4.1 Nachweisberechnungen nach DIN EN 12195-1:2011


4.1.3 Reibbeiwert bei kombinierter Niederzurrung und Direktzurrung

Die Norm DIN EN 12195-1:2011 enthält keinen Hinweis auf die rechnerische Prüfung einer Ladungssicherungsanordnung, bei der Niederzurrung und Direktzurrung kombiniert werden. Möglicherweise liegt das an der scheinbar unüberwindlichen Schwierigkeit, die Niederzurrung, deren vereinfachtes Rechenmodell ohne Ladungsbewegung auskommt, mit der Direktzurrung gedanklich unter einen Hut zu bringen, bei der Ladungsbewegung unausweichlich zugestanden werden muss.

Die Norm sieht vor, dass Niederzurrungen mit dem normativen Reibbeiwert μ in eine Rutschbilanz eingehen, wobei dieser Wert sowohl für die Gewichtsreibung als auch für die zusätzliche Reibung aus den Vertikalkomponenten der Niederzurrkräfte verwendet werden soll. Dieser Reibbeiwert μ ist nach den Regeln der Norm ein rechnerisch verringerter Haftreibbeiwert oder ein rechnerisch erhöhter Gleitreibbeiwert, also so etwas wie ein Mittelwert zwischen Haft- und Gleitreibbeiwert.

Für Direktzurrungen soll dieser Reibbeiwert μ für die Bemessung der Gewichtsreibung und der Reibung aus den Vertikalkomponenten der Zurrkraft mit dem Faktor fμ verkleinert werden. Dieser Faktor beträgt 0,75 und kann größer gewählt werden, wenn der Gleitreibbeiwert durch Zugprüfungen bestimmt worden ist. Das wird aber kaum gemacht, so dass es praktisch bei fμ = 0,75 bleibt. Damit wird, eher unbeabsichtigt, eine kleine Sicherheitsmarge gegen dynamische Zurrkraftüberhöhung geschaffen (siehe Kapitel 2.3.4).

Kombinierte Sicherungsanordnungen aus Niederzurrung und Direktzurrung kommen in der Praxis häufig vor, vorzugsweise dann, wenn die übliche Niederzurrung das Rutschen in Querrichtung allein verhindern kann, aber in Längsrichtung nach vorn durch zusätzliche Direktsicherung unterstützt werden muss. Soll eine solche Sicherungsanordnung durch eine Kräftebilanz geprüft werden, so stellt sich unweigerlich die Frage, mit welchem Reibbeiwert die reine Gewichtsreibung der Ladung ermittelt werden soll.

Eine sinnvolle Interpretation der Norm kann darin bestehen, die Niederzurrung und die Direktzurrung getrennt zu betrachten. Dazu werden die Ungleichungen für Niederzurrung und Direktzurrung so umgestellt, dass man das Ladungsgewicht erhält, welches durch jede der Maßnahmen maximal gesichert werden kann. Das Gesamtgewicht der Ladung darf dann die Summe der beiden Teilgewichte nicht überschreiten.

Dieser Ansatz missachtet zwar die ungenannten Voraussetzungen der vereinfachten Rechenmodelle der Norm, nämlich dass sich niedergezurrte Ladung nicht bewegen soll, während direkt gezurrte Ladung dies ausdrücklich darf. Aber er ist dennoch brauchbar und angemessen angesichts der Tatsache, dass sich auch niedergezurrte Ladungen bei Extrembelastungen stets bewegen, dabei sogar die Niederzurrwirkung noch erhöhen, und gleichzeitig die Direktsicherung so weit dehnen lassen, dass sie ebenfalls ihren Anteil übernehmen kann (siehe dazu auch Kapitel 3.5.3).

Deshalb wird dieser Ansatz als Grundlage für eine übliche Kräftebilanz verwendet, in der die Gewichtsreibung mit dem vollen Beiwert μ bestimmt wird. Die in der Norm verlangte Verringerung des Reibbeiwerts der Gewichtsreibung für die Direktzurrungen wird dadurch berücksichtigt, dass die zulässige Belastung LC mit einem Faktor fLC verkleinert wird. Dieser Faktor lässt sich mathematisch exakt für den Fall einer ausgeglichenen Bilanz bestimmen, wie nachstehend gezeigt wird. Die Norm liefert folgende Sicherungswirkungen:

Sicherungswirkung der Niederzurrung: SWNZ = (2/ fS) · μ · nNZ · STF sinα[daN]

Sicherungswirkung der Direktzurrung: SWDZ = nDZ · LC · (X,Y + fμ · μ · Z)/L [daN]

Mit diesen Sicherungswirkungen wird die Bilanz der kombinierten Sicherungsanordnung aufgestellt, wobei die Direktzurrung den Faktor fLC erhält.

Bilanz:

$$G \cdot c_{X,Y} \leq G \cdot \mu + SW_{NZ} + f_{LC} \cdot SW_{DZ} [daN] $$

Der noch unbekannte Faktor fLC wird herausgestellt:

Daraus folgt für den Faktor fLC:

$$ f_{LC} \geq \frac{G \cdot (c_{X,Y} – \mu) – SW_{NZ}}{SW_{DZ}} $$

Nun wird G durch die Summe der maximal zu sichernden Teilgewichte ersetzt.

Maximal zu sicherndes Gewicht:

$$ G \leq \frac{SW_{NZ}}{(c_{X,Y} – \mu)} + \frac{ SW_{DZ} }{(c_{X,Y} – f_{\mu} \cdot \mu) } [daN]$$

Faktor für die Direktsicherungswirkung:

$$ f_{LC} = \frac{(c_{X,Y} – \mu)}{(c_{X,Y} – f_{\mu} \cdot \mu)} $$

In allgemeiner Form, also auch für verringerte vertikale Beschleunigungsbeiwerte im Schienenverkehr oder im Seeverkehr, lautet die Formel für den Faktor:

$$ f_{LC} = \frac{(c_{X,Y} – \mu \cdot c_Z)}{(c_{X,Y} – f_{\mu} \cdot \mu \cdot c_Z)} $$

Die Faktoren fLC können den nachstehenden Tabellen entnommen werden, die mit fμ = 0,75 berechnet worden sind. Die Tabellen enthalten dann keine brauchbaren Werte, wenn der Zähler des Bruchs zu Null oder kleiner wird, also theoretisch weder Niederzurrung noch Direktzurrung erforderlich sind, weil die Reibung allein zur Sicherung ausreicht.

fLC-Werte für den Straßenverkehr:


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fLC-Werte für den kombinierten Verkehr auf der Schiene:


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fLC-Werte für den kombinierten Verkehr über See in Längsrichtung:


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fLC-Werte für den kombinierten Verkehr über See in Querrichtung:


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