2  Mathematische Herleitung
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2.1 Vertikale Sekundäraufhängung

Bild 2.1 zeigt eine Aufhängung mit Primär- und Sekundärstroppen. Die Masse der Spreize wir vernachlässigt.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.1: Virtuelle Position des Ladungsschwerpunkts bei vernachlässigter Spreizenmasse

In Bild 2.1 links hängt die Ladung gerade. Im rechten Teil ist sie um den kleinen Winkel dφ geneigt infolge einer zunächst unbekannten Ausmittigkeit e des Schwerpunkts. Diese Ausmittigkeit soll bestimmt werden als Differenz der Gesamtverschiebung des Schwerpunkts GG1 und der Strecke s × dφ infolge des Ausschwingens der Sekundäraufhängung.

  

Die Distanz (v – z) unterhalb des Aufhängezentrums führt zu einem Punkt, an dem die Ausmittigkeite allein die Neigung dφ und die neue Gleichgewichtslage verursachen würde. Dieser Punkt ist der „virtuelle“ Schwerpunkt der aufgehängten Ladung. Die wirksame metazentrische Höhe der Aufhängung ist:

  

Dies führt zur bekannten praktischen Regel: „Ziehe die Primäraufhängung zeichnerisch herunter bis zur Basis der Sekundäraufhängung. Solange der wirkliche Schwerpunkt innerhalb des Dreiecks der verschobenen Primäraufhängung liegt, hängt die Ladung stabil.“

Die vorgenannte praktische Regel ist nicht ganz korrekt, da sie die stabilisierende Wirkung der Spreize vernachlässigt. Diese Wirkung wird nachstehend untersucht, wobei der gemeinsame Schwerpunkt G* von Ladung und Spreize betrachtet wird.

Dabei zeigt sich, dass der Einfluss der Masse der Spreize in den Ergebnissen in Form des Verhältnisses mT / mC auftritt. Bei symmetrischer Aufhängung an beiden Enden der Ladungseinheit ist dabei mT gleich der Masse beider Spreizen und mC ist die Gesamtmasse der Ladung. Bei unterschiedlichen Aufhängungen, wo beide Enden der Ladung getrennt untersucht werden, ist mT die Masse der betreffenden Spreize und mC ist die anteilige Masse am betrachteten Ladungsende.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.2: Virtuelle Position des Ladungsschwerpunkt bei berücksichtigter Masse der Spreize

Die Höhe z* des gemeinsamen Schwerpunkts von Ladung und Spreize wird berechnet mit:

  

Der gemeinsame Schwerpunkt G* wandert während der Neigung nach G1*. Die Distanz dieser Bewegung ist:

  

Diese Distanz ist auch die unbekannten Ausmittigkeit e des Schwerpunkts vermehrt um die Schwenkdistanz s × dφ der Sekundäraufhängung. Durch Gleichsetzung kann die Ausmittigkeit e bestimmt werden.

  

Die Lösung lautet:

  

Der virtuelle Ladungsschwerpunkt liegt um den Betrag v × mT/mC tiefer als ohne Berücksichtigung der Spreizenmasse. Die wirksame metazentrische Höhe der Aufhängung ist:

  


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2.2 Schräge Sekundäraufhängung

In den vorangegangenen Überlegungen hängen die Sekundärstroppen vertikal und parallel. Folglich ist der Neigungswinkel der gesamten Aufhängung stets gleich dem Neigungswinkel der Sekundäraufhängung, nämlich dφ. Bei einer schrägen Sekundäraufhängung unterscheiden sich die Neigungswinkel dγ von dφ und verursachen dadurch ein zusätzliches Kippen der Ladungseinheit. Dieser Vorgang hat einen weiteren Einfluss auf die Lage des virtuellen Schwerpunkts, nach oben oder nach unten, je nach Vorzeichen von γ.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.3: Aufhängung mit einem positiven Winkel γ der Sekundäraufhängung

Bild 2.3 zeigt eine Anordnung mit einer schrägen Sekundäraufhängung unter dem positiven Winkel γ. Das Aufhängezentrum liegt bei A, der gemeinsame Schwerpunkt von Ladung und Spreize bei G*. Der Punkt C0 ist das imaginäre Zentrum der Sekundäraufhängung.

Wegen einer unbekannten Ausmittigkeit e des Ladungsschwerpunkts wird die Aufhängung am Punkt A um den kleinen Winkel dφ geneigt (siehe Bild 2.4). Der gemeinsame Schwerpunkt G* findet sich unter dem Aufhängezentrum A ein. Der Ladungsschwerpunkt G1 liegt auf einer Linie mit G*1 und GT in einer Position, die einer umgekehrten Proportionalität wie folgt entspricht:

  

Das imaginäre Zentrum der Sekundäraufhängung C befindet sich vertikal über G1 in einem Dreieck BCD (hellblau unterlegt). Die Sekundäraufhängung hat sich folglich um den Winkel dγ geneigt. Die Größe von dγ wird zur Größe von dφ in Beziehung gebracht durch:

  

Das Dreieck BCD enthält beide Winkel dγ und dφ und wird zur Bestimmung des Proportionalitätsfaktors c benutzt mit Hilfe des Sinus-Satzes.

Distanz DB = d/2 – (1 + mT/mC) × v × dφ
Distanz BC = d / (2 × tanγ) (Hinweis: BC = GTC0 wenn dφ→0)
Winkel BCD = γ + dγ – dφ
Winkel CDB = 90° – γ– dγ

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.4: Aufhängung gekippt um den Winkel dφ wegen einer Ausmittigkeit von G

Sinus-Satz:

  

Diese Lösung zeigt, dass c sowohl von γ als auch von φ abhängt.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.5: Faktor c für mT/mC = 0,1 und φ = 15°, 30°, 45°, 60°e

Das Ausschwenken der Sekundäraufhängung verursacht einen horizontalen Versatz der Ladung und ein zusätzliches Kippen. Das wird durch die roten Linien in Bild 2.4 angedeutet.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.6: Auswandern und Kippen infolge Ausschwenkens der Sekundäraufhängung

Das Kippen um den Winkel dγ verursacht einen Versatz der Ladung um (s×c×dφ) nach links. Dies geht einher mit einem Anheben der linken Seite um (s×tanγ×c×dφ) und einem Absenken der rechten Seite um den gleichen Betrag. Dadurch kippt die Ladung um den Winkel da nach rechts. Das gilt für einen positiven Winkel γ, wenn die Ausmittigkeit nach links gerichtet ist

Wenn der Schwerpunkt G um die Distanz z über der Ebene der Anschlagpunkte liegt, wird er sich um die Strecke z × dα nach rechts bewegen. Der Winkel dφ wird bestimmt durch:

  

Die Position des virtuellen Ladungsschwerpunkts wird nun mit Hilfe der noch unbekannten Ausmittigkeit e bestimmt:

  

  

  

Die wirksame metazentrische Höhe der Aufhängung ist:

  

Diese Formel kann mit d = 2×v×tanφ and b = d + 2×s×tanγ geschrieben werden:

  


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2.3 Flexible Primäraufhängungen

Die vorangegangenen Untersuchungen gehen davon aus, dass die Länge von Stroppen unter Last unveränderlich ist, d.h. die anfängliche Längung ändert sich nicht infolge kleiner Laständerungen durch Schräglage. Das ist sicherlich berechtigt bei Drahtseilstroppen mit Längenänderungen, die sich an einem E-Modul von ca. 104 kN/cm2 ausrichten. Die elastische Dehnung von Polyesterstroppen ist jedoch viel größer und der Sekundäreffekt von Dehnungsänderungen aufgrund einer Schräglage der Ladung kann zu einem zusätzlichen Stabilitätsabbau führen.

Bild 2.7 zeigt einen Tandem-Umschlag mit zwei gleichen Primäraufhängungen aus Drahtseilstroppen. Das ist im Allgemeinen unkritisch. Es könnte jedoch kritisch werden, wenn die Drahtseilstroppen durch Polyesterstroppen ersetzt würden.

Die nachstehende Analyse untersucht die Primäraufhängung einer Ladungseinheit mit Anschlagpunkten unterhalb des Schwerpunkts G. Die Stroppen haben eine bestimmte Elastizität, so dass die ursprünglich gleichen Längen infolge ungleicher Lastaufnahme verschieden werden. Die Betrachtung wird für die Längs- und für die Queransicht durchgeführt.

Das Ziel der Untersuchung ist auf die grundsätzlichen Größen gerichtet, die Einfluss auf die Aufhängestabilität nehmen. Deshalb wird Symmetrie sowohl in Längs- als auch in Queransicht angenommen. Die Kräfte in den Stroppen sind also im Ausgangszustand untereinander gleich.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.7: Tandem-Umschlag mit Primäraufhängung, schematische Darstellung

Längsansicht

Die anfänglich aufrechte Aufhängung wird um einen kleinen Winkel dφ geneigt, verursacht durch eine zunächst unbekannte Ausmittigkeit e des Schwerpunkts der Ladung. Durch die Laständerung in den Stroppen wird die Basis b zusätzlich um den Winkel dα geneigt.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.8: Primäraufhängung mit elastischen Längenänderungen der Stroppen

Diese zusätzliche Neigung verursacht eine zusätzliche Verlagerung des Schwerpunkts, falls dieser über (oder unter) der Anschlagbasis b liegt. Die Wirkung dieser zusätzlichen Verlagerung ist in dem beobachteten Neigungswinkel dφ bereits enthalten.

In der aufrechten Lage (Bild 2.8 links) wird die Belastung F0 in beiden Stroppen durch das Gewicht W = m × g der Ladung unter Annahme von 4 Stroppen bestimmt:

  

Die Bestimmung der Kräfte F1 und F2 in der geneigten Lage soll die Beziehung der Kraftunterschiede dF zum Neigungswinkel dφ liefern.

  

Ebenso:

  

Der Kraftunterschied dF verursacht einen Längenunterschied dL in den Stroppen. Dieser Unterschied lässt sich mit der normierten Federkonstanten DN der Stroppen bestimmen.

  

Die normierte Federkonstante DN eines Stropps wird ermittelt durch:

  

Versuche mit Polyesterstroppen haben ε = 0,023 für ΔF = WLL ergeben. Unterstellt man eine Belastung von WLL beim Umschlag, so erhält man das zugehörige DN durch:

  

Infolge der Längenänderung dL wird die Anschlagbasis um den Winkel dα geneigt.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.9: Neigungswinkel dα infolge Längenänderungen der Stroppen

  

Der sekundäre Querversatz des Schwerpunkts infolge der Neigung dα beträgt z × dα mit z = Höhenlage des Schwerpunkts G über Anschlagbasis. Mit dem beobachteten Neigungswinkel dφ kann nun die anfänglich unbekannte Ausmittigkeit des Schwerpunkts e und schließlich die metazentrische Höhe h zur Beurteilung der Aufhängestabilität gefunden werden.

  

Die metazentrische Höhe h verringert sich mit wachsenden Werten von L und dε verringerten Werten von b.

Queransicht

Es gibt in der Queransicht kein gemeinsames Aufhängezentrum. Eine anfänglich unbekannte Ausmittigkeit e des Ladungsschwerpunkts verursacht eine Belastungsänderung in den Aufhängungen, und zwar in Bild 2.10 eine Zunahme links und eine Abnahme rechts. Die Stroppen reagieren darauf mit einer Verlängerung links und einer Verkürzung rechts. Dies verursacht ein Kippen der Anschlagbasis, was wiederum den Querversatz e des Schwerpunkts um die Strecke z × dα vergrößert. Der Gesamtversatz (e + z × dα) ist schließlich die Ursache der Belastungsänderung. In der aufrechten Lage werden die Kräfte in allen Stroppen durch das Gewicht W = m × g der Ladung bestimmt:

  

In der geneigten Lage betragen die Kräfte an den Kranhaken:

  

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.10: Tandem-Aufhängung in Queransicht

Die Kräfte in den Stroppen betragen:

  

Die Kraftunterschiede sind:

  

Die Längenänderungen der Stroppen betragen:

  

Die Vertikalkomponenten dieser Längenänderungen sind:

  

Die Distanz dh kann auch ausgedrückt werden durch:

  

Das gestattet die Berechnung der anfänglich unbekannten Ausmittigkeit e:

  

Mit der zuvor definierten normierten Federkonstanten beträgt die metazentrische Höhe:

  

Die metazentrische Höhe verringert sich mit wachsenden Werten von v und ε und abnehmenden Werten von l.


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2.4 Asymmetrische Aufhängungen

Die Untersuchungen der vorangegangenen Kapitel waren auf Aufhängungen mit identischen Anordnungen an beiden Enden der Ladungseinheit gerichtet. Es gibt jedoch recht häufig Aufhängungen mit unterschiedlichen Anordnungen an beiden Enden, z.B.:

unterschiedliche Niveaus der Anschlagpunkte,
unterschiedliche Niveaus der Aufhängezentren,
unterschiedliche Typen und Gestaltungen der Aufhängungen.

Bild 2.11 zeigt eine asymmetrische Aufhängung mit links einem einzelnen primären Stropp, der unterhalb des Schwerpunkts befestigt ist, und rechts einer kombinierten Primär- und Sekundäraufhängung mit Anschlagbasis über dem Schwerpunkt. Die Aufhängung ist offenbar stabil, aber die Sicherheitsreserve ist nicht ersichtlich.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.11: Asymmetrische Aufhängung

Bild 2.12 erläutert die Prinzipien der in Bild 2.11 gezeigte Aufhängung.

Stabilität der Aufhängung beim Schwergutumschlag

Bild 2.12: Asymmetrische Aufhängung

Die linke Anordnung trägt die Teilmasse m1, die rechte Anordnung die Teilmasse m2. Die Aufteilung folgt dem Prinzip der umgekehrten Proportionalität:

  

Linke Seite: Der einzelne Primärstropp verläuft zwingend vertikal in der Querebene. Wenn er an der Ladung unterhalb ihres Schwerpunkts befestigt wird, stellt er eine instabile Aufhängung dar mit der negativen metazentrischen Höhe h1. Wird die Ladung um den kleinen Winkel dφ geneigt, wird ein negatives Stabilitätsmoment erzeugt.

  

Rechte Seite: Die Aufhängung mit einer Spreize hat die gleiche Wirkung, wie in Kapitel 2.2 erörtert. Der Schwerpunkt der Teilmasse m2 wird in eine virtuelle Position angehoben mit einer hier noch positiven metazentrischen Höhe h2. Wird die Ladung um den kleinen Winkel dφ geneigt, so wird ein positives Stabilitätsmoment erzeugt.

  

Die algebraische Summe beider Momente ist gleich dem Moment aus Gesamtmasse m und dem Hebel aus der gemeinsamen metazentrischen Höhe h.

  

Das Vorzeichen der gemeinsamen metazentrischen Höhe h entscheidet über die Stabilität der ganzen Aufhängung.

  

Bild 2.12 enthält auch einen geometrischen Ansatz zur Auffindung der gemeinsamen metazentrischen Höhe h. In der Seitenansicht werden die beiden Aufhängezentren (blaue Punkte) durch eine Gerade verbunden. Das Gleiche geschieht mit den beiden aktiven Schwerpunkten der Teilmassen (orangefarbene Punkte). Diese Linien schneiden die Vertikale durch den gemeinsamen Schwerpunkt der Ladung. Die Schnittpunkte kennzeichnen das gemeinsame Aufhängezentrum und den gemeinsamen virtuellen Schwerpunkt der Ladung. Der vertikale Abstand dieser Punkte ist die gemeinsame metazentrische Höhe h. Sie ist in diesem Beispiel positiv. Die Aufhängung ist stabil.

Der Nachweis der Richtigkeit der geometrischen Lösung wird wiefolgt gezeigt:

  

Die letzte Gleichung zeigt h als gewichtetes Mittel in geometrischer Darstellung.




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