Foto des Monats – August 2022 |
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Pötte pötte röll röll…
Schon wieder Stahl werden einige Leser*innen sagen…Richtig schon wieder Stahl, aber der ist einfach so herrlich vielseitig, dass er immer wieder neue Perspektiven eröffnet.
Der Titel des heutigen Fotos des Monats ist der Augsburger Puppenkiste entliehen, man möge uns verzeihen. Aber rollenförmige Ladung in Fahrtrichtung mit der Wickelachse liegend quer, weckt einfach Kindheitserinnerungen in uns.
Was ist an dieser Verladeart so problematisch? Richtig! Die Ladung hat im Falle eines Falles nur die Rollreibung und die vernachlässigen wir bei der Berechnung der Ladungssicherung. Das heißt also, dass wir in Längsrichtung mit 80% der Gewichtskraft der Ladung rechnen und diese komplett mit Sicherungsmaßnahmen abfangen müssen. Damit nicht genug, gleiches gilt entgegen der Fahrtrichtung. Diese 50% werden in der Regel durch Reibung und die Sicherungsmaßnahmen, die wir für die seitliche Sicherung benötigen, mit abgehandelt. Kann die Ladung aber rollen, ist nichts mit Reibung und wir müssen uns sehr dezidiert mit der Sicherung nach hinten auseinandersetzen.
Abbildung 1 [Raymond Lausberg]
Das ist der Verladefall! Wire Rod Coils mit der Wickelachse liegend quer auf einem Curtainsider-Auflieger. Die Lastverteilung scheint auf den ersten Blick i.O. Der Gesamtschwerpunkt der Ladung ist ca. 0,8 bis 1m vor dem ersten Achs-Aggregat. Ohne die Lastverteilungskurve genau zu kennen, lohnt hier keine weitere Vertiefung des Themas (wir sind ja auch keine Erbsenzähler, obwohl uns dieser Ruf mitunter vorauseilt).
Abbildung 2 [Raymond Lausberg]
Offensichtlich hat man in diesem Fall die Bedeutung der Ladungssicherung nach vorne realisiert, oder vielleicht auch nur erahnt. Man ist dieser bedeutenden Aufgabe formschlüssig begegnet, oder sollten wir besser sagen man hat darüber nachgedacht ihr formschlüssig zu begegnen.
Was wurde gemacht?
- Drei Balken ausgelegt, zwei längs und einen quer. Basta.
- Das ist eine gute Hilfe für die Verladung, denn an diese „Konstruktion“ kann bequem herangeladen werden.
- Mehr aber auch nicht!
- Sollen rollenförmige Ladungen mit Keilen an der Rollrichtung längs gehindert werden, sollte die Höhe der Keile mindestens 1/6 des Durchmessers der zylindrischen Ladung betragen.
- Die Kraft muss dann gut verteilt in die Stirnwand eingeleitet werden und nicht wie hier …punktförmig.
- Ferner muss die Ladung zusätzlich am Überrollen der Hilfsmittel gehindert werden.
- Der Keil sollte eine möglichst große Breite haben, um die Ladung zu schonen (das hat man hier probiert und hat den Balken über die ganze Fahrzeugbreite gelegt).
- Und wenn schon mit Holz gearbeitet wird, dann sollte auch Holz Verwendung finden, das den Job auch übernehmen kann. Hier wurde minderwertiges Holz verwandt, dass über Äste verfügt, an denen das Holz wahrscheinlich schon bei der Verladung nachgegeben (gebrochen ist) hat.
- Ach ja, bevor wir es vergessen: Jedes Coil müsste so mit Holzkeilen abgefangen werden!!!
Abbildung 3 [Raymond Lausberg]
Aus der Ladungssicherung sind wir nicht so recht schlau geworden. Wir sehen auf der Abb.3 die letzte geladene Coil-Reihe.
- Der erste Gurt im Vordergrund ist eine Art Umspannung gegen die Bewegungsrichtung nach vorne. Gut, kann man so machen, wir hätten ihn deutlich entschlossener nach hinten genommen, um der Bewegungsrichtung nach vorne (Rollrichtung) klar entgegenzuwirken. Wir hätten auch ein Exemplar genommen, dass noch nicht so abamüsiert ist wie dieses (die Ablegereife droht mit Macht, oder ist schon erreicht).
- Der zweite Gurt, der so ein bisschen aufsteigend in das Coilauge „steigt“, ist ein s.g. silly loop. Er hat hier die Funktion die beiden Coils zusammen zu halten, die hier nebeneinander geladen wurden. Eine richtige Sicherungsaufgabe übernimmt er nicht, denn er würde im Belastungsfall durchrutschen. Sollen die Coils während der Beladung gebündelt werden, ist dies besser mit einem Bündelungs-Gurt zu erledigen. Er wird durch das Coilauge genommen und in sich selbst eingefädelt und angespannt.
- Der dritte Gurt (dunkelrot) ist eine Umspannung nach vorne, gegen die Bewegungsrichtung nach hinten.
Ladungssicherung:
Wie würden wir sichern?
- Das mit dem Holz kann man machen, muss es aber nicht. Wenn, dann muss die Höhe des Keils mindestens 1/6 des Außendurchmessers der Coils (besser eine gutesStück mehr) betragen. Hier hätte man einen Vierkantbalken 15 x 15cm nehmen können, der auf einer Seite stark angefast ist um die Ladung zu schützen. Der Druck kann nach vorne zur Stirnwand geleitet und muss dort wirkungsvoll verteilt werden. Achtung, was habe ich für eine Stirnwand?
- Wir würden schlicht auf RH-Matten laden, beim Laden auch mit Vierkantbalken, aus Arbeitsschutzgründen, arbeiten, aber diese nicht zur Ladungssicherung heranziehen. Die RH-Matten bieten in seitlicher Richtung eine gute Sicherung.
- In beide Längsrichtungen arbeiten wir mit Umspannungen. Gehen wir von einer Komplettladung aus. Bei 24t müssen wir nach vorne 19.200 daN abfangen. Dazu nehmen wir gegen die Bewegungsrichtung „vorne“ sechs Umspannungen, deren Enden wir weit nach hinten bzw. nach vorne führen, um möglichst günstige Winkel zu bekommen.
- Gegen die Bewegungsrichtung „hinten“ nehmen wir vier Gurte und verfahren wie oben und versuchen ebenfalls günstige (spitze) Winkel zu bekommen.
- Gegen die seitliche Bewegung könnten wir uns auf die RH-Matten verlassen, dafür fehlt uns aber die Mindestsicherung, eine Niederzurrung pro Coilpaar.
- Da diese Niederzurrung sehr flache Winkel aufweist, entscheiden wir uns für drei weitere Umspannungen pro Seite. Wir fassen immer zwei Coilpaare mit einer Umspannung zusammen und sichern sie auf eine Seite. Hierzu führen wir den Gurt durch das eine Coilauge hin und durch das andere Coilauge zurück (wie ein „U“). Das erfordert weitere drei Umspannungen pro Seite, ergibt aber eine hervorragende Sicherung.
- Ja, es ist eine aufwändige Sicherung mit 16 Gurten und RH-Material. Es ist aber auch eine Ladung, die in Rollrichtung verladen wird, bei der uns die Reibung nur bei der seitlichen Sicherung zur Hilfe kommt. Eigentlich bräuchten wir die RH-Materialien nicht, denn wir sichern ja mit Umspannungen reichlich über den Bedarf, aber wir gehen auf Nummer sicher, denn „Sicher ist Sicher“ und Reibung kostet (fast) nichts.
Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen Ihnen einen entspannten Sommer.
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