Foto des Monats – November 2022 |
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Container-Füße!
Siehst Du Füße schmal und hoch, die kippen um, das weiß man doch!
Auch wenn wir für diesen Satz nicht den Pulitzerpreis bekommen, sagt er doch viel über diese Verladung aus. Kippelige Ladung und extrem hohe Punktlasten.
Abbildung 1 [Michael Zein]
Was sehen wir auf diesem Bild des Monats. Stahlteile länglich flach, die mittels Container-Eckbeschlägen (CEB) stapelbar gemacht und mittels Twistlocks miteinander verbunden wurden.
Abbildung 2 [Michael Zein]
Die Konstruktion ist intelligent und scheint sehr stabil. Immer zwei Container-Eckbeschläge sind mit einer Schiene verbunden, in die die flachen Stahlteile mittels Schraubverbindung eingefügt und befestigt werden können. die Nut, die zwischen den CEB entstanden ist, kann hervorragend zur Führung der Gurte genutzt werden.
Die Sicherung, die hier vorgenommen wurde, ist eine s. g. „Diagonalsicherung“. Es handelt sich schlicht um eine Direktsicherung, die unsinniger Weise überkreuz genommen wurde. Der Horizontalanteil dieser Sicherung gegen die Bewegungsrichtung nach vorne ist verschwindend gering und damit eine Verschwendung von Zeit, Material und Geld.
Abbildung 3 [Michael Zein]
Das Problem dieser Halterungsidee ist die Art der Verbindung der CEB untereinander mit Twistlocks. Diese sind für die Sicherung von Containern gedacht und haben daher auch eine sehr hohe Haltbarkeit. Vom Grundsatz her eine gute Idee und eine superstabile Verbindung. Was aber dieser Verladung u.a. zum Verhängnis geworden ist, ist das Spiel oder die Lose der Twistlocks, wie hier in diesem Bild sehr gut zu sehen. Beim Stapeln von Containern ist diese Lose kein Problem, denn durch die Diagonalsteifigkeit der Container selbst, können diese den s.g. Recking Forces gut widerstehen. Die hier „eingespannte“ Ladung wurde nur mit Schraubverbindungen befestigt, kann also keine diagonalen Scherkräfte aufnehmen, um den Stapel zu stabilisieren. Diese Stabilisierung müsste extern durch Sicherungsmaßnahmen erfolgen. War aber nicht!
Abbildung 4 [Michael Zein]
Das zweite Problem dieser Verladung sind die großen Punktlasten. Container-Eckbeschläge sind sehr stabil und können hohe Kräfte übertragen. Container werde aber in der Regel auf den dafür vorgesehenen Chassis transportiert, die über eigens dafür entwickele Aufnahmen mit Twistlocks verfügen. Eine normale Ladefläche kann diese Kräfte nicht aufnehmen und schon gar nicht dann, wenn die CEB auch noch verkippt werden und die gesamte Last als Linienlast eingebracht wird. Das Ergebnis sehen wir hier recht eindrucksvoll.
Ursprünglich wurde die Ladung genau auf dem grünen Querträger positioniert, denn man war sich der zu hohen Punktlast für die Ladefläche offensichtlich bewusst. Leider konnte die Ladung dann im Belastungsfall (Vollbremsung aus nur 18km/h) nach vorne rutschen und dabei noch kippen.
Gut gemeint ist eben nicht immer gut gemacht. Solche Konstruktionen und Sicherungen müssen zu Ende gedacht werden.
Bei dieser Verladung wurde viel Mühe, Zeit und Geld investiert, wohl auch deswegen, weil die Konstruktion mehrfach wiederverwendbar ist. Leider haben die Gestelle keine Containerabmessungen, so fällt die Nutzung von typischen Container-Chassis weg. Aber wir können uns die Idee der Containersicherung zu Nutze machen. Wir würden zwei Stahlplatten nehmen, die die Fahrzeugbreite haben. Seitlich müssten für die seitliche Sicherung Winkel angeschweißt werden, damit die Platten (seitlich) formschlüssig auf dem Fahrzeug liegen. Auf den Platten werden jetzt die Twistlocks so positioniert und verschweißt, dass sie zu den Abmessungen der Gestelle passen. Die Stahlplatten (oder Rahmenkonstruktionen) sind so breit, dass sie ein Kippen nicht ermöglichen.
Skizze 1 [FdM]
Da die Ladegestelle durch die Lose in den Twistlocks nach vorne und nach hinten sehr kippelig sind, müssen sie mehrfach direkt gesichert werden. Wie würden wir vorgehen:
- Ermittlung der Massen der vier oberen Gestelle. Die unterste wird formschlüssig auf der Platte mittels Twistlock gesichert und muss deswegen nicht noch zusätzlich gegen Kippen gesichert werden.
- Grundlage der Berechnung sind, nach vorne volle 0,8g, denn es geht darum den relativ frei balancierten Turm aus CEB so zu sichern, dass er sich nur noch minimal bewegen kann.
- Wir nehmen 16t (4x4t) an.
- Die Stahlplatte auf der Ladefläche liegt natürlich ganzflächig auf RH-Material bzw. ist dieses fest mit der Stahlplatte verklebt. Das spart kleinteilige Arbeit bei der Positionierung der Platte auf der Ladefläche.
- Um die Sicherung nach vorne zu berechnen, nehmen wir die Gewichtskraft von 16.000 daN und multiplizieren sie mit 0,8, um die 80% an Kraft zu ermitteln, die nach vorne wirken kann. Ergebnis 12.800 daN.
- Vielleser unserer Kolumne ahnen schon was jetzt kommt: Richtig! Kopfbuchten. Das heißt im Klartext, dass wir die „Intelligenz“ der Gurte maximal ausnutzen, indem wir sie um die Stirnseite der Ladung nehmen. Sie lassen sich sehr gut in den Nuten die zwischen den CEB´s entstanden sind einlegen und führen, ohne Gefahr zu laufen abzurutschen.
- Wir wählen sehr lange Gurte, um möglichst kleine Winkel zu bekommen.
- Die Spannelemente setzen wir wechselseitig, damit sich die Vorspannung gleich von Anfang an gleichmäßig verteilt.
- Die Anzahl der Gurte ist einfach zu berechnen 12.800 daN : 4.000 daN macht vier gegen die Bewegungsrichtung nach vorne.
- Die tatsächliche horizontale Wirkung der Gurte (wegen den Winkeln zur Ladefläche) können wir mit dem „Backrezept“ überprüfen, das wir in unserer Kolumne schon häufiger vorgestellt haben, darum verzichten wir heute auf die erneute Darlegung desselben.
Skizze 2 [FdM]
- Wichtig ist, dass die Gurte wechselseitig so gesetzt werden, dass sie alle möglichst gleichlang sind, sonst trägt der kürzeste die Hauptlast und der längste die kleinste Last. Um dies zu verdeutlichen, haben wir die beiden Skizzen angefertigt!
Skizze 3 [FdM]
- Da aufgrund der Ladungsgeometrie der oberste Gurt geringfügig länger ist erhöhen wir dort die Vorspannung geringfügig und setzen einen fünften Gurt darüber, der die gleiche Länge aufweist wie die der anderen Gurte. Geht das nicht, oder ist schlecht zu bewerkstelligen, können auch zwei separate Direktzurrungen hinten an der Ladung angebracht werden. Aber bitte nicht überkreuz!
- Da die Ladung bis zu einem gewissen Grad lose übereinandersteht, muss in ähnlichem Maße die Ladungssicherung nach hinten erfolgen, und zwar gegen eine Beschleunigung von 0,5g. Zusätzlich muss die Vorspannung von vorne durch die Ladungssicherungsmittel hinten aufgenommen werden. Das Gleiche gilt andersherum.
- Wir wählen bei der Vorspannung keine maximale Kraft, achten aber sehr darauf, dass die Gestelle im Belastungsfall nicht in lose Gurte fallen.
- Das die Vorspannung bei Direktsicherung, die gegeneinander wirken (vorne / hinten) zu Lasten der verbleibenden Sicherungskraft geht, ist eine Mähr, denn: Damit eine Direktzurrung ihre Haltekraft entwickeln kann, muss sich die Ladung etwas bewegen, was sie natürlich auch tut. Wird das Fahrzeug abgebremst, wird die Ladung relativ zum Fahrzeug nach vorne beschleunigt, unser Turm von CEB will nach vorne kippen. Dabei werden die Gurte gespannt und halten die Ladung. Durch die Bewegung der Ladung nach vorne, werden die hinteren Gurte entlastet, ihre Vorspannung wird kleiner und steht jetzt der Sicherung gegen die Bewegungsrichtung nach Vorne zur Verfügung.
Die Ladungssicherungskolumnisten wünschen einen entspannten Herbst.
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