Foto des Monats – Dezember 2009
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Faites vos jeux! (Machen Sie Ihr Spiel) – Die Würfel sind gefallen bzw. die Karten


Hier sind es Betonplatten, die wie ein Kartenspiel, dem man einen Schubs gegeben hat, von der Ladefläche gerutscht sind. Die folgenden Bilder zeigen, was unzureichend gesicherte Betonplatten mit einem Pkw anstellen können:




Abbildung 1 [Guido Mindermann]




Abbildung 2 [Guido Mindermann]


Der Lkw hatte mehrere Lagen von Betonplatten auf einer offenen Pritsche geladen und durch Niederzurrungen gesichert. Nach den Schadenbildern zu urteilen, könnte sich der Unfall wie folgt ereignet haben: Vor einer Kreuzung rutschten die Betonplatten aufgrund einer verkehrsbedingten Bremsung seitlich nach rechts von der Ladefläche und beschädigen hierbei einen parkenden Pkw. Der Pkw erlitt dabei einen Totalschaden.




Abbildung 3 [Guido Mindermann]




Abbildung 4 [Guido Mindermann]




Abbildung 5 [Guido Mindermann]


Die Bilder wurden während der Aufräumarbeiten gemacht, der genaue Unfallhergang lässt sich daher nur bedingt rekonstruieren.

Die beiden Filigrandeckenstapel sind als geschlossene Stapel nach vorne rechts vom Fahrzeug gerutscht. Das weist zum einen auf die Bremsung hin, und zum anderen auf entweder eine leichte Lenkbewegung nach links oder auf eine rechtsseitig abschüssige Fahrbahn. Die Filigrandeckenstapel sind "en Block" verrutscht und vom Fahrzeug heruntergerutscht, dies weist auf eine höhere Reibung im Stapel als zwischen dem Stapel und der Ladefläche hin.

Die Tatsache, dass auf der Ladefläche RH-Material zu sehen ist, das durch seine schräge Lage verrät, dass es ein Stück mitgerutscht ist, fordert den geneigten Betrachter heraus (Abbildung 1). Predigen wir doch ohne Unterlass, insbesondere in dieser Kolumne, dass die Reibung der Anfang und das Ende aller Ladungssicherung ist.

Nun ist es mit der Reibung und der gezielten Manipulation der Reibung so eine Sache. RH-Materialien müssen so unter die Ladung gelegt werden, dass sie in der Lage sind, die Ladung reibungstechnisch vollkommen von der Ladefläche zu trennen. Dies gilt für alle Zustände während des Transportes.

Auch unter den RH-Materialien darf kein Schmutz wie z. B. Betonabrieb, Sand, Kieselsteinchen etc. liegen, da hierdurch die gute Reibbeziehung Ladung – RH-Material – Ladefläche nachhaltig gestört wird. Vielmehr wird durch das Vorhandensein dieser Materialien dem Reibungsystem teilweise oder ganz eine "neue Materialpaarung" hinzugefügt, dessen Reibungskoeffizient nicht zu bestimmen ist. Des Weiteren muss das RH-Material "dick" (Stärken: 8 mm sind gut, 10 mm sind besser) genug sein, um die Unebenheiten der Ladefläche, auch wenn diese sich verwindet, ausgleichen zu können. Darüberhinaus muss sichergestellt sein, dass die Scherfestigkeit und der angegebene RH-Wert auch bei der vorliegenden Flächenpressung zur Verfügung stehen.

Eine Vermutung:

Schaut man auf die Ladefläche, sieht man die RH-Mattenstreifen. Sie sind verrutscht, haben aber nur einen kleinen Teil des Weges der Ladung mitgemacht. Ihre Länge lässt vermuten, dass sie nur teilweise unter den Vierkantrohren lagen, denn sie sind kürzer als die Fahrzeugbreite. Deutlich sind auf der Ladefläche die Metalloberflächen zu erkennen (gelbe Pfeile):




Abbildung 6 [Guido Mindermann]




Abbildung 7 [Guido Mindermann]




Abbildung 8 [Guido Mindermann]


Die Betonplatten lagen auf Vierkantrohren mit quadratischem Querschnitt. Quadratische Querschnitte neigen beim Verrutschen von Ladungen zum Verrollen. Als reibungserhöhende Zwischenlagen wurde Brettholz zwischen die Betonladung und den Vierkantrohren gelegt. Die Tatsache, dass diese nicht verrollt sind, lässt vermuten, dass eine deutlich geringere Reibung zwischen Vierkantrohren und Ladefläche als zwischen Rohr und Holzbrett / Betonladung geherrscht haben muss. Diese Annahme lässt den Schluss zu, dass die Rohre weitestgehend Kontakt zu den Metalloberflächen der Ladefläche gehabt haben und somit eine sehr geringe Reibung. Die Niederzurrungen sind noch mit der Ladung ein Stück weit mitgerutscht, bevor sie gebrochen sind. Während des Rutschvorganges hat sich die Vorspannung wahrscheinlich noch erheblich erhöht und so zur Stabilisierung der Stapel beigetragen. Die Tatsache, dass die Vierkantrohre auch beim herunterrutschen nicht verrollt sind, lässt ein Gefühl dafür entstehen, welche Bedeutung die Reibung im Kräftespiel der Ladungssicherung hat.

Die Stirnwand hatte der kinetischen Energie der heranrutschenden Betonplattenstapel nicht viel entgegenzusetzen:




Abbildung 9 [Guido Mindermann]


Eine formschlüssige Verladung ist auch bei einer derartigen Blockbeladung nur dann sinnvoll, wenn eine belastbare Stirnwand zur Verfügung steht. Aus Gründen der Lastverteilung ist es sinnvoll, derartigen Ladungen z. B. durch Mittelrungen formschlüssig zu sichern. In wieweit der offensichtlich korrodierte Auflieger noch seinen bestimmungsgemäßen Dienst versehen konnte, soll hier nicht weiter thematisiert werden.

Als Ladungssicherungsmaßnahme wurden die Betonplatten mit Spanngurten durch Niederzurrungen gesichert. Die Spanngurte waren, wie die folgenden Bilder zeigen, durch die scharfen Kanten der Betonplatten "abgeschnitten" oder vollkommen zerfasert worden. Zu allem Überfluss wurden sie anscheinend auch noch ohne jeglichen Kantenschutz eingesetzt:




Abbildung 10 [Guido Mindermann]




Abbildung 11 [Guido Mindermann]


Wer seine Gurte nicht vor scharfen und abrasiven Kanten schützt, führt seine eigene Ladungssicherungsarbeit ad absurdum. Zum einen wird gesichert, zum anderen aber auch durch die scharfen Kanten sichergestellt, dass die Sicherung im Belastungsfall nicht viel halten kann! Schade!!!




Abbildung 12 [Guido Mindermann]




Abbildung 13 [Guido Mindermann]


Was ist bei dieser Art von Ladung zu beachten?

Das Fahrzeug und die Ladungssicherungsmittel müssen in technisch einwandfreiem Zustand sein.

Die transportierten Filigrandeckenstapel waren mit Holzbrettern voneinander getrennt worden. Diese Materialpaarung hat einen Reibungskoeffizienten μ = 0,4. Möchte man höhere Reibbeiwerte erreichen, dann sind sogenannte Sandwich-Elemente aus Kanthölzern mit rechteckigen Querschnitt, die nicht verrollen können, zu empfehlen. Diese Elemente sind, wie ein Sandwich mit Brot, von beiden Seiten mit RH-Material belegt oder beklebt. Durch derartige Maßnahmen lässt sich der Reibbeiwert auf μ = 0,6 anheben.

Die Sicherung kann mit Niederzurrungen oder Direktzurrungen erfolgen. Doch Vorsicht, die Ladung hat Überbreite. Auf der Abbildung 1 ist dieser Umstand unschwer zu erkennen. Durch die Überbreite entstehen bei der Niederzurrung Winkel, die die Effektivität der Sicherungsmaßnahme beinträchtigen. Bei der Umspannung werden sich automatisch unechte Umspannungen ergeben. Diese Skizze (Abb. 13) verdeutlicht das Problem. Die Wirksamkeit von Niederzurrungen wird durch den entstandenen Zurrwinkel reduziert (Ansicht in Längsrichtung des Fahrzeugs):




Abbildung 14


Ist wie in der Skizze oben (Abbildung 14) der Zurrwinkel α = 30°, wird die Wirkung der Niederzurrung die Hälfte reduziert!

Verwendet man Umspannungen, so ergeben sich zwangsläufig sog. "unechte Umspannungen". Als unechte Umspannungen werden solche Umspannungen bezeichnet, bei denen durch eine Ladungsbreite > Fahrzeugbreite die Ladung in der Umspannung eine gewisse "Bewegungsfreiheit" hat, bis sie den Punkt durch Verrutschen erreicht, an dem die Ladung wieder formschlüssig vom LS-Mittel gehalten wird. Dies wird durch diese Skizze verdeutlicht:




Abbildung 15


Die Skizze (Abbildung 15) zeigt, dass sich die Ladung in der Zurrung ein Stück weit frei bewegen kann, namlich um die Strecke Δ s. Diese Bewegung darf bei Direktzurrungen nicht ermöglicht werden, denn sie begünstigt die Aufnahme von kinetischer Energie während des Rutschvorganges.

Das Thema unechte Umspannungen wird auch im Ladungssicherungshandbuch des GDV im Kapitel Betonplatten behandelt.


Bei Umspannungen ist darauf zu achten, dass nur echte Umspannungen Verwendung finden. Die nächste Skizze zeigt, wie für den Fall von überbreiter Ladung echte Umspannungen zur seitlichen Sicherung angelegt werden können (Draufsicht):




Abbildung 16


Das gleiche Sicherungsprinzip mit echten Umspannungen ist hier noch einmal als 3D-Skizze dargestellt (die etwas "schiefen" geometrischen Körper sind durch das verwendete Grafik-Werkzeug bedingt):




Abbildung 17


Werden echte Umspannungen so angebracht, wie sie in den Abbildungen 15 und 16 dargestellt sind, reichen diese als seitliche Mindestsicherung aus, sofern konsequent RH-Material zwischen den Ladungslagen verwendet wird.

Die Sicherung der Ladung in Längsrichtung (gegen die Fahrtrichtung) kann durch weitere Umspannungen erfolgen, wie es in dieser Skizze dargestellt ist (Seitenansicht):




Abbildung 18


Die beste Sicherungsvariante scheint aus unserer Sicht die durchgängige Verwendung von RH-Materialien zu sein, auch zwischen den Betonplatten. Die Sicherung nach vorne erfolgt mit zwei mittig in der Ladefläche eingebrachter Rungen, an die formschlüssig herangeladen werden kann. Diese Rungen können, soweit erforderlich, noch zusätzlich mit Gurten oder Ketten ertüchtigt werden (in dieser Skizze rot dargestellt, Draufsicht):




Abbildung 19


In diesem Fall reicht bei der seitlichen Sicherung aufgrund der guten Reibungsverhältnisse (bei Verwendung von RH-Material mit einem Reibbeiwert von μ = 0,6) eine Mindestsicherung von zwei, besser vier Niederzurrungen. Die Spannelemente sollten hierbei wechselseitig gesetzt werden.




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