Baulicher und technischer ED-Schutz in Speditions- und Lagerbetrieben |
Vortrag von Herrn Dipl.-Ing. Paulus Vorderwülbecke, VdS Schadenverhütung GmbH |
Inhaltsverzeichnis |
|||
Einführung | |||
Risikolage | |||
Einbruchmöglichkeiten | |||
Abhilfe | |||
Organisatorische Sicherungsmaßnahmen | |||
Einbruchmeldeanlagen (EMA) | |||
Mechanik | |||
Hilfsmittel | |||
Nutzen |
Einführung
Abbildung 1
Wer sich mit dem Thema Absicherung von Speditions- und Lagerbetrieben befasst, sollte neben dem Brandschutz auch dem Schutz gegen Einbruchdiebstahl genügend Aufmerksamkeit widmen. Während der Brandschutz in Lagern sehr anspruchsvoll ist, unterscheiden sich Techniken zum Schutz vor Einbruchdiebstahl im Prinzip nicht vom ED-Schutz anderer Gewerke. Selbstverständlich ist die Technik in jedem Einzelfall anzupassen. Wir sollten vor allem nicht vergessen, dass Lager aufgrund der Warenanhäufung für Einbrecher ausgesprochen lukrativ sein können.
Bei der Zuordnung von Sicherungsklassen laut Betriebsartenverzeichnis werden Lager in die Klassen SG2 oder SG3 eingestuft.[1]
Zurück zum Anfang
Risikolage
Beginnen möchte ich mit einem Blick auf die Risikolage von Speditions- und Lagerbetrieben.
Abbildung 2 |
Die Untenehmen leben vom Warenumschlag. Daraus ergibt sich u.a., dass großer Wert darauf gelegt wird, in eine gute Infrastruktur (z.B. gutes Straßennetz) eingebunden zu sein. Ein modernes Verkehrswegenetz wird allerdings auch von Dieben dankbar angenommen, erleichtert es doch sowohl
die Anfahrt als auch | |
den Abtransport des Diebesgutes und nicht zuletzt | |
einen zügigen Rückzug |
nach der Tat oder im Entdeckungsfalle.
Aber noch weitere Eigenheiten von Lagern kommen Einbruchtätern zu Gute.
Häufig basieren Lagergebäude aus Kostengründen auf sehr preisgünstiger Bausubstanz. | |
Nicht selten können Lager angetroffen werden, deren Außenwände im Wesentlichen aus Gipskarton- oder dünnen Blechen (Ständerwerk) bestehen. | |
Lager werden nicht selten fernab von Wohnbebauungen errichtet, d.h. Täter können sich vielfach ungestört fühlen. |
Wir alle wissen, dass sich (fast) alles (irgendwie) versichern lässt – zumindest bis zu einem ersten Schadenfall, dennoch möchte ich nun einige Tätervorgehensweisen sowie sinnvolle und angemessene Sicherungs- bzw. Überwachungstechnik von Laberbetrieben vorstellen.
Zurück zum Anfang
Einbruchmöglichkeiten
Betrachten wir zunächst die Möglichkeiten, die sich einem Einbrecher bieten, in ein Objekt einzudringen.
Fenster oder Türen (auch Tore), sind oft schon mit einfachsten Methoden zu öffnen.
Komplexe Hilfsmittel, wie Bohrmaschine oder Picking-Werkzeuge kommen kaum zum Einsatz – warum auch, wenn ein geübter Täter binnen Sekunden ein Tür oder ein Fenster aufbrechen kann. Bei Angriffen auf Türen werden die Schließbleche oft von der Tür abgerissen oder vollkommen verbogen.
Abbildung 3 |
Welche Werkzeuge benötigt aber der Einbrecher, um derartige Schäden zu bewirken? Es handelt sich keineswegs um sperrige Hebel oder gar um Meißel und Vorschlaghammer.
Abbildung 4 |
Völlig ausreichend ist meist ein Schraubendreher mittlerer Größe.
Abbildung 5 |
Auch elektrisch betriebene Tore dienen manchmal eher als Einladung für Einbrecher, denn als Sicherungsprodukt. Häufig werden diese nämlich durch außen liegende Schalteinrichtung angesteuert, die auch ohne Schlüssel betätigt werden können, einfach indem die Steuerkabel überbrückt werden – das Tor wird so ganz bequem geöffnet.
Bei Fenstern stellt sich die Sache in ähnlicher Weise und ebenfalls erschreckend einfach da. Die Verriegelungselemente von Standard-Fenstern, i.d.R. sind dies einfache Rollzapfen, lassen sich an den Schließblechen ohne viel Aufwand vorbei schieben. Die Riegel werden einfach nach und nach aufgehebelt – pro Rollzapfen muss das nicht länger als rund 3 Sekunden dauern. Ein Einbruch als solcher bereitet bei ungesicherten Objekten somit keine Schwierigkeiten.
Exemplarisch möchte ich hier den Aufbruch eines Fensters – life gefilmt und ungeschnitten – zeigen. Der Film hat tatsächlich Originallänge und Sie werden erkennen, dass das Öffnen des Fensters mit dem alleinigen Hilfsmittel Schraubendreher nicht einmal ¼ Minute in Anspruch nimmt.
Es ließen sich noch einige andere Möglichkeiten aufzeigen, wie ein schlecht gesichertes Objekt geöffnet werden kann, aus Zeitgründen sollten wir aber nun auf Möglichkeiten zu sprechen kommen, wie die ED-Sicherheit erhöht werden kann.
Zurück zum Anfang
Abhilfe
In der Sicherungstechnik lassen sich grundverschiedene Wege beschreiten:
Abbildung 6 |
Es können
organisatorische und/oder | |
elektronische und/oder | |
mechanische Maßnahmen |
zur Erhöhung der Sicherheit eingesetzt werden.
Organisatorische Sicherungsmaßnahmen
Die organisatorischen Sicherungsmaßnahmen sind nicht Thema der vorliegenden Ausarbeitung. Lediglich am Rande möchte ich daher erwähnen, dass inzwischen bereits rund 350 Wach- und Sicherheitsunternehmen von VdS geprüft und anerkannt wurden. Darüber hinaus wurde jüngst in Zusammenarbeit mit VdS und anderen betroffenen Gruppierungen (z.B. BMI, BKA, BDWS) an einer DIN-Norm für Anforderungen an Sicherungsdienstleistungen gearbeitet. Das Druckstück wird voraussichtlich Mitte diesen Jahres als Gelbdruck unter der Formnummer 77200 erscheinen. Unter anderem wird die Norm die Randbedingungen personeller Sicherungsdienstleistungen, z.B. der Revierbewachung oder des Streifendienstes von bzw. in Objekten regeln.
Abbildung 7 |
Einbruchmeldeanlagen (EMA)
Die Einbruchmeldeanlage ist wohl das am weitesten verbreitete Mittel, das zur Sicherung von ED-Risiken eingesetzt wird.
Daher möchte ich zunächst die grundlegenden Eigenschaften einer VdS-gemäßen Einbruchmeldeanlage ansprechen.
Nach der Einstufung im Betriebsartenverzeichnis müssen in Lagern eingesetzte EMA den Klassen B-SG2 oder C-SG3 entsprechen. Sämtliche hieraus resultierenden Anforderungen zu besprechen, würde zu weit führen, die wichtigsten Punkte werde ich aber dennoch beleuchten.
Abbildung 8 |
Die wesentlichen Anforderungen an beide in Frage kommenden Klassen sind, sämtliche Zugänge auf Verschluss und auf Öffnen zu überwachen. Im Klartext heißt das, dass die EMA erst scharf geschaltet werden kann, wenn alle Zugänge ordnungsgemäß ge- und verschlossen sind. Weiter müssen Außenwände, Decken und Böden, die in Leichtbauweise ausgeführt sind, auf Durchstieg überwacht werden.
Abbildung 9 |
In der Klasse C-SG3 werden diese Anorderungen verschärft. Hier müssen zusätzlich die Fenster auf Verschluss und Öffnen sowie Fenster und alle Außenwände, Decken und Böden auf Durchstieg überwacht werden. Für EMA nach C-SG3 bedeutet das somit, dass die komplette Außenhaut zu überwachen ist.
Mögliche zum Einsatz kommende Melder sind beispielsweise:
Glasbruchmelder: An eine Leiterbahn wird beständig eine Spannung angelegt. Wird die Glasscheibe zerstört, wird zugleich auch die Leiterbahn zerstört und es erfolgt eine Meldung. |
Abbildung 10 |
Bewegungsmelder: Es gibt zwei Varianten von Meldern. Je nach Konstruktion werden entweder Bewegungen, die auf den Melder zu bzw. von diesem weg erfolgen erkannt oder Bewegungen, die quer zu dieser Bahn erfolgen. Eine Sonderform des Bewegungsmelders ist der sog. Vorhangmelder, der lang gestreckte und relativ schmale Bereiche abdecken kann. Vorhangmelder können daher (sofern der Versicherer zustimmt) zur Durchstiegsüberwachung von Fenstern oder Wänden eingesetzt werden. |
Abbildung 11 |
Erschütterungsmelder: Wenn eine stabile Wand (z.B. Gebäudeaußenwand oder Wertbehältniswandung) durchbrochen werden soll, treten charakteristische Schwingungen auf. Diese sind durch entsprechende Melder erfassbar. |
Abbildung 12 |
Flächenüberwachung: Großflächige Überwachungen auf Durchstieg oder Durchbruch kann mit sogenannten Alarmtapeten erfolgen. Im Prinzip funktionieren diese Melder wie aktive Glasbruchmelder. Allerdings muss die Leiterschleife hier über die gesamte zu überwachende Fläche geführt werden. Im Gegensatz zu Glasbruchmeldern muss die Leiterschleife nicht unbedingt aus Metall bestehen. Es gibt seit kurzem auch Melder, die ähnlich einer Papiertapete aufgebaut sind, auf die ein leitfähiger Kohlestreifen mäanderförmig aufgebracht ist. So ist auch die großflächige Überwachung von Wänden relativ problemlos möglich |
Mechanik
Allerdings darf nicht vergessen werden, dass EMA keinen Schutz im eigentlichen Sinne bieten. Sie leisten eine Überwachung von Objekten oder Gebäuden.
Abbildung 13 |
Eine EMA löst erst dann aus, wenn der Täter sich bereits (oder zumindest nahezu) im Objekt befindet. Der große Nachteil ist somit, dass Interventionskräfte sich erst dann zum Objekt bewegen können, wenn der Täter bereits das Diebesgut verstaut.
Am vorteilhaftesten wäre eine Kombination von elektronischer Überwachung und mechanischer Sicherungstechnik. Bester Schutz wäre gegeben, wenn der Täter nachdem die EMA ausgelöst wurde, einen hohen mechanischen Widerstand überwinden muss. Ohne mechanische Absicherung ist gute Sicherungstechnik somit nicht umsetzbar.
Hilfsmittel
Nachdem wir die elektronischen und mechanischen Möglichkeiten zur Erhöhung des ED-Schutzes angesprochen haben, möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass dem Täter keine Hilfsmittel an die Hand gegeben werden sollten, die ihn bei seinem Vorhaben unterstützen. Können sich potentielle Einbrecher auf dem Werksgelände etwa mit Leitern versorgen, drängt sich der Versuch – zumindest bei relativ flachen Gebäuden – , auch das Dach zu untersuchen, förmlich auf. Und nicht selten finden sich hier ungesicherte Lichtkuppeln oder andere Schwachstellen. Auch so simple Hilfsmittel, wie z.B. Stahlstangen können zum Aufhebeln, Eindrücken oder Einschlagen von Türen Fenstern oder auch Wandelementen genutzt werden. Der Versicherungsnehmer sollte unbedingt darauf hingewiesen werden, dass Werkzeug, als Werkzeug nutzbares Lagergut oder nutzbarer Müll nicht frei zugänglich sein darf.
Abbildung 22 |
Zurück zum Anfang
Nutzen
Vielfach sträuben sich Versicherungsnehmer in Sicherungstechnik zu investieren. Sie argumentieren u.a., dass die Versicherung entstandene Schäden ersetze. Im Beratungsgespräch mit dem Kunden sollten Sie unbedingt darauf hinweisen, dass – ich erzähle nichts Neues – , auch wenn der Diebstahlschaden und die Betriebsunterbrechung versichert sind, lediglich einen Teil der tatsächlichen Schäden ersetzt werden. In der immer weiter verbreiteten Just-in-Time-Produktion kann eine Behinderung in der Liefertätigkeit das unweigerliche Aus für den Unternehmer bedeuten. Es ist somit sehr wohl und trotz sicherlich notwendiger Versicherungsverträge sinnvoll, einen Einbruchschaden mit allen gegebenen Möglichkeiten zu verhindern.
Abbildung 23 |
Wenn die Chance gegeben ist, im Rahmen oder besser noch vor der Umsetzung einer Baumaßnahme mit dem Betreiber über die Sicherungstechnik zu sprechen, so sollte diese unbedingt wahr genommen werden. Im Normalfall ist Sicherungstechnik, die bereits während der Planung berücksichtigt wird, preisgünstiger, und nicht selten hochwertiger als nachträglich umgesetzte Maßnahmen.
Wenn Versicherungsgeber gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer an einem Strang ziehen, können – davon bin ich überzeugt – für die überwiegende Mehrzahl der Risiken sinnvolle Lösungen für einen echten ED-Schutz erarbeitet werden.
Abbildung 24 |
Für Hinweise, Anregungen und Fragen stehen gerne zur Verfügung
Harald Mebus (Fragen zu Wach- und Sicherungsunterhernehmen), Tel.: 0221 / 77 66 – 381, Fax: 0221 / 77 66 – 377, eMail: hMebus@vds.de | |
Paulus Vorderwülbecke,
Tel.: 0221 / 77 66 –
364, Fax: 0221 / 77 66 – 377, eMail: pVorderwülbecke@vds.de |
Homepage: www.vds.de
[1] | Betriebsartenverzeichnis, publiziert als Anhang von VdS 2333 und VdS 2311 | |
[2] | VdS 2462 Richtlinien für die Anerkennung von Errichterfirmen für mechanische Sicherungstechnik | |
[3] | VdS 2334 Technische Erläuterungen zu den Sicherungsrichtlinien 08/93 (02) | |
[4] | VdS 2333 Sicherungsrichtlinien für Geschäfte und Betriebe 08/93 (02) |
Zurück zum Anfang