Urteil des Monats: Oktober 2014
  
"Kasko / Kasko"

„Ein Schiff im Rechtssinne ist ein schwimmfähiger Hohlkörper von nicht ganz unbedeutender Größe, dessen Zweckbestimmung es mit sich bringt, dass er auf dem Wasser bewegt wird.“ Neben der wie vorstehend beantworteten Frage was überhaupt ein Schiff im Rechtssinne darstellt, hat sich das OLG Karlsruhe in der vorgestellten Entscheidung mit weiteren insbesondere transportversicherungsrechtlichen Fragen auseinandergesetzt. So erfährt der Leser, was ein „Neubaukasko“ ist und darüber hinaus, dass nicht (nur) eine Kaskoversicherung drin ist, auf der „Kaskoversicherung“ steht. Der zu entscheidende Sachverhalt stellte sich vergleichsweise simpel dar.

Die Klägerin, ein Schifffahrtsunternehmen, machte gegen ihren Haftpflichtversicherer Deckungsansprüche geltend. Die Klägerin wollte auftragsgemäß ein Neubaukasko von Rumänien nach Österreich transportieren. Während der Mitnahme des Neubaukaskos auf der Donau kam es zu einer Kollision des Neubaukaskos und einem Großmotorschiff. Gegenstand des Verfahrens waren die an Neubaukasko und Großmotorschiff infolge der Kollision entstandene Schäden. Gegenstand des maßgeblichen Versicherungsvertrages waren die „AVB Flusskasko 2000/2004“. Ein Neubaukasko ist ein fertiger, schwimmfähiger Rumpf eines Schiffes ohne die enthaltene Technik. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich hierbei um ein „Schiff“ im Rechtssinne. Nach Auffassung des Gerichts hatte die Beklagte Deckungsschutz hinsichtlich des Neubaukaskos zu gewähren.

Nach Auffassung des Gerichts handelte es sich, wie vorstehende dargelegt, beim zu Schaden gekommenen Kasko um ein nach den maßgeblichen Versicherungsbedingungen versichertes „sonstiges fremdes Fahrzeug“. Insbesondere hielt das Gericht die nach einer in der Literatur verbreiteten Meinung erforderliche Voraussetzung, dass der Hohlkörper entsprechend seinem Bestimmungsgemäßen Verwendungszweck Personen oder Sache trage, genüge getan, da der streitgegenständliche Kasko während der Fahrt mit 1000 Tonnen Ballastwasser gefüllt war.

Einen Schwerpunkt der vorgestellten Entscheidung bildete die Frage, ob vorliegend der Versicherungsschutz ausgeschlossen war. Ein solcher Ausschluss sollte nach den vereinbarten Flusskasko-Versicherungsbedingungen greifen, für Schäden an Sachen, die sich an Bord des versicherten Schiffes befinden, Schäden an der Ladung.

Nach Auffassung des Gerichts war Ziffer 3 Abs. 4 der vertragsgegenständlichen Bedingungen spezieller. Darin hieß es:

„Für fremde Leichter, die auf Basis der allgemeinen Schubbedingungen oder vergleichbarer europäischer Bedingungswerke geschoben werden, sowie für Schieben und Mitnahme sonstiger fremder Fahrzeuge, besteht Versicherungsschutz im Rahmen der Haftung für Ersatz an Dritte.“

Typischerweise werden bestimmte Haftpflichtansprüche  im Rahmen der sogenannten „Ersatz an Dritte-Haftung“ im Rahmen der Flusskaskoversicherungen gedeckt. Das Gericht legte die zitierte Versicherungsbedingung dahingehend aus, dass Versicherungsschutz auch dann gewährt werden sollte, sofern die Ladung aus einem geschobenen oder mitgenommenen fremden Fahrzeug besteht. Sofern vorliegend eine Vielzahl von Schadenursachen (Unterlassen der Funkverbindung, fehlende Festlegung des Steuermanns bezüglich der Begegnungsseite, nicht festhalten am linken Rand der Fahrrinne durch des Steuermann etc.) so hatte sich das erkennende Gericht des Weiteren mit „causa proxima“ auseinander zu setzen. Darunter ist die versicherungsrechtliche Besonderheit zu verstehen, dass diejenigen von mehreren Schadensursachen ursächlich ist, die mit hoher Wahrscheinlichkeit die wirksamste erheblichste Ursache darstellt. Die Beweislast für die Kausalität und das Setzen dieser „causa proxima“ trägt regelmäßig der Versicherer, also der Beklagte. Einen hinreichenden Beweis für die behaupteten alternativen Schadenursachen hatte der Beklagte jedoch nach Auffassung des Gerichts nicht angeboten und blieb damit beweisfällig.

Der dargestellte Fall verdeutlicht den schwierigen Spagat zwischen Kasko- und Haftpflicht (Ersatz an Dritte) -versicherungen. Insbesondere ergaben sich Probleme, wenn zwar der Ersatz für beschädigte oder verlorene Ladung ausgeschlossen sein sollte, Schäden (auch am geschobenen Transportmittel sollten von diesem Ausschluss jedoch nicht betroffen sein. Bereits vor der zitierten Entscheidung wurden die unverbindlichen AVB Flusskasko zur fakultativen Entscheidung  des GDV daher konkretisiert („der Versicherer leistet keinen Ersatz für Verlust oder Beschädigung von Sachen, die sich an Bord des versicherten Schiffes befinden. Dies gilt auch für solche Sachen, die sich an Bord einer Einheit befinden, die mit dem versicherten Schiff an den Verband im Sinne des § 104 erster Halbsatz BinSchG bildet. Dieser Ausschluss gilt nicht für den Ersatz für Verlust oder Beschädigung der mit dem versicherten Schiff einen Verband bildenden Einheit selbst.“)


Das hier besprochene Urteil ist in unserer Urteilsdatenbank mit folgenden Angaben zu finden:

Aktenzeichen:   12 U 203/12
Datum:   18.07.2013
Link zur Urteilsdatenbank:   OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.07.2013, AZ 12 U 203/12




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