Foto des Monats – Februar 2019 |
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Das trübe Winterwetter eignet sich hervorragend für das Studium der Ladungssicherung gegen die Physik und gegen Kriminelle. Daher bieten wir Ihnen diesen Monat zwei Kolumnen an. |
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Tatort Autobahnparkplatz | Ladungssicherung mit Kuscheleffekt |
Ladungssicherung gegen Kriminelle – Tatort Autobahnparkplatz
oder wie man mit der Nagelschere zu Millionen kommt.
Regelmäßige Leser unserer Kolumne werden sich jetzt fragen was in uns gefahren ist. Wir können Sie beruhigen, wir sind noch normal, wir möchten Ihnen heute nur eine ganz andere Ladungssicherung näher bringen. Daher haben wir neben unserer normalen Ladungssicherungskolumne, heute auch eine zweite Kolumne verfasst, die sich mit der Ladungs-Sicherung gegen Diebstahl beschäftigt.
In diesem Teil der Kolumne geht es heute um Ladung die nur sprichwörtlich „vom Lkw gefallen ist“. Diese verharmlosende Bezeichnung für Ladung, die während des Transportes entwendet wird, sagt schon viel darüber aus, wie es um die Eigentumsmoral, zumindest auf der Straße bestellt ist. Ladung die rollt und transportiert wird, scheint offensichtlich Freiwild zu sein und ein krimineller Zugriff wird schon in der Nähe eines Kavaliersdeliktes angesiedelt. Dabei summiert sich der Schaden in der EU jährlich auf 8,2 Mrd. Euro. Da ist der Spaß dann spätestens vorbei.
Die schiere große Zahl scheint zu erstaunen, aber wenn man so über einen Autobahnparkplatz schlendert und sich die Planen der Lkw bzw. deren Auflieger so anschaut, scheint es ja schon fast zum guten Ton zu gehören, auf jeder Seite zwischen 5 und 15, meist halbmondartige Einschnitte, in der Plane zu haben. Die sind in der Regel, vorausgesetzt dass die Planenschlitzer nicht gerade in dieser Nacht zugeschlagen haben, gut verschweißt oder verklebt, aber den Frachtführer ärgert es aus 2 Gründen:
1. Wurde ihm Ladung entwendet, das gibt Ärger mit dem Kunden und mit der Versicherung und
2. ist seine Plane beschädigt und sofern sie bis vor kurzem noch zur Ladungssicherung herangezogen werden konnte, ist ihre Festigkeit im reparierten Zustand nicht mehr die gleiche wie vorher. Das kann zu langen und unangenehmen Diskussionen mit der Polizei führen, die eigentlich nur die Ladungssicherung kontrollieren wollte. Besonders ärgerlich ist, dass diese negative Auswirkung auch noch lange, nach dem der eigentliche Diebstahlschaden schon abgewickelt ist, immer noch Ärger bereiten kann.
Worum geht es?
Wir reden hier über den organisierten Diebstahl von Ladung meist auf der Autobahn. So ein bisschen geht es zu wie beim Äpfel klauen. Einer steht Schmiere, der andere schaut ob die Äpfel reif sind und wenn sie auch noch schmackhaft sind denn kommt die ganze Bande und füllt sich die Hosen- und Jackentaschen. So oder so ähnlich geht die organisierte Kriminalität auch vor. Einer steht Schmiere, zwar nicht an der Ecke des Grundstückes sondern am vorherigen Parkplatz, Späher prüfen die Auflieger in dem sie behänd diese halbmondartigen Löcher in die Plane schlitzen, um zu sehen ob sich ein Zugriff lohnt oder nicht. Verrät der Blick ins Innere reiche Beute, wird ein Transporter mit Verstärkung herbeigeholt, der Innenraum in minutenschnelle um seine wertvolle Ladung erleichtert, um dann genauso schnell und möglichst geräuschlos zu verschwinden. Unsere Autobahnen bieten hierzu unendliche Möglichkeiten, denn Ladung ist in Hülle und Fülle vorhanden und die Autobahn ist der perfekte Fluchtweg. Das Risiko ist klein, denn es steht ja einer Schmiere, sodass eventuell nur eine Zivilstreife den Zugriff entdecken könnte. Da dieser aber kurz und prägnant wie präzise durchgeführt wird, ist dieses Risiko eher theoretischer Natur.
Ein typischer Tatort:
Auf einem Parkplatz wurden insgesamt 7 Lkw Planen aufgeschlitzt. Die typischen kleinen Löcher um zu sehen ob sich ein Zugriff lohnt und ein paar größere Löcher für den Zugriff. Großzügig wird hier mit dem Messer eine Öffnung in die Plane geschnitten um dann wie in diesem Fall Unterhaltungselektronik im Wert von 17.000 € “ vom Lkw fallen zu lassen“. Das geht schnell und ist „effizient“ und 17.000 € in Form von 45 Paketen haben ihren Besitzer gewechselt.
Es ist ja nicht so das man unter Planenschlitzern nicht kreativ denken und handeln würde, nein man sieht so einen Streifzug doch eher als komplexe Versorgungshandlung. So interessiert man sich durchaus auch für PKW Reifen, denn auch die müssen ja mal erneuert werden. In diesem Fall wurden 20 PKW Reifen entwendet. Offensichtlich war das Fahrzeug welches zum Abtransport bereit stand zu klein, insofern hielt sich der Schaden in gewissen Grenzen. Manchmal hakt es dann doch an der Logistik.
In diesem Fall betrug der Schaden gleich eine viertel Million Euro, denn es wurden schlicht 10 Paletten mit LED Flachbild-Fernsehern entwendet das Muster war das gleiche, kleine Löcher, kleine Taschenlampe und schon bei der Aufschrift auf den Schachteln war klar, hier lohnt sich ein Zugriff. Gesagt getan, die Kollegen per Handy herbeigepfiffen mit einem schönen scharfen Messer ein veritables Loch in die Plane geschnitten und mit vielen Händen wurde der Verladearbeit schnell ein Ende bereitet. 120 Fernseher haben mitten in der Nacht den Besitzer gewechselt, ohne dass der Fahrer etwas davon gemerkt hätte. Und wenn er etwas gemerkt hätte, wäre er gut beraten gewesen in seiner Kabine zu bleiben und nicht darauf zu vertrauen, dass die Herrn von der organisierten Kriminalität überaus friedliebender Natur sind und schon das Weite suchen würden, bei dem schlichten Erscheinen des Fahrers.
Es ist aber nicht so, dass die Herrschaften von der organisierten Kriminalität sich vor redlicher Arbeit scheuen würden, nein sie nehmen nicht nur das Messer und Schlitzen leichtfertig Planen auf, sondern sie scheuen auch die schwere Arbeit nicht, einen so wie es aussieht Kühl-Lkw mit einer Metall-Haut in mühsamer Kleinarbeit zu öffnen. Ihre Plackerei wurde aber reichlich belohnt, denn es fielen 20.160 Flakons eines Männerparfums vom Lkw. Über den Wert ist in diesem Falle nichts bekannt, aber da Parfum in der Regel nicht gerade zu den günstigsten Drogerieerzeugnissen gehört würden schon bei 10 € pro Flakon 200.000 und bei 20 € 400.000 € etc. auf der Rechnung stehen. In der Zentrale dieser Autobahn-Cosa-Nostra wird man im Kalender ein dickes rotes Kreuz gemacht haben, denn diese Nacht scheint sich gelohnt zu haben.
Es gehört schon ein besonderer Sack voll Dreistigkeit dazu selbst ein Kühlfahrzeug zu öffnen um offensichtlich in aller Gemütsruhe 12 Paletten Herren Parfum zu entwenden.
Auf dieser Abbildung sieht man, wie so häufig, eine leere Palette. Ursprünglich wurden 36 hochwertige Autobatterien darauf transportiert, aber wie wir schon erwähnt haben pflegen unsere Freunde der organisierten Kriminalitätskriminalität einen ganzheitlichen Ansatz und denken nicht nur Reifen sondern auch über eine neue Batterie nach. Der Schaden betrug hier immerhin 5.000 € und die Plane musste wie in tausend anderen Fällen auch repariert werden.
An diesem Trailer lehnt noch ein Zollstock, das lässt nichts Gutes vermuten. Und in der Tat, kaum schauen wir uns das Bild ein wenig genauer an prangt in der Plane ein veritables Loch. Großzügig wurde dies hinein geschnitten, denn die „Spitzbuben Berufsgenossenschaft“ schreibt auch sichere Arbeitsplätze vor. So müssen gut begehbare Tatorte geschaffen werden, damit das Diebesgut sicher, schnell und ohne Schaden entwendet werden kann.
Auf diesem Bild sieht man das aus Arbeitssicherheitsgründen relativ großformartig geschnittene Loch in der Plane recht gut, die entwendete Ware waren immerhin 30 Stück 70 Zoll Flat TV Geräte im Wert von bummeligen 54.000 Euro. Der Schaden am Fahrzeug betrug schätzungsweise gut 1.000 € und von den Herrn Planenschlitzern bleiben nur die Schlitze und ansonsten keine Spur.
Zu guter Letzt ein kleines Loch. Wer meint, dass wir zum Schluss versöhnlich werden und ein Loch in einer Plane zeigen, welches nicht so sehr zum Schaden unserer Wirtschaft beiträgt, irrt. Dieses Loch steht stellvertretend für folgende Meldung:
In der Nacht von Samstag auf Sonntag griffen unbekannte Täter entlang der A4 zwischen Eisenach und Erfurt auf vier Autobahnparkplätzen insgesamt 35 Lkw an. Aus fünf wurden Waren entwendet. Auf einer Raststätte wurden 24 Laster angegriffen, d.h. Planen aufgeschlitzt jedoch nichts entwendet. Da war wohl nicht das richtige an Bord, aber nicht nur die Plane muss repariert werden, auch muss der Lkw in die Werkstatt, was Zeit und Geld kostet. Der Fahrer und das Fahrzeug fallen in der Zeit aus, was wieder Zeit, Ärger mit den Kunden und auch Geld kostet. Es geht aber weiter: In gleicher Nacht wurden 3 LKWs auf dem Parkplatz Hörselgau Richtung Frankfurt am Main angegriffen. Hier fehlte eine kleine Packung Batterien und aus einem anderen Lkw 4 Flaschen Wein. Typische Anzeichen von „schauen wir mal“ und „sehen wir dann schon“. Der Sachschaden in dieser Nacht betrug 6.500 Euro und das Diebesgut belief sich auf immerhin 15.000 €. Welchen Begleitschaden die Löcher in den Planen sonst noch verursachen ist hier gar nicht erfasst. (vgl. Pressemitteilung 05.11.2018)
Lösung:
Da das Risiko beim Diebstahl entdeckt zu werden nur im Promillebereich liegt, lag zumindest in der Vergangenheit die Schwelle zur Tatbegehung nicht besonders hoch. Inzwischen hat die Polizei sich auf die Damen und Herrn Planenschlitzer spezialisiert und schon einige treffliche Erfolge erzielt. Auch die Frachtführer rüsten auf. So manches Messer wird in Zukunft stumpf werden, weil die Plane verstärkt ist und dadurch schnittsicher. Elektronik ist auch hier auf dem Vormarsch, sie detektiert den Zugriffe und schlägt Alarm. Selbst die Annäherung an ein Fahrzeug kann detektiert werden und einen Alarm auslösen. Wenn dann noch ein zeitnaher Zugriff z.B. der Polizei erfolgt, dann wendet sich das Blatt. Wir sagen den Planenschlitzern den Kampf an und freuen uns über jeden Tipp und Hilfe, auf dass die Ladung da ankommt wo sie hin soll, damit wir die Spitzbuben mit unseren Einkäufen nicht mitfinanzieren müssen.
Die Ladungssicherungskolumnisten wünschen allzeit eine sichere Fahrt.
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