4.1 Nachweisberechnungen nach DIN EN 12195-1:2011


4.1.1 Berechnungsformeln nach Normvorgabe

Die nachstehend aufgeführten Abschnitte der Norm DIN EN 12195-1:2011 behandeln folgende Berechnungsfälle:

Abschnitt

Sicherungsanordnung

5.4.2

Niederzurrung gegen Rutschen in Querrichtung und in Längsrichtung

5.4.2

Niederzurrung gegen Rutschen kombiniert mit Blockierung

5.4.3.1

Niederzurrung gegen Kippen in Querrichtung und in Längsrichtung

5.4.3.2

Niederzurrung von Ladungsreihen gegen Kippen in Querrichtung

5.5.2

Schrägzurrung gegen Rutschen in Querrichtung und in Längsrichtung

5.5.3.1

Diagonalzurrung gegen Rutschen in Querrichtung und in Längsrichtung

5.5.3.2

Diagonalzurrung gegen Kippen in Querrichtung und in Längsrichtung

5.5.3.3

Diagonalzurrung blockierter Ladung gegen Kippen in Quer- und Längsrichtung

5.5.4.2

Umreifungszurrung gegen Rutschen in Querrichtung

5.5.4.3

Umreifungszurrung von Ladungsreihen gegen Kippen in Querrichtung

5.5.5.2

Kopfschlingenzurrung gegen Rutschen in Längsrichtung

5.5.5.3

Kopfschlingenzurrung gegen Kippen in Längsrichtung

Für diese Fälle werden nachstehend Bilanzformeln angegeben, die den Formeln der Norm entsprechen, aber einfacher zu verstehen sind. In diesen Bilanzformeln steht auf der linken Seite die auf die Ladung wirkende Trägheitskraft bzw. das Kippmoment aus dieser Trägheitskraft. Auf der rechten Seite stehen die Wirkungen aller vorhandenen sichernden Einflüsse, also Gewichtsreibung bzw. Eigenstandmoment sowie die Wirkungen der angewandten Sicherungsmaßnahmen. Damit der Transport normgerecht durchgeführt werden kann, muss die Gesamtsicherungswirkung auf der rechten Seite der Bilanz mindestens gleich, besser aber etwas größer als die Belastung auf der linken Seite sein. Um die Addition zu erleichtern, werden in den Formblättern die Posten der Bilanz untereinander angeordnet.

Es gelten die folgenden Abkürzungen: m = Masse der Ladung [kg]
G = Gewicht der Ladung [daN] ( G = m · 0,981)
μ = Reibbeiwert nach Norm
n = Anzahl der Niederzurrungen; Anzahl der Direktlaschings
STF = genormte Vorspannkraft in einer Niederzurrung [daN]
FR = Zurrkraft in einem Direktlasching [daN]
LC = zulässige Belastung eines Laschings [daN]
α = vertikaler Laschwinkel einer Niederzurrung
d = vertikaler Schwerpunktabstand zur Kippachse [m]
b = horizontaler Schwerpunktabstand zur Kippachse in Querrichtung [m]
r = horizontaler Schwerpunktabstand zur Kippachse in Längsrichtung nach hinten [m]
s = horizontaler Schwerpunktabstand zur Kippachse in Längsrichtung nach vorn [m]
w = Basisbreite der Ladungseinheit [m]
u = Basislänge der Ladungseinheit [m]
N = Anzahl nebeneinander stehender, kippgefährdeter Versandstücke
h = vertikaler Abstand eines Zurrpunkts von der Kippachse [m]
e = horizontaler Abstand eines Zurrpunkts von der Kippachse in Querrichtung [m]
v = horizontaler Abstand eines Zurrpunkts von der Kippachse in Längsrichtung [m]
X = Längskomponente eines Direktlaschings [m]
Y = Querkomponente eines Direktlaschings [m]
Z = Vertikalkomponente eines Direktlaschings [m]
L = Länge eines Direktlaschings [m]

Zu Abschnitt 5.4.2: Die Niederzurrung gegen Rutschen der Ladung ist die am häufigsten angewandte Sicherungstechnik. Die normgerechten Bilanzen lauten:

Rutschen nach vorn: 

0,8 · G ≤ μ · G + 1,6 · μ · n · STF · sinα [daN]

Rutschen nach hinten: 

0,5 · G ≤ μ · G + 1,8 · μ · n · STF · sinα [daN]

Rutschen zur Seite: 

0,5 · G ≤ μ · G + 1,8 · μ · n · STF · sinα [daN]

Wird die Niederzurrung mit Blockierung kombiniert, so erhöht sich die Sicherungswirkung auf der rechten Seite der Bilanz um die verfügbare Blockierkraft BC (blocking capacity).

Zu Abschnitt 5.4.3.1: Bei der Niederzurrung gegen Kippen sind nicht nur Kräfte, sondern auch Hebel von Bedeutung (Abb. 4.1). In Querrichtung unterscheidet die Norm zwei Alternativen. Um sicherzustellen, dass auch die ungünstigere Alternative erfüllt wird, sind grundsätzlich beide zu prüfen. Die normgerechten Bilanzen lauten:

Kippen nach vorn: 

0,8 · d · G ≤ s · G + 0,8 · u · n · STF · sinα [daN · m]

Kippen nach hinten: 

0,5 · d · G ≤ r · G + 0,9 · u · n · STF · sinα [daN · m]

Kippen zur Seite 1: 

0,5 · d · G ≤ b · G + 0,9 · w · n · STF · sinα [daN · m]

Kippen zur Seite 2: 

0,6 · d · G ≤ b · G + 0,45 · w · n · LC · sinα [daN · m]

Abbildung - LSBH

Abbildung 4.1: Kippsicherung durch Niederzurrung [H. Kaps]

Zu Abschnitt 5.4.3.2: Die Niederzurrung einer Ladungsreihe gegen Kippen in Querrichtung erfasst auch die Reibung zwischen den Ladungseinheiten als kippsichernde Kraft (siehe Kapitel 3.5.7). Auch hier treten in den Bilanzformeln die beiden Alternativen auf:

Kippen zur Seite 1:

0,5 · d · G ≤ b · G + 0,9 · w · n · STF · (sinα + 0,25 · (N – 1)) [daN · m]

Kippen zur Seite 2:

0,6 · d · G ≤ b · G + 0,45 · w · n · LC · (sinα + 0,25 · (N – 1)) [daN · m]

Zu Abschnitt 5.5.2: Die Schrägzurrung in Quer- und Längsrichtung ist nur ein Sonderfall der Diagonalzurrung. Deshalb werden an dieser Stelle keine Bilanzformeln angegeben. Die nachfolgenden Formeln für Diagonalzurrung sind auch für Schrägzurrung verwendbar.

Zu Abschnitt 5.5.3.1: Die Diagonalzurrung gegen Rutschen in Quer- und Längsrichtung ist der klassische Fall der Direktzurrung. Jeder diagonal geführte Lasching bietet eine Längs-, eine Quer- und eine Vertikalkomponente. In den nachstehenden Bilanzformeln werden die Sicherungswirkungen für die Anzahl von n Laschings ähnlichen geometrischen Aufbaus angegeben, wobei n generell nicht größer als 2 werden sollte, um statische Unbestimmtheit auszuschließen (siehe Unterkapitel 4.1.2). Die Kraftkomponenten werden mit Hilfe der Längenkomponenten dargestellt, weil diese zuverlässiger zu bestimmen sind als die Winkel α und β. Die Länge L der Laschings kann ebenso wie die Komponenten X, Y und Z gemessen oder aus diesen berechnet werden mit L = Wurzel aus (X2 + Y2 + Z2).

Rutschen nach vorn:     

0,8 · G ≤ fμ · μ · G + n · LC · (X + fμ · μ · Z)/L [daN]

Rutschen nach hinten:   

0,5 · G ≤ fμ · μ · G + n · LC · (X + fμ · μ · Z)/L [daN]

Rutschen zur Seite:  

0,5 · G ≤ fμ · μ · G + n · LC · (Y + fμ · μ · Z)/L [daN]

Zu Abschnitt 5.5.3.2: Die Bilanzen der Diagonalzurrung gegen Kippen ähneln hinsichtlich der verwendeten Hebel denen der Niederzurrung. Es werden jedoch auch die Horizontalkomponenten der Zurrkräfte zur Kippsicherung berücksichtigt (Abb. 4.2). Auch hier sollte die Anzahl n gleichsinnig wirkender Laschings nicht größer als 2 sein. Die Bilanzen lauten:

Kippen nach vorn:

0,8 · d · G ≤ s · G + n · LC · (X · h + Z · v)/L [daN · m]

Kippen nach hinten:  

0,5 · d · G ≤ r · G + n · LC · (X · h + Z · v)/L [daN · m]

Kippen zur Seite:    

0,6 · d · G ≤ b · G + n · LC · (Y · h + Z · e)/L [daN · m]

Abbildung - LSHB

Abbildung 4.2: Kippsicherung durch Niederzurrung [H. Kaps]

Zu Abschnitt 5.5.3.3: Die in der Norm beschriebene Kombination von Diagonalzurrung mit Blockierung gegen das Kippen ist nicht praktikabel. Das wird im nachfolgenden Unterkapitel 4.1.2 erklärt. Die Angabe einer Bilanzformel erübrigt sich daher.

Zu Abschnitt 5.5.4.2: Die Umreifungszurrung gegen Rutschen in Querrichtung ist ein Sonderfall der Diagonalzurrung. Diese Form der Sicherung von Ladungseinheiten ohne Zurrpunkte wird auch Buchtlasching genannt (siehe Kapitel 3.4.3). Beide sichernde Abschnitte jedes Buchtlaschings werden mit der Sicherungswirkung einer Diagonalzurrung in die Bilanz eingesetzt. Es dürfen zwei gleichsinnig wirkende Buchtlaschings eingesetzt werden, die mit jeweils beiden Abschnitten tragen, ohne dass statische Unbestimmtheit zu befürchten ist.

Zu Abschnitt 5.5.4.3: Die Umreifungszurrung von Ladungsreihen gegen Kippen in Querrichtung ist hinsichtlich der kippsichernden Reibung zwischen den vertikalen Berührungsflächen der Versandstücke mit der unter 5.4.3.2 genannten Niederzurrung von Ladungsreihen gegen Kippen in Querrichtung vergleichbar (siehe Kapitel 3.5.7). Die Norm sieht hier vor, dass zum Begrenzen des Ankippens im Lastfall als sichernde Kraft nur 0,5 · LC in die Bilanz gesetzt wird. Die Bezugnahme auf LC entspricht der Alternative 2 der Bilanzen für Niederzurrung gegen Kippen in Querrichtung. Die Bilanzformel lautet:

Kippen zur Seite:

0,6 · d · G ≤ b · G + n · 0,5 · LC · [Y/L · h + (Z/L +0,25 · (N – 1)) · w] [daN · m]

Zu Abschnitt 5.5.5.2: Die Kopfschlingenzurrung gegen Rutschen in Längsrichtung ist bilanzmäßig wie eine Diagonalzurrung unter 5.3.3.1 der Norm zu behandeln.

Zu Abschnitt 5.5.5.3: Die Kopfschlingenzurrung gegen Kippen in Längsrichtung ist bilanzmäßig wie eine Diagonalzurrung unter 5.3.3.2 der Norm zu behandeln.