Foto des Monats – Dezember 2015 – Weihnachts-Special 6 |
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Silly Loop
Abbildung 1 [André Brusselle]
Auf diesem Trailer sind drei Stahlblöcke in länglicher Form zu bewundern, die auf einem großen Parkplatz eines Fährterminals abgestellt wurden. Auf den ersten Blick sieht man fünf Gurte, offensichtlich Langhebelratschen, an denen jeweils ein Haken baumelt. Diese Tatsache hat unsere Stirn ein erstes Mal in Falten gelegt. Erfreulich zu sehen ist die konsequente Anwendung des Kantenschutzes. Diese Stahlblöcke, die offensichtlich direkt aus dem Walzwerk stammen, haben noch eine sehr raue Walzhaut, die die Gurte schädigen kann.
Abbildung 2 [André Brusselle]
Die ersten beiden Abbildungen lassen zumindest den Schluss zu, dass man sich bei dieser Verladung doch sehr viel Gedanken um den Gesamtschwerpunkt der Ladung gemacht hat. Obwohl wir es nicht nachmessen können, scheint der Gesamtschwerpunkt der drei Stahlblöcke kurz vor dem ersten Achsaggregat zu liegen, wo er auch hingehört.
Abbildung 3 [André Brusselle]
Auf der Abbildung 3 sind weitere positive Anmerkungen möglich. Es wurden an jedem Berührungspunkt der Gurte mit dem Stahlblöcken Kantenschutzwinkel verwendet. Dies schützt den Gurt vor der scharfkantigen und abrasiven Ladung und lässt ihn besser um selbige gleiten, damit endet aber auch schon der Lobgesang auf diese Verladung bzw. Sicherung.
Die Ratschen der Gurte haben im wahrsten Sinne des Wortes alle einen Haken. Das weist darauf hin, dass der Gurt, der hier Verwendung fand, durch die Ratsche gefädelt, als Rund-Törn-Lasching oder Silly Loop, um die Stahlblöcke herum geführt und auf der gegenüberliegenden Seite (s. Abbildung 4) erneut in eine Ratsche eingeführt und beidseitig gespannt wurde. Auf beiden Seiten jeweils eine Ratsche zu befestigen und offensichtlich hervorragend vorzuspannen ist erstens Aufwand und zweitens hat man sich hier sehr wohl Gedanken um die Ladungssicherung gemacht. Nur leider hat man einen Rund-Törn-Lasching oder auch Silly Loop dafür gewählt. Der Name Silly Loop spricht Bände, denn er beschreibt die wenig intelligente Art und Weise der Umschlaufung der Ladung. In der Tat wird die Ladung durch den Silly Loop gebündelt. Die Sicherung beschränkt sich aber ausschließlich auf einen relativ geringen Niederzurrungsanteil und auf die Reibung der Gurte auf der Ladung.
Was hätte man alles mit 10 Spannern und 10 Gurten bewerkstelligen können. Dies gilt insbesondere dann, wenn man bei der Umsetzung der Ladungssicherung auch die Reibung entsprechend berücksichtigt hätte. Wir kennen zwar die Masse dieser Ladung nicht, aber allein daran, dass die untergelegten Balken mit einem geschätzten Querschnitt von mindestens 12 x 12 cm sich auf beiden Seiten nach oben biegen, ist zu sehen, dass das Fahrzeug mindestens komplett ausgeladen ist. Wie schön wäre es jetzt gewesen, wenn das RH-Material, das offensichtlich an den Enden der Balken Verwendung fand, konsequent unter den ganzen Balken ausgelegt worden wäre. Auch wenn die Walzhaut der Ladung rau ist, kennen wir ihre Reibung auf dem Holz nicht. Ergo wäre es wie immer auch sinnvoll, die gute Reibung der RH-Matte auch an die Ladung weiterzugeben. Dazu muss nur das Holz, welches als Unterleger Verwendung findet, auch auf der Oberseite mit RH-Matten ausgelegt werden. Weiterhin werden wir nicht müde zu erwähnen, dass es nicht sinnvoll ist, quadratische Unterleger zu wählen, da diese im Falle einer Längsbeschleunigung zum Verrollen neigen. Stattdessen ist es sinnvoll, rechteckige (bohlenformatige) Unterleger zu wählen, die nicht verrollen können.
Abbildung 3 [André Brusselle]
Auf der Abbildung 4 sind uns zwei Dinge wirklich wichtig: Erstens die Tatsache, dass hier die Gegenseite des Gurtes eingefädelt wurde, um diesen Rund-Törn-Lasching von beiden Seiten vorspannen zu können. Und das Zweite ist die bedingte Sauberkeit, die nicht nur auf der Abbildung 4, sondern auch auf der Abbildung 2 vortrefflich zu erkenne ist. Wer mit solcher "Sorgfalt" derart schwere Ladung verlädt, wird von uns zu Weihnachten mit Ladungssicherungszitrone bedacht.
Auf der Abbildung 1 und Abbildung 4 sind jeweils die Stirnseiten der Stahlblöcke zu erkennen. Was dort nicht zu finden ist, ist irgendeine Ladungssicherung.
Weil Advent ist, machen wir uns mal den Spaß, diese besondere Art der Ladungssicherung zu berechnen. Wir nehmen eine Ladungsmasse von 24.000 kg an. Diese übt gerundet eine Gewichtskraft von 24.000 daN auf ihren Untergrund aus. Den quadratischen Unterleghölzern unterstellen wir, dass sie fest mit ihrem Untergrund verbolzt sind und der Ladung verleihen wir auf Grund ihrer sehr rauen Oberflächenstruktur eine Reibung von 0,45 μ. Jeder Niederzurrung (als solche können wir diese recht aufwendigen Rund-Törn-Laschings durchaus werten) gestehen wir 750 daN pro Seite zu. Damit ist diese Ladung mit 7.500 daN Vorspannkräften "gesichert". Leider wirken diese 7.500 daN nicht vertikal, sondern bei einem Ladungssicherungswinkel von ca. 30° wirken maximal 50 % senkrecht nach unten. Somit reduziert sich die Vorspannung, die in vertikaler Richtung tatsächlich reibungserhöhend wirkt, auf 3.750 daN. Multiplizieren wir diese immer noch beträchtliche Vorspannung mit 0,45, verbleiben 1.687,5 daN an Sicherungskraft, gefragt wären aber 8.400. Es fehlen also 6.712,5 daN an Sicherungskraft, obwohl wir aberwitzig hohe Vorspannungen angesetzt haben und eine Recht hohe Reibung – genauso, wie wir die Tatsache außer Acht gelassen haben, dass es sich bei den Unterlegern um quadratische Unterleger handelt.
Resümee
Verbesserungsvorschlag:
- Wählen wir Unterleger mit einem bohlenförmigen Querschnitt.
- Verwenden wir RH-Material nicht nur unter dem Holz, sondern auch auf dem Holz, also zwischen Ladung und Unterleger.
- Werden zur seitlichen Sicherung insgesamt vier Umspannungen eingesetzt. Bei der Ausführung der Umspannung folgen wir dem sehr guten Beispiel der konsequenten Verwendung von Kantengleitern, um die Gurte auf gar keinen Fall zu gefährden.
- In Längsrichtung fehlen immer noch 4.400 daN an Sicherungskraft.
- Um diese restliche Sicherungskraft aufzubringen, empfehlen wir zwei Umspannungen um die Stirnseite der Ladung. Hierzu sägen wir von den Hölzern, die als Unterleger verwandt wurden und an den Seiten sowieso nur in die Luft ragen, vier Klötze ab, verbinden sie mit Schrauben oder Nägeln und legen sie auf beiden Seiten vor die Ladung. Unter dem Holz verwenden wir ebenfalls RH-Matten und auf diesem großen Querlegern verwenden wir einen Balken, der genau so breit ist, wie alle drei Stahlblöcke zusammen. Vor diesen Balken können jetzt jeweils zwei Umspannungen geführt werden.
- Es ist strikt darauf zu achten, dass die Umspannungen gleiche Längen haben. Dies kann man mit dem versetzten Anbringen der Gurte problemlos erreichen(siehe Skizzen / Abbildungen 5 und 6):
- Da wir am Anfang erwähnt haben, dass der Trailer in einem Fährhafen abgestellt wurde, um über die Ostsee transportiert zu werden, schauen wir im neuen CTU Code (www.deutsche-flagge.de/de/sicherheit/ladung/container) nach, welchen Beschleunigungen die Ladung für einen Transport auf der Ostsee standhalten muss.
In den neuen CTU-Packrichtlinien finden wir auf der Seite 23 die Beschleunigungen für die Beförderung auf See. Die Ostsee gehört zum Seegebiet A, hier wird uns für die Längsrichtung eine Beschleunigung von 0,3 g gegeben, dies allerdings mit einer verminderten Gewichtskraft von 50 %. Da wir für den Straßenverkehr in Längsrichtung mit 0,8 g rechnen, reicht die Sicherung der Ladung auf dem Trailer nach vorne.
Es kann aber sein, dass ein Trailer auf einer Fähre mit dem Heck nach vorne geladen wird. Für diesen Fall muss die Ladungssicherung nach "hinten" (auf dem Trailer) die Forderungen nach vorne auf dem Schiff erfüllen.
Mit unseren RH-Matten erreichen wir über die Reibung eine Sicherung von 60 %. Da sich auf einem Schiff die Vertikalkräfte durch Stampfbewegungen des Schiffes verändern können, dürfen wir nur mit 50 % der Gewichtskraft rechnen. 50 % der Gewichtskraft sind 12.000 daN. Multiplizieren wir diese mit unserer Reibung von 60 % oder 0,6 μ erhalten wir 7.200 daN an Sicherungskraft. Damit erfüllen wir die Forderungen des Seegebietes "A" knapp.
In Querrichtung muss auf der Ostsee mit 0,5 an Beschleunigung gerechnet werden. Dies kann aber wieder mit einer Gewichtskraft von 100 % erfolgen, d. h. auch für einen Transport auf der Ostsee sind wir mit dieser Sicherung gewappnet. - Für eine Transport über die Nordsee gilt in Längsrichtung ebenfalls 0,3 g, aber leider nur noch eine Gewichtskraft von 30 %. Das bedeutet für uns, dass wir in Längsrichtung nach vorne immer noch ausreichend gesichert haben, aber nach hinten eine ähnliche Gurtsicherung vornehmen müssen wie nach vorne, wobei aber ein Gurt ausreicht, da nur noch 2.880 daN an Sicherungskraft fehlen. Zur Seite müssen wir mit einer Beschleunigung von 0,7 rechnen, dürfen aber wieder mit 100 % der Gewichtskraft der Ladung rechnen, somit realisieren sich 60 % der Sicherung über die Reibung. Da wir mit vier Umspannungen (zwei pro Seite) weitere knapp 8.000 daN gesichert haben, kann dieser Trailer auch getrost über die Nordsee transportiert werden. Die kleine Einschränkung war eine zusätzliche Sicherung nach hinten.
Draufsicht (Fahrtrichtung rechts):
Abbildung 5 [GDV]
Seitenansicht (Fahrtrichtung rechts):
Abbildung 6 [GDV]
Fazit
Im Endeffekt haben wir uns kaum mehr Arbeit gemacht als die Herrschaften, die so kunstvoll diese Silly Loops gespannt haben. Für die Nordsee brauchen wir sieben Gurte, für die Ostsee und den Straßenverkehr sechs. Wir haben einfach nur mal wieder die Gurte ihrer Bestimmung gemäß eingesetzt. Mehr nicht, aber darauf kommt es an.
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