3.2 Sicherung durch Fahrzeugaufbauten


Die eigentliche Sicherung der Ladung auf dem Fahrzeug wird wesentlich erleichtert, wenn feste Fahrzeugaufbauten in Form von Stirnwand, Seitenwänden und Rückwand die Ladung vor dem Verrutschen und gegebenenfalls Kippen bewahren können. An dieser Stelle wird nur eine kurze Einführung zur Beurteilung von Fahrzeugaufbauten gegeben. Ausführliche Angaben über die Leistungsfähigkeit von Fahrzeugaufbauten finden sich in Kapitel 5 dieses Handbuchs.

Will man die Wirkung von Fahrzeugaufbauten gegen Verrutschen von Ladung bei extremen Fahrsituationen (Vollbremsung, Kurvenfahrt, Ausweichen) einschätzen, so muss man sich zunächst über die Reibung auf der Ladefläche klar werden. Ist die Ladefläche sauber, also trocken und frei von Schmutz, Sand, fettigen Substanzen oder gar Eis und Schnee, so kann der Reibbeiwert zur Ladungsunterseite anhand von Normvorgaben oder Messwerten bestimmt werden. Mit den ebenfalls durch Normvorgaben festgelegten Werten der Beschleunigung (siehe Kapitel 2.2) ergeben sich die Kräfte, denen die Ladung ausgesetzt sein kann. Zieht man davon die Reibung ab, so ergibt sich der Anteil, den die Laderaumbegrenzung übernehmen muss und den man nur noch mit den Maximalwerten zu vergleichen hat, die aus den Unterlagen des ausgewählten Fahrzeugs hervorgehen. Ergibt sich hier ein Fehlbetrag, so muss dieser mit zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen (z.B. Niederzurrung, Direktzurrung) ausgeglichen werden. Hierzu ein einfaches Beispiel:

Beispiel: 

Eine Ladung von insgesamt 24 t in Form von beladenen Paletten soll mit einem Lastkraftwagen befördert werden. Der Reibbeiwert zur Ladefläche wird nach Normvorgabe mit 0,4 festgelegt. Das Gewicht der Ladung beträgt 24000 · 0,981 = 23544 daN. Die nachfolgende Berechnung liefert die mindestens erforderliche Widerstandsfähigkeit der Fahrzeugaufbauten.

  Stirnwand Seitenwände Rückwand
Trägheits-
kraft
0,8 · 23544 = 18835 daN 0,5 · 23544 = 11772 daN 0,5 · 23544 = 11772 daN
abzgl.
Reibung
0,4 · 23544 =  9418 daN 0,4 · 23544 =  9418 daN 0,4 · 23544 =  9418 daN
Rest-
belastung
9417 daN 2354 daN 2354 daN

Zur Auswahl stehen zwei Fahrzeuge. Das erste Fahrzeug hat eine Nutzlast von 28000 daN und besitzt einen Aufbau mit Bordwänden und Plane nach Code L der Norm DIN EN 12642. Das zweite hat eine Nutzlast von 24000 daN und besitzt einen Kofferaufbau nach Code XL der gleichen Norm. Die maximalen Belastbarkeiten (siehe auch Kapitel 6) sind:

  Stirnwand Seitenwände Rückwand
Code L
Fahrzeug
Maximalwert = 5000 daN 0,3 · 28000 = 8400 daN Maximalwert = 3100 daN
Code XL
Fahrzg.
0,5 · 24000 = 12000 daN 0,4 · 24000 = 9600 daN 0,3 · 24000 = 7200 daN

Wird das Code L Fahrzeug gewählt, möglicherweise wegen der Belademöglichkeit von der Seite, so ist die Ladung zusätzlich gegen Rutschen nach vorn zu sichern, um das Defizit von 9417 – 5000 = 4417 daN auszugleichen. Beim Code XL Fahrzeug kann das entfallen, wenn die Ladung bündig an Stirn- und auch Rückwand anliegt.

Wichtig für die direktsichernde Wirkung von Fahrzeugaufbauten ist, dass möglichst ohne Staulücken geladen wird. Kleine Staulücken im unteren einstelligen Zentimeterbereich sind zwar nie ganz zu vermeiden. Werden jedoch die Abstände einzeln oder als Summe größer, so besteht die Gefahr, dass beim Einwirken einer Trägheitskraft die zusammenrutschende Ladung zuviel kinetische Energie aufnimmt und dann beim Aufprall Zerstörungen anrichtet, sowohl am Fahrzeug als auch an sich selbst.

Die elastische Nachgiebigkeit von Fahrzeugaufbauten ist gering im Vergleich zu der von Zurrmitteln, also Ketten und insbesondere Gurten. Werden Stirnwand oder Bordwände dicht über der Ladefläche belastet, so erreichen sie ihre Höchstbelastung schon nach einer kleinen Verformung. Das ist günstig, weil dadurch auch ein Rutschen der Ladung begrenzt wird. Bei höherem Lastangriff, z.B. einen Meter über der Ladefläche, kann der Lastweg schon im Bereich von 10 oder mehr Zentimetern liegen. Die geringere Nachgiebigkeit von Fahrzeugaufbauten sollte beachtet werden, wenn zusätzlich mit Zurrmitteln gesichert wird, die wesentlich nachgiebiger sind. Darauf wird unter 3.5 näher eingegangen.