Foto des Monats – Oktober 2009
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"Wasser Marsch!"


Ein Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,49 t, befährt eine Autobahn im Ruhrgebiet. Er gehört einer Gartenbaufirma, die im warmen Sommer 2009 unterwegs ist, um Gartenanlagen zu wässern. Auf der Ladefläche befindet sich ein Wassertank, der mit etwa 3000 Liter Wasser gefüllt ist.

Vor diesem Wassertank steht ein Blechkanister (siehe Abb. 1). Er enthält Dieselkraftstoff, um eine Pumpe anzutreiben, die ebenfalls hinten rechts auf der Ladefläche neben dem Tank steht (siehe Abb. 2).

Damit der Tank nicht hin und her rollt, sind am Tankboden Kanthölzer mit Hilfe von Winkeleisen verschraubt. An diesen Winkeleisen befinden sich etwas größere Ösen, die an allen vier Ecken des Tanks angebracht sind.

Alles Vorgenannte steht auf einer glatten Stahlladefläche.

Wie wurde die Ladung gesichert? Wenn man die Bilder sieht, ist man geneigt zu sagen: „Gar nicht!“.

Foto des Monats - Oktober 2009

Abbildung 1  [Ralf Czyrnik]


Leider trifft diese Aussage nahezu die Realität. In der Abbildung 1 sieht man etwas, was man auf den ersten Blick für einen Hebegurt halten könnte, der als Kopflashing eingesetzt gewesen sein könnte. Es handelt sich aber um ein weiteres Ladungsteil, einen Schlauch.

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Abbildung 2  [Ralf Czyrnik]


Betrachtet man das Heck des Lkw, dann bemerkt man rechts hinten eine ungesicherte Pumpe und weitere Schläuche. Erst bei genauem Hinsehen von der Seite (Abb. 3) sieht man einen Spanngurt.
Dieser wurde mittig über den Tank gelegt und über die Bracken gespannt bzw. vorgespannt. Befestigt wurde er am Hilfsrahmen der Ladefläche. Mit diesem Gurt hat der Fahrer wohl mehr sein Gewissen beruhigt, als die Ladung gesichert.

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Abbildung 3  [Ralf Czyrnik]


Da dies die einzige Sicherung ist wird sie kurz berechnet, um zu zeigen wie wirkungslos sie ist:

Es handelt sich um einen Gurt mit einer LC von 2500 daN.
Die angenommene Reibung zwischen Ladung (Kantholz / Stahlladefläche) beträgt maximal µ=0,2.
Die Vorspannkraft (STF auf dem Gurtetikett: 350 daN) beträgt hier unter optimalen Bedingungen 350 x 1,5 = 525 daN.
Der Spanngurt gleitet sicherlich sehr gut über den Kunststofftank, bekommt aber durch die Führung über die Bracken einen ungünstigen Winkel. Der Winkel (Abb.8) beträgt etwa 50° bzw. eher weniger.

Das bedeutet für die eingeleiteten Vorspannkräfte von 525daN, dass diese sich aufgrund des geringen Reibbeiwertes von 0,2 auf 105 daN Sicherungskraft verringert (525 x 0,2 = 105). Diese sehr geringe Sicherungskraft muss wegen des ungünstigen Winkels noch mit dem Faktor 0,77 (Sinus alpha) multipliziert werden. Also: 105 daN x 0,77 = 80,85 daN.

Tatsächlich ist hier eine maximale Sicherungskraft von etwa 80 daN vorhanden. Hiermit soll eine drei Tonnen schwere Ladung gesichert werden. Das das nicht funktioniert hat, hat der geneigte Leser sicherlich schon auf den ersten Blick in der Abbildung 1 erkannt.

Was ist passiert?

Der Kraftfahrer musste verkehrsbedingt sein Fahrzeug etwas stärker abbremsen. Es gab einen kleinen "Bums" auf der Ladefläche. Dabei dachte sich der Fahrer aber nichts. Erst, nachdem er von der Polizei angehalten wurde, die seine offensichtlich mangelhafte Ladungssicherung überprüfen wollte, stellte er fest, dass der Wassertank nach vorn gerutscht war und den dort stehenden Kraftstoffkanister zerquetscht hatte. Die Weiterfahrt war damit erst einmal beendet.

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Abbildung 4  [Ralf Czyrnik]


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Abbildung 5  [Ralf Czyrnik]


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Abbildung 6  [Ralf Czyrnik]


Das Fahrzeug war nicht im allerbesten Zustand. Wie auf den Abbildungen 4, 5 und 6 zu erkennen ist, fehlten einige Zurrpunkte komplett. Hier treten Zweifel an der Eignung des Fahrzeuges auf. Wären die Zurrpunkte in Ordnung gewesen, hätten sie gemäß DIN EN 12640 eine Festigkeit von 800 daN aufweisen müssen.

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Abbildung 7  [Ralf Czyrnik]


In wieweit der Hilfsrahmen zur Aufnahme der Ladungssicherungsmittel geeignet ist, ist zumindest fraglich. Sicher ist, dass es Zurrmittel gibt mit Klauenhaken, die für derartige Einsätze besser geeignet sind.

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Abbildung 8  [Ralf Czyrnik]


Wie kann man es hier sicher machen?

Die Ladefläche muss besenrein sein.
Der Tank wird mit seiner aus Kanthölzern bestehenden Unterseite auf rutschemmende Matten (Abb.9) gestellt.
Durch zwei Niederzurrungen (an geeigneten Zurrpunkten) können 60% der Ladung gesichert werden.
Nach vorn wird die Ladelücke durch Hölzer zwischen der Stirnwand bzw. hier zwischen die fest auf der Ladefläche montierte Werkzeugkiste (siehe Abb. 11) und den Kantholzkufen des Wassertanks geschlossen. Somit ist nach vorn Formschluss gegeben. Voraussetzung ist, dass die Kiste entsprechend stabil gebaut ist. Die Tatsache, dass der Tank schon gegen die Kiste gerutscht ist, ohne sie zu verformen, nährt die Hoffnung, dass die Kiste stabil genug ist. Eine Mittelwand in der Kiste würde die Hoffnung zur Gewissheit werden lassen.
Der Kraftstoffkanister wird in der Werkzeugkiste verstaut.
Die Pumpe wird vorn an der Werkzeugkiste fixiert.
Eventuell können auch Direktzurrungen an den vier Ecken des Tanks angebracht und mit den Zurrpunkten in den Ecken der Ladefläche verbunden werden.
Sollten die Verschraubungen, mit denen der Tank auf den Kufen befestigt ist, nicht vertrauenerweckend ausgelegt sein, dann würden Umspannungen um die Stirnseite des Tanks diesen Mangel beheben.



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Abbildung 9  [Ralf Czyrnik]


Rutschhemmende Matten auf das Fahrzeug legen (Abb. 9).

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Abbildung 10  [Ralf Czyrnik]


Darauf wird der Wassertank gestellt.

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Abbildung 11  [Ralf Czyrnik]


Zu guter Letzt werden Blockierhölzer zwischen Werkzeugkiste und Wassertank gelegt, zwei Niederzurrungen angebracht und die Pumpe vorn fixiert.




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