Grenzenlose Schadenbearbeitung | |
Vortrag von Herrn Axel zu Putlitz-Lürmann, MCS (Marine Claims Service) |
Inhaltsverzeichnis
Dieser Vortrag umfasst die folgenden Themen:
- Schaden im Ausland und was dann
- Steuer-, Transport und Zollprobleme beim Transport von beschädigten Yachten in die EU und nach Deutschland
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Vorstellung Marine Claims Service – MCS
Die Firma erbringt folgende Leistungen:
- Allgemeines Yachtschaden Management
- Fahndungen nach gestohlenen und unterschlagenden Yachten
- Ermittlungen bei Schäden mit kriminellen Hintergrund
- Krisenmanagement bei Kumulschäden
- Besichtigungen, Schadenfeststellungen und Gutachtenerstellung
- Ladungssicherung
- Organisation von Bergungen und Rücktransporten havarierter Yachten
- Reparaturüberwachung
- Hintergrundrecherchen
Die Firma MCS hat Ihren Hauptsitz in Hamburg und vier weitere Niederlassungen in Europa.
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Schaden im Ausland – und was dann?
Es liegen folgende Entscheidungskriterien für die Bearbeitung und das vorgehen in dem Schadenfall vor:
- In welchem Land befindet sich die havarierte Yacht?
- Welche Reparaturmöglichkeiten habe ich in dem Land?
- Welche Komplexität der Reparatur in Abhängigkeit der Bauweise und der Ausrüstung der Yacht habe ich?
- Wie sind die örtlichen und behördlichen Umstände vor Ort?
- Wie sind die örtlichen Stundenlöhne zu bewerten?
- Welches Material und welche Ersatzteile stehen vor Ort zur Verfügung oder welche Einfuhren sind nötig (Kosten)?
- Was kann man dem Versicherungsnehmer zumuten?
- Ist ein Transport der Yacht in ein anderes Land sinnvoll?
- Welche Reparaturfirma kommt dann in Frage und muss die Firma vorab die Yacht besichtigen um ein korrektes Angebot abgeben zu können?
Zu den Punkten 1 bis 3: In vielen Ländern ist das Reparieren havarierter Yachten nicht oder nur bedingt möglich, z. B. in Nordafrika (Marokko, Tunesien). Dann muss die Yacht in ein Land transportiert werden, wo eine Reparatur möglich ist.
Zu Punkt 4: Die Behörden spielen in vielen Ländern eine wichtige Rolle bei Bergung, Raparatur und/oder Export eines Schiffes. Bürokratie, Korruption und andere Umstände bereiten dort oftmals Probleme.
Zu Punkt 5: In vielen Ländern sind die Stundenlöhne deutlich nedriegr als in Deutschland, aber bisweilen wird langsamer oder unprofessioneller gearbeitet. Dies muss bei der Entscheidung über einen etwaigen Rücktransport abgewogen werden.
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Entscheidung für einen Transport
Fällt die Entscheidung für einen Transport, ist zu überlegen:
Welche Möglichkeiten eines Transportes gibt es?
Fahren ohne Hilfeleistung (evtl. Notreparatur) | |
Schleppen auf eigenem Kiel | |
Per Seefracht als Stückgut oder im Container | |
Landtransport | |
Kombination Land- und Seetransport |
Was ist bei der Wahl des Transportes zu beachten?
Schleppen:
- Vorbereitungen zum Schleppen / Schlepppunkte (mögliches Problem: fehlende oder ungeeignete Schlepppunkte)
Seetransport:
- Verbringung der Yacht zum Ladehafen und nach der Ankunft zum Reparaturbetrieb. Diese bedeutet Organisationsaufwand und Kosten.
- Unterstützung des Rumpfes (Cradle). Diese müssen oftmals extra vor Ort angefertigt werden, was Kosten von mehreren Tausend Euro bedeuten kann.
Landtransport:
- Berücksichtigung von Länge, Breite, Höhe und Gewicht (Mastlänge!)
- Transportweg (Transit): Hier sind sowohl streckentechnische als auch behördliche Aspekte zu berücksichtigen. Evt. ist es sinnvoll, bestimmte Länder zu umfahren, um Zoll- oder andere Probleme zu vermeiden.
Beispiele: Schleppen einer geborgenen Yacht …
… und einer gehobenen Yacht:
Zwei Bilder von einem Seetransport einer Yacht:
Hier muss die richtige Lage des Bootes in den Gurten als auch an Deck des Transportschiffes beachtetet werden. Der Seetransport ist kostspielig.
Diese Fotos zeigen den Landtransport einer Motoryacht:
Beim Landtransport müssen meist Teile der Yacht (Radargeräte, Brückenteile, Kiele etc.) demontiert werden, was aufwändig ist sowie Zeit und Kosten verursacht.
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Steuer- und Zollprobleme bei einem Transport in die EU oder nach Deutschland
Grundsätzliche Fragestellung:
- Wo ist die Yacht registriert (in welchem Heimathafen)?
- Wurde die Mehrwertsteuer bei dem Kauf der Yacht entrichtet?
- Wie lange befand sich die Yacht im EU-Ausland?
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Mehrwertsteuerproblematik (Einfuhrumsatzsteuer)
Einfuhrumsatzsteuer nennt man die Mehrwertsteuer, die bei Einfuhr in ein Land (der EU) zu entrichten ist. Zu beachten ist:
- Wurde bei dem Kauf der Yacht die gesetzliche Mehrwertsteuer entrichtet, so kann die Yacht ohne Entrichtung einer Steuer wieder in die EU eingeführt werden. Das gilt aber nur für Yachten, die nicht länger als 3 Jahre im EU-Ausland sich befanden.
- Der Nachweis über die entrichtete Mehrwertsteuer kann über die Kaufrechnung oder, falls gebraucht gekauft, idealer Weise durch die Kaufrechnung des Erstkäufers, oder falls die Mehrwertsteuer schon einmal nachträglich entrichtet wurde, durch eine Kopie des Zolldokuments erbracht werden.
- Ist eine Yacht länger als 3 Jahre außerhalb der EU gewesen, verliert sie (die Ware) den "Gemeinschafts- oder auch Binnencharakter" und muss erneut versteuert werden.
- Die Mehrwertsteuer ist auf den Zeitwert der Yacht zu entrichten. Der Nachweis kann über ein Wertgutachten oder durch übliche Gebrauchtbootlisten (z. B. Schwackeliste) erfolgen.
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Kurzzeitige Veredelung (aktive Verdelung) / Temporärer Import
Dieses "Verfahren" kann als Trick genutzt werden, um eine erneute Versteurung einer Yacht zu vermeiden, die länger als 3 Jahre außerhalb der EU gewesen ist. D. h., eine temporäre Einfuhr für einen bestimmten Zeitraum, z. B. zu Reparaturzwecken, ist steuerfrei möglich. Dabei muss folgendes berücksichtigt werden:
- Grundsätzliche Regelung in der EU
- Nationale Regelungen vorhanden
- In Deutschland 1 bis 2 Jahre
- Z. B. Italien max. 18 Monate
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Zollabwicklung und -kosten
Die Kosten (Gebühren) für die Zollabwicklung sind eher gering:
- Zollgebühren bei der Wiedereinfuhr einer Yacht fallen nur für die Ausfuhrbescheinigung an. (Höhe tabellarisch auf den Wert)
- Die Höhe der Mehrwertsteuer und die Entrichtung wird vor der Einfuhr der Yacht durch den Eigentümer oder seinen Agenten mit dem zuständigen Zollamt in dem Bestimmungsland festgelegt.
- Bei einem Landtransport wird bei dem ersten Grenzübergang ein Transitpapier erstellt, das den Transport bis zum Bestimmungsort in dem Bestimmungsland regelt. Das Transitpapier wird durch den Zoll nach der Überprüfung der Ware (Yacht) nach der Abladung durch den Spediteur geschlossen, wenn die Mehrwertsteuer entrichtet wurde oder wird (Fristsetzung möglich).
Zollkosten und Probleme in Drittländern
- Die Zollkosten liegen grundsätzlich in "normaler Höhe", sind jedoch länderabhängig.
- In einigen Ländern (z. B. Montenegro, Russland, Ukraine) geht die Abwicklung nur über "örtliche Agenten", die wiederum die "Schmiergelder" regeln.
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Zwei Beispiele für die Abwägung eines Transportes
Fallbeispiel 1 für die Entscheidung eines Transportes
Die Segelyacht MIDNIGHT SUN ist an der Küste Montenegros gestrandet. Dort wurde das Schiff geborgen. Das Schiff fuhr unter der Flagge Hongkongs und war auch dort registriert und sollte von dort nach Schweden überführt werden. Bei der Bergung und beim Grenzübertitt wurden in diesem Land erhebliche Schmiergelder bzw. "Zusatzgebühren" fällig (ca. 2.800 €). Die Yacht sollte zur Reparatur nach Greifswald transportiert werden. |
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Die Entscheidungskriterien für einen Landtransport waren:
Die Qualität der Reparaturen in Montenegro war fraglich | |
Keine Lackierung nach heutigem Standard möglich | |
Reparaturüberwachung nötig | |
Der Stundenlohn mit 35,- € so hoch wie in Greifswald | |
Die Yacht sollte nach Schweden überführt werden |
Anmerkung: Die Transportkosten wurden zu 50 % vom VN übernommen.
Weitere Bilder der gestrandeten und geborgenen MIDNIGHT SUN:
Reparaturkostenvergleich:
Deutschland all in: Transport 50% Summe: |
68.000,- € 6.250,- € 74.250,- € |
Angebot Fa. Navar / Montenegro: Spätere Lackierung in Europa Segel Elektrik Summe: |
49.700,- € 12.000,- € 8.000,- € 4.000,- € 73.700,- € |
Aufgrund der ungefähr gleichen Kosten war der Transport nach Greifwald die bessere Wahl, da dort eine bessere Qualität gewährleistet ist.
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Fallbeispiel 2 für die Entscheidung eines Transportes
Die Segelyacht CONTIMAR erlitt einen Brandschaden in Monastir, Tunesien. Unter anderem war es problematisch, das beschädigte Schiff zu besichtigen, da dies von den dortigen Behörden zunächst blockiert wurde. Der Transport sollte nach Deutschland oder in die Türkei erfolgen. |
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Die Entscheidungskriterien für einen Transport waren hier:
Die Qualität der Reparaturen in Monastir war fraglich | |
Keine Lackierung nach heutigen Standard möglich | |
Reparaturüberwachung nötig | |
Korrupte Betriebe vor Ort | |
Hohes Diebstahlrisiko |
Anmerkung: Der Transport wurde bisher nicht durchgeführt.
Welche Transporte sind im Falle der SY CONTIMAR möglich?
Schleppen | |
Seetransport von Tunis | |
Überführung durch eine Werft nach einer Notreparatur |
Ort der Reparatur?
Türkei, da für die Yacht beim Kauf keine Mehrwertsteuer abgeführt wurde (und diese somit bei Einfuhr in die EU fällig wäre) und die Reparaturkosten denen in Tunesien entsprechen | |
Europa über den Weg der "Aktiven Veredelung" (und somit Umgehung der Mehrwertsteuer-Zahlung) | |
Rücktransport nach Deutschland – Zahlung der Mehrwertsteuer auf den Zeitwert (wegen des Schadens niedrig) |
Auch für dieses Beispiel hier ein Reparaturkostenvergleich:
Deutschland (inkl. MwSt): Seetransport nach Bremen Transport nach Tunis Transport Deutschland (Schleppen) Summe: |
170.000,- € 40.000,- € 10.000,- € 5.000,- € 225.000,- € |
Angebot Fa. Yachtworks Türkei, inkl. Überführung auf eigenem Kiel: Nötige Notreparaturen Summe: |
128.525,- € 10.000,- € 138.525,- € |
Angebot Fa. Yachtworks Türkei: Seetransport Tunis – Bodrum Nötige Notreparaturen für den Transport Überführung Monastir-Tunis Summe: |
128.525,- € 35.000,- € 5.000.- € 5.000.- € 163.525,- € |
Angebot Yachtservice in Monastir Komplettangebot, aber unseriös: |
130.000,- € |
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Kurze Zusammenfassung
Schaden im Ausland und was dann?
- Überprüfung der Reparaturmöglichkeiten vor Ort
- Prüfung, ob eine Reparatur durch einen mobilen Reparaturbetrieb möglich und sinnvoll sein kann
- Transport der Yacht in ein anderes Land
Steuer-, Transport und Zollprobleme beim Transport in die EU
- Mehrwertsteuer / Einfuhrumsatzsteuer wird fällig, wenn die Yacht in der EU bleibt
- Temporärer Import nur für den Reparaturzeitraum möglich
- Korruption bei der Ausfuhr aus einem Drittland möglich
- Landtransport ist nur beschränkt möglich (80 Fuß / 40 t / 4,5 m Höhe). Vorarbeiten wie z. B. Demontage von Bauteilen sind i. d. R. erforderlich, was Kosten verursacht.
- Der Seetransport ist teuer, aber fast immer und für alle Yachtgrößen möglich. Der An- und Abtransport zum Frachtschiff muss dabei berücksichtigt werden.
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