Foto des Monats – Februar 2003 [English version]





Abbildung 1   [Johann Ridder]





Abbildung 2    [Johann Ridder]



"Der ganz normale Wahnsinn" – Stahlrohre verschossen:

Auf der Bundesstraße 58, Kreis Wesel, hat ein mit Schulkindern besetzter Reisebus beim Abbiegen auf die Autobahn 31 einen entgegenkommenden Sattelzug übersehen. Der Fahrer des Lkw leitet eine Vollbremsung ein, um den Zusammenstoß mit dem Bus zu verhindern.

Bei der Ladung des Lkw handelt es sich um drei ineinander liegende Stahlrohre mit einem Gesamtgewicht von 17 Tonnen. Es ist nicht bekannt, wie und ob die Ladung gesichert war. Sicher ist, dass die Sicherungsmaßnahmen unzureichend waren, denn die Ladung konnte aufgrund der Verzögerung nach vorne verschießen, die Stirnwand des Aufliegers und das Führerhaus durchschlagen und sich abschließend direkt vor der Hinterachse des Busses in den Boden bohren.

Kaum zu glauben: Der Lkw-Fahrer wurde leicht verletzt, und die 58 Kinder im Bus kamen mit dem Schrecken davon. Dies hätte für einige Beteiligte auch tödlich enden können.

Wie lässt sich nun so eine Ladung sinnvoll und wirtschaftlich sichern?

Die Tatsache, dass die drei Rohre ineinander steckend transportiert werden, erschwert die Ladungssicherung unnötig.  

Es sollte geprüft werden, ob die Rohre auch nebeneinander oder im Sattel transportiert werden können. Wenn ja, dann kann folgende wirkungsvolle Sicherung ähnlich wie in nachstehender Beispielzeichnung vorgeschlagen werden:

Für die nachstehende Betrachtung wird zur Vereinfachung davon ausgegangen, dass die drei Rohre alle das gleiche Gewicht und den gleichen Durchmesser haben.



Abbildung 3


Die Abbildung 3 geht davon aus, dass die Stirnwand des Sattelaufliegers verstärkt ist und entsprechende Kräfte aufnehmen kann. In den weiteren Ausführungen wird angenommen, dass keine verstärkte Stirnwand zur Verfügung steht.

Die Rohre werden auf rechteckigen Holzbohlen, die quer zu Fahrtrichtung auf dem Fahrzeugboden liegen, gelegt. Zwischen Ladefläche / Holzbohlen / Ladung werden Antirutschmatten eingesetzt. Wird ein Rohr im Sattel transportiert, ist auch hier eine Antirutschmatte einzusetzen. Um das Verrollen der Rohre während der Verladung zu unterbinden, sollten auf den Holzbohlen Rohrkeile gesetzt werden. Beim Einsatz von Umspannungen, ist die erforderliche Anzahl von Sicherungsmitteln vorher auszulegen.

Die Einzelmassen der Rohre werden für die nachstehenden Berechnungen mit 6 t angenommen und die Reibung auf den Anti-Rutschmatten mit µ = 0,5. Bei hohen Lasten kann es zu Materialveränderungen in den Anti-Rutschmatten kommen, die sich negativ auf ihre Reibbeiwerte auswirken; hierüber sind Informationen beim Hersteller einzuholen.

Sicherung zur Seite: Werden die Rohre nicht nebeneinander, sondern im Sattel befördert, ist sicherzustellen, dass die  eingesetzte Sicherung den Querkräften standhält (s. Abbildung 4). Im Gegensatz zu nebeneinander geladenen Rohren, ist beim Transport vom im Sattel geladenen Rohren zu berücksichtigen, dass bei zylindrischen Körpern mit identischen Durchmessern in Sattellage über die Auflagewinkel hohe Querkräfte erzeugt werden. Der Linke Teil der Abbildung 4 zeigt die Kräfteverteilung bei "geschlossener" Sattellage. In diesem Fall werden zu jeder Seite 30 % der Gewichtskraft der Rohre als Querkraft generiert. Das bedeute im vorliegenden Fall, dass ein 6 t Rohr im Sattel geladen zusätzliche Querkräfte von rund 1.800 daN je Seite erzeugt (6 t x 30 %). Die Sicherung der 1.800 daN wird durch die Umspannungen, die nachstehend berechnet werden, gewährleistet.



Abbildung 4


Sicherung der Ladung gegen seitlich einwirkende Beschleunigungen: Da bei runden Körpern eine zu vernachlässigende Rollreibung besteht, werden für die seitliche Sicherung keine Sicherungskräfte durch Reibung angenommen und somit 0,5 g zugrundegelegt. Das bedeutet: 50% des Ladungsgewichtes sind gegen seitliche Beschleunigungen zu sichern.  

Für die drei Rohre (18 t x 0,5 g = 9000 je Seite) müssen mindestens drei Umspannungen je Seite eingesetzt werden, da eine Umspannung nur eine Lash Capacity (LC) von 4.000 daN leisten kann. Hierbei wird berücksichtigt, dass die meisten Fahrzeuge nur über Ladungssicherungspunkte mit einer LC von 2.000 daN verfügen; vorausgesetzt, die Ladungssicherungspunkte sind wie ein Abbildung 3 dicht angeordnet, so können die entstehenden Winkel bei dieser Betrachtung außer Acht gelassen, da sie hier nur einen sehr geringen Einfluss auf die LC haben. Es ist darauf zu achten, dass unterschiedliche Ladungssicherungspunkte verwendet werden. 

Nachdem die Rohre verladen sind, werden die Umspannungen, die vor der Beladung ausgelegt wurden, befestigt.

Sicherung nach vorne: Jedes einzelne Rohr muss mit 0,8 g, das heißt mit 80% seiner Gewichtskraft nach vorne gesichert werden. Hiervon kann man die Reibung, die einem vermeintlichen Verrutschen entgegenwirkt, abziehen. Wie zuvor beschrieben, wird für die Reibung µ = 0,5 (50% der Gewichtskraft) angenommen. Zu sichern sind dann noch 30% der Gewichtskraft. Das heißt 0,3 x 6.000 daN = 1.800 daN je Rohr; es muss also eine Sicherungskraft von 1.800 daN pro Rohr aufgebracht werden.

Davon ausgehend, dass die Rohre aufgrund ihrer Abmessungen im Sattel transportiert werden (vgl. Abbildung 3) und der Sattelauflieger keine verstärkte Stirnwand besitzt, können nur die beiden unteren Rohre an die Stirnwand herangeladen werden. Hierzu müssen vor der Stirnwand zur Druckverteilung entsprechend Vierkantbalken ausgelegt werden. An diese Vierkantbalken sind die beiden Rohre absolut formschlüssig (direkter Materialkontakt) heranzuladen. Vorausgesetzt die Stirnwand kann eine Belastung von 5.000 daN aufnehmen und die Sicherungskraft der Stirnwand wird gleichmäßig auf die unteren Rohre verteilt (5.000 daN / 2 = 2.500 daN), braucht die untere Ladungsebene nicht zusätzlich gesichert werden. Das im Sattel liegende Rohre darf die Stirnwand des Aufliegers nicht belasten, es könnte durch eine Umspannung um den "Kopf" des Rohres oder durch eine Einzelsicherung vom Kopf des Rohres direkt zu einem Ladungssicherungspunkt erfolgen. Hierfür müsste es möglich sein, mindestens einen Gurt (besser zwei) direkt an der Rohrkante einzuhaken (s. Abbildung 5). Ggf. ist der Haken zu Polstern, damit keine Schäden hervorgerufen werden.



Abbildung 5



Es ist darauf zu achten, dass der Gurt möglichst gerade nach hinten zu einem Ladungssicherungspunkt geführt wird, denn je größer der seitliche Winkel, desto geringer die nach vorne gerichtete Sicherungskraft des Gurtes. Bei einer LC von 2.000 daN und einer fehlenden Sicherungskraft von 1.800 daN, darf der Winkel zur Seite nicht größer als rund 25° sein (cos alpha = 1800 daN / 2000 daN). Sind keine Ladungssicherungspunkte in dieser günstigen Position vorhanden oder ist dieser relativ kleine Winkel vor ort nicht sicher zu bestimmen, müssen zwei Gurte pro Rohr eingesetzt werden.

Sind die Rohre aus Gründen der Lastverteilung mit einer Lücke zur Stirnwand zu verladen, ist diese ggf. mit Holz auszufüllen oder mit Umspannungen um den Kopf der Rohre oder mit Direktzurrungen, die an den Rohren eingehakt werden, nach vorne zu sichern. Bei den Umspannungen ist darauf zu achten, dass die Gurte vor den scharfen Kanten der Rohrenden mit geeigneten Mitteln zu schützen sind.

Müssen die Rohre ineinander gelegt transportiert werden, kann folgende Sicherung vorgeschlagen werden:

Die Rohre müssen mit einer Lücke zur Stirnwand verladen werden. Zu den Seiten wird wie zuvor beschrieben gesichert. Am Kopf der Rohre werden zu beiden Seiten je ein Vierkantbalken in Fahrtrichtung längs neben die Rohre gelegt. Vor den Rohren wird, quer zur Fahrtrichtung, auf die längs gelegten Vierkantbalken ein Stapel von zwei oder drei Vierkantbalken aufgeschichtet. Die Balken sollten paarweise nebeneinander liegen und so hoch sein, dass sie auch das innere Rohr mit mindestens einer Balkenstärke abdecken. Um diesen Balkenstapel müssen jetzt Umspannungen wie in Abbildung 6 skizziert dargestellt eingesetzt werden.



Abbildung 6



Davon ausgehend, dass die Ladungssicherungspunkte eine LC von 2.000 daN haben und jeder Gurt auf zwei verschiedene Ladungssicherungspunkte gesetzt wird, müssen insgesamt  vier Umspannungen zur Sicherung nach vorne eingesetzt werden. Vier Umspannungen liefern somit eine Sicherungskraft von 16.000 daN. Durch die Spreizwinkel gehen maximal 10-20% verloren, so dass im ungünstigsten Fall 12.800 daN zur Sicherung zur Verfügung stehen. Es ist darauf zu achten, dass das eingesetzte Fahrzeug über genügend Ladungssicherungspunkte verfügt, da diese Form der Sicherung in Verbindung mit der zuvor beschriebenen Sicherung zur Seite  eine Vielzahl von Ladungssicherungspunkten erfordert, da jeder Sicherungspunkt nur durch ein Gurtende belastet werden sollte, damit die volle LC der Gurte genutzt werden kann.

Bei der Berechnung der notwendigen Gesamtsicherungskraft muss bei dieser Verladeart berücksichtigt werden, dass nur das äußere Rohr auf Anti-Rutschmatten mit einer Reibung von µ = 0,5 gesichert wird, die inneren Rohre aber nur mit einer Reibung von µ  = 0,1 (Stahl auf Stahl). Das bedeutet, dass das äußere Rohr mit 3.000 daN durch Reibung gesichert wird, und die inneren Rohre werden durch 2 mal 600 daN gehalten. Somit liefert die Reibung nur 4.200 daN Sicherungskraft.

Die Ladungssicherungsmaßnahmen müssen (3 x 6.000 daN x 0,8 = 14.400 daN abzgl. 4.200 daN) 10.200 daN Sicherungskraft leisten.

Bei dem zuletzt aufgeführten Sicherungsbeispiel ist ferner sicherzustellen, dass alle Einzelrohre formschlüssig am Holzstapel anliegen.

Für die gesamte Ladungssicherung nach vorne und zur Seite werden pro Seite 10 Ladungssicherungspunkte benötigt, die nicht doppelt belegt werden dürfen. Ausnahme: Für die Sicherung nach hinten ist eine Doppelbelegung mit den Punkten, die zur Sicherung nach vorne eingesetzt werden, möglich. Sollten nicht ausreichend Ladungssicherungspunkte vorhanden sein, ist zu prüfen, inwieweit die seitlichen Umspannungen am Rahmen befestigt werden können. Hierfür ist sicherzustellen, dass die Ladungssicherungsmaterialien mit Rahmen- bzw. Klauenhaken ausgerüstet sind. Ist das Fahrzeug nicht entsprechend ausgestattet, ist es für den Transport der Rohrladung ungeeignet.

Bei der rückwärtigen Sicherung muss geprüft werden, ob alle Röhren die gleiche Länge haben. Sollten die inneren Rohre kürzer sein, ist mit entsprechenden Holzkonstruktionen sicherzustellen, dass eine formschlüssige Sicherung noch hinten möglich wird. Eine Sicherung kann dann wie nach vorne vorgeschlagen erfolgen. Sind die inneren Rohre länger, so müssen Direktsicherungen am Rohr selbst befestigt werden, die ein Verrutschen nach hinten unmöglich machen.

Hinweise und Informationen zum sicheren Transport von Rohren geben die Warenseite Rohre und die Seiten 294 bis 322 im Ladungssicherungshandbuch des GDV.


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