Foto des Monats – April 2009
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Ladungssicherung und Unfallgeschehen
oder: Kaum macht man´s richtig, schon funktioniert´s



Nicht, dass unsere treue Leserschaft nun vollkommen konsterniert ist und gar meint, dass der Stil dieser Seite vollkommen abgerutscht ist. Nein, weit gefehlt. Wir meinen natürlich die Ladungssicherung, die so gut war, dass sie sogar diesen Unfall überstehen konnte.

Ein mit Papierrollen beladener Lkw ist rechts von der Straße abgekommen und hat insgesamt drei Bäume touchiert:



Abbildung 1 [Uwe Manter]


Die Ladungssicherung und der Unfall sollen auch das Thema dieses Monats sein. Die Ladungssicherung muss den normalen Belastungen im Straßenverkehr standhalten. Diese werden in den VDI-Richtlinien (Stand der Technik) weitestgehend widergespiegelt. Weitestgehend deswegen, weil die Technik heute schon so weit ist, dass z. B. durch Fahrerassistenzsysteme regelmäßig mit voll beladenen Fahrzeugen 0,75 g an Bremsbescheunigung erreicht werden. Was bleibt da noch übrig für eine Kumulierung eines Brems- und Ausweichmanövers?

Aber zurück zur eigentlichen Frage diesen Monat: Der Unfall wirft Fragen auf. Was ist eigentlich ein Unfall und was ist noch ein Zwischenfall? Für den Unfall gibt es mehrere Definitionen:

Ein Unfall ist ein unvorhergesehenes Ereignis mit Schadenfolge.
Ein Unfall liegt vor, wenn ein Ereignis plötzlich auf ein Fahrzeug einwirkt – unvorhersehbar, mit mechanischer Gewalt und von außen.
Ein Unfall ist ein schädigendes Ereignis mit Schadenfolge, welches nicht geringfügig sein darf.

Was ist ein Zwischenfall? Für unsere Betrachtung können wir die Definition vereinfachen:

Ein reiner Zwischenfall ist ein unvorhersehbares Ereignis, das nicht zu einem wie auch immer gearteten Schaden führt. Das kann sein: Verlust, Verschub, Umkippen, Verlagern der Ladung oder das Versagen der Verpackung, der Ladeeinheit und vieles andere mehr. Ob der Begriff "unvorhersehbar" wirklich richtig gewählt ist, darüber kann trefflich diskutiert werden. So könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass man bei einer unzureichenden Ladungssicherung doch mit dem Zwischenfall rechnen muss und wenn dieser dann zum Unfall führt …
Ein Zwischenfall kann aber auch einen Unfall zur Folge haben, dann ist der Zwischenfall Unfallursache und kein reiner Zwischenfall mehr. In der Realität ist es fast immer dem Zufall überlassen, ob ein Zwischenfall nun zum Unfall wird oder nicht.
Es kann aber auch anders herum kommen, wie in unserem aktuellen Bild des Monats. Da ist ein Unfall geschehen und dieser hat zu einem Zwischenfall auf der Ladefläche geführt. Dieser Zwischenfall hat aber seinerseits nicht erneut zu einem Unfall geführt, weil die Ladungssicherung dies verhindern konnte.





Abbildung 2 [Uwe Manter]

    Die A und B-Säule sind bei der Touchierung abgetrennt worden. Die Beschleunigungen
    für die Ladung müssen erheblich gewesen sein (Abbildung 2).





Abbildung 3 [Uwe Manter]

    Der dritte Baum wurde hauptsächlich von der Ladefläche getroffen (Abbildung 3).


In unserem Fall kam das Fahrzeug (warum auch immer) von der Fahrbahn ab. Es touchierte einen Baum, wodurch erhebliche Beschleunigungen generiert wurden. Diese Beschleunigungen wirkten auch auf der Ladefläche. Da nicht überliefert ist, wie gesichert war und auch nicht wie geladen war, sind die folgenden Beschreibungen reine Annahmen.

Wir nehmen an, dass die Papierrollen auf RH-Matten standen und, wie auf den Bildern zu sehen, nicht formschlüssig gegen die Stirnwand geladen waren. Die Anzahl der Gurte lässt vermuten, dass die Rollen jeweils über kreuz doppelt niedergezurrt waren. Ein Teil der Gurte wurde bei der Touchierung des Baumes abgerissen, konnte aber im Moment der größten Bescheunigung, als die Fahrerkabine den Baum traf, noch mit die Ladung halten. Die Gurte konnten also ihre sichernde Aufgabe noch rechtzeitig übernehmen.

Wahrscheinlich haben die Rollen eine Kombination aus Kippbewegung und Rutschen absolviert. Durch die Beschleunigung kippten die Rollen in die "elastischen" Gurte. Diese wurden gedehnt und holten die Rollen wieder zurück. Bei einer Dehnung in den Grenzbereich der Bruchdehnung hinein stand die "freie" Ladungsbewegung und der Ladungssicherungsunfall kurz bevor. Da nicht überliefert ist, ob die Gurte vom Unfall abgestreift wurden, ist auch denkbar, dass die ersten Gurte auch schon gebrochen sind.

Glück gehabt!





Abbildung 4 [Uwe Manter]

    Die Ladefläche weist vorne rechts erhebliche Verformungen auf, was auf die Energie
    hinweist, die hier umgesetzt wurde (Abbildung 4).


Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat sich die Ladung auf der Ladefläche bewegt (Zwischenfall). Dabei hat sie ggf. die Ladungssicherungsmittel "mitgenommen" und, zumindest teilweise, weiter gespannt. Diese Spannung kann weit in den Überdehnungsbereich hinein gereicht haben. In diesem Fall hat sich das Ladungssicherungsmaterial überdehnt und die Spannschlösser haben sich möglicherweise verbogen. Sie sind nach einem derartigen Zwischenfall sicher ablegereif, da überlastet, aber sie haben verhindern können, dass die Ladung ungebremst nach vorne "geschossen" ist und dabei den Fahrer in eine lebensbedrohliche Situation gebracht hätte.

Ist die Ladungssicherung richtig ausgelegt, dann hält sie bis zu den Grenzen, wie sie in der VDI 2700 ff angegeben sind. Da in den Ladungssicherungsmitteln noch Sicherheiten stecken, hält sie noch weit über diese Anforderungen hinaus. Ist die Ladungssicherung dann noch großzügig dimensioniert, weil das Ladungssicherungsmittel, die Zurrart und oder das Fahrzeug es gerade hergeben, dann hält die Ladungssicherung noch weiter in das Unfallgeschehen hinein.

In diesem Fall hat die Ladungssicherung dem Fahrer wahrscheinlich das Leben gerettet. Wäre der Unfall an einem anderen Ort passiert, z. B. auf der Autobahn, dann hätte die Ladungssicherung nicht nur das Leben des Fahrers gerettet, sondern ggf. eine Vielzahl von Menschenleben.

So verhindert gute Ladungssicherung nicht nur Zwischenfälle, sondern wirkt noch weit in das Unfallgeschehen hinein schadenmindernd.




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