßen. Wie solche Unfälle ausgehen können, ist auf dem Bild vom Februar 2003 sehr gut zu erkennen. Auch hier waren genestete Rohre im Spiel. Rohre, die offensichtlich ähnlich „gut“ gesichert waren wie diese hier.
Abbildung 4 [Florian Huber]
Wer ein wenig Gefühl für die Massen hat, um die es hier bei dieser Verladung geht, hat schon bei der Abb. 1 ggf. gemutmaßt, dass die Rohrspangen (Zwischenleger mit Rohrkeilen) ein wenig dürftig dimensioniert waren. Der Beweis wurde bei dieser Verladung gleich mehrfach angetreten. Wahrscheinlich ist dieses Holz schon beim Aufsetzen der Rohre gebrochen oder zumindest angeknackst worden. Sehr schön zu sehen ist auch noch der Restschnee, der auf dem Holz und dem Stahl liegt und ggf. die Reibung zumindest nicht positiv beeinflusst.
Abbildung 5 [Florian Huber]
Die Abb. 5 zeigt, was unweigerlich passieren musste. Die Rohrkeile hatten natürlich genug Platz und konnten den Rohren keinen Halt mehr bieten. Ganz nebenbei sei erwähnt, dass dieser Rohrkeil auch noch falsch geschnitten wurde aber auf so kleine „Schönheitsfehler“ wollten wir hier gar nicht eingehen. Nichtsdestotrotz fügen wir an dieser Stelle das Sägemuster für Rohr- und für Kistenkeile nochmal ein, in der Hoffnung, dass es genügend Menschen auf dieser Welt gibt, die ihren Job vorwiegend professionell und gut erledigen wollen.
Ladungssicherungskeile werden in drei Kategorien unterschieden:
- Rohrkeile zum Festlegen zylindrischer Ladung
- Kistenkeile zum Festlegen rechteckiger Ladung
- Treibkeile zum Ausfüllen von Lücken.
Keile müssen so eingesetzt werden, dass in die Faserseite (3), genagelt werden kann. Nageln in die Hirnseite (1 oder 2) kann zur Rißbildung beim Einschlagen der Nägel oder durch Transportstöße führen. Der Ausziehwiderstand von Nägeln in Hirnholz ist erfahrungsgemäß halb so groß wie in der Faserseite. Rohrkeile werden an zylindrische oder runde Güter angelegt, wie z.B. an Fahrzeugräder, Rohre, Rollen usw.
Skizze [GDV]
Abbildung 6 [Florian Huber]
Wir wollen nicht weiter ausführen, an was ggf. alles bei dieser Ladungssicherung nicht gedacht wurde. Immerhin hat man 4 Niederzurrungen mit Gurten verwandt, die laut Anhänger an den Ratschen immerhin 750 daN an Vorspannung aufbringen sollten. Drei dieser Gurte weisen Beschädigungen auf, die vielleicht noch nicht zu 100 % die Ablegereife erreicht haben, aber ganz knapp davor sind. Diese nicht vorhandene Sorgfalt passt hervorragend in das katastrophale Gesamtbild. Von der Reibung von Stahl auf Holz und Stahl auf Stahl mit Schneeanhaftungen wollen wir weiter besser gar nicht reden. Diese Sicherung war die reinste Katastrophe!
Abbildung 7 [Florian Huber]
Folgerichtig zeigt die Abb. 7 ebenfalls einen Gurt mit erheblichen Gebrauchsspuren und auf dem Stahl ist sehr gut zu erkennen, dass sich die Rohre schon kräftig bewegt haben. Da offensichtlich alle Bilder von der rechten Fahrzeugseite gemacht wurden, ist dieses Rohr, warum auch immer, ein Stück weit nach hinten gerutscht. Ein weiterer Beweis dafür, dass die Ladungssicherung nach hinten nicht vergebens und schon gar nicht für umsonst zu haben ist.
Wie ist eine derartige Ladung sicher zu verladen?
Sollen die Rohre tatsächlich genestet, d. h. also ineinandergesteckt transportiert werden, muss die gesamte Ladungssicherung durch eine Stirnwand bzw. eine verstärkte Stirnwand sichergestellt werden können. Auch wenn die äußeren Rohre auf RH-Material verladen werden, können die inneren Rohre von dieser Reibung nicht profitieren, d. h. hier muss sehr differenziert mit der Reibung umgegangen werden. Im Klartext bedeutet das, dass die vier äußeren Rohre mit einer Reibung berechnet werden können, die aufgrund des RH-Materials ggf. auf 0,6 μ gesetzt werden kann, die inneren Rohre aber eher Stahl auf Stahl, und der ist bei rostigen Rohren allerhöchstens bei 0,3 anzusehen. Wie man verantwortungsvoll beschneite Rohre ineinandergesteckt verladen will, entzieht sich unserer Vorstellungskraft.
Die Rohre müssen gleich lang sein und vorne plan anstehen, so dass sie an einer künstlich verstärkten Stirnwand oder einer massiven Balkenkonstruktion die ggf. mit Gurten, Ketten oder Drähten unterstützt wird, direkt gehalten werden können. Dass die Rohrspangen hier viel zu leicht dimensioniert waren, dürfte jedem spätestens nach der Abb. 4 einleuchten. Es gibt klare Vorgaben, wieviel Druck Weichhölzer, wie die hier verwendete Fichte oder Kiefer vertragen können. Dementsprechend müssen sie dimensioniert werden. Um ein wenig Positives an dieser Stelle über diese Verladung zu sagen: Es ist aufgefallen, dass die Rohrspangen immerhin aus bohlenformatigen Hölzern hergestellt waren. Ein weiterer Fehler könnte ja sein, bei dickeren Hölzern auf quadratische Querschnitte zu verfallen, was ebenfalls das Verrollen in Längsrichtung begünstigen würde. Werden die Rohre ineinandergesteckt verladen, muss auch nach hinten eine wirkungsvolle Direktsicherung jegliche Bewegung entsprechend verhindern. Das geht nur, wenn die Rohre alle gleich lang sind oder jedes ineinandergesteckte Rohr nach hinten ein Stück weiter herausschaut, damit man es tatsächlich durch eine Direktsicherung oder Formschluss aufwändig sichern kann. Des Weiteren beschleicht uns immer ein ungutes Gefühl, wenn derartige Ladungen nur mit Niederzurrungen gesichert werden, wo doch Umspannungen wenig mehr Arbeit machen, einen durchaus ähnlichen Niederzurr-Effekt erzielen und zumindest zur seitlichen Sicherung und zur Entlastung der Rohrkeile und Rohrspangen einen erheblichen Sicherheitsgewinn quasi kostenlos mitliefern.
Unsere Empfehlung ist natürlich, diese Rohre einzeln zu sichern mit belastungsfähigen Rohrspangen, reibungserhöhenden Zwischenlagen, Umspannungen für die Unterstützung der seitlichen Sicherung und möglichst einer Direktsicherung, die die Rohre an der Bewegungsrichtung nach vorne und nach hinten hindert.
Wer sich das Bild des Monats vom Februar 2003 anschaut, weiß, welche Gefahren in solcher Ladung schlummern.
Die Ladungssicherungskolumnisten wünschen allzeit eine sichere Fahrt und ein frohes Fest!
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